Platzhalter für Weltmeister Thomas Müller: Karim Bellarabi (Mi.) Foto: Getty

Bis auf die hymnischen Fanchöre auf den Torschützen Lukas Podolski war das 2:2 gegen Australien eine freudlose Angelegenheit. Die Experimente von Joachim Löw misslingen. Im EM-Qualifikationsspiel gegen Georgien setzt der Bundestrainer wieder auf Bewährtes.

Stuttgart - Joachim Löw hatte seinen Spielern einiges zugemutet: die ungewohnte Dreierkette, nur einen Abräumer im defensiven Mittelfeld (Sami Khedira), der überdies immer wieder seine Position verließ und seinen Offensivdrang auslebte, und eine Doppelspitze mit Spielern, die keine Stürmer sind (Marco Reus, Mario Götze).

Und das alles mit einer Mannschaft, die er nach bizarren Kriterien zusammengestellt hatte. „Ich habe darauf geachtet, wer zuletzt welche Belastung hatte, wer verletzt war und wen man nicht unbedingt ins Gefecht schicken musste“, sagte Löw. Anders ausgedrückt: Es spielten weitgehend diejenigen, die er im wichtigen EM-Qualifikationsspiel gegen Georgien an diesem Sonntag (18 Uhr/RTL) nicht brauchen kann.

Seine Topstars wie Bastian Schweinsteiger, Toni Kroos, Thomas Müller, Mats Hummels und Jérôme Boateng durften sich 90 Minuten lang schonen. Mesut Özil und Mario Götze, die auch am Sonntag erste Wahl sind, passten sich dem Niveau an. Das Versteckspiel des Weltmeisters endete dann wenig überraschend. „Ich habe kein anderes Spiel erwartet als das, was wir gesehen haben“, sagte Löw.

Für die Fans muss das wie Hohn klingen. Sie hatten Top-Preise gezahlt, um den Weltmeister möglichst in Bestbesetzung und mit viel Spielfreude zu sehen – und bekamen eine Mogelpackung verabreicht. Und als nichts fruchtete, rückte Löw nach und nach von seinen Experimenten wieder ab. Er stellte auf Viererkette um, was er mit der Verletzung von Holger Badstuber (leichte Entzündung im Ansatz des Hüftbeugers) begründete, setzte auf eine Doppel-Sechs und nur noch eine Spitze. Mehr Ordnung kam deshalb nicht ins deutsche Spiel. „Wir haben die Partie nie gänzlich in den Griff bekommen. Vieles ist nicht so gelungen, wie wir uns das vorgestellt hatten“, konstatierte Löw ernüchtert.

Flexibilität: das neue Zauberwort

Das neue Zauberwort des Bundestrainers heißt „Flexibilität“. Um ein neues System und taktische Winkelzüge einzustudieren, sind Test-Länderspiele wie das gegen die hoch motivierten und zweikampfstarken Australier die geeignete Bühne. Doch warum experimentiert Löw in der Dreierkette nicht mit den Spielern, die sie später auch im Ernstfall umsetzen sollen? Antwort: weil ihm das Spiel in Georgien über alles geht.

Als Gruppen-Dritter ist die deutsche Elf in der EM-Qualifikation ins Hintertreffen geraten. Weitere Fehlschläge darf sie sich nicht erlauben, will sie das Ticket zur Endrunde 2016 in Frankreich nicht leichtfertig verspielen. „Das müssen wir wettmachen, und das werden wir auch, weil die Mannschaft dafür die Qualität und die Einstellung hat“, versprach Löw, „sie wird die Spannung und Konzentration Richtung Georgien noch mal erhöhen.“ Nach dem Auftritt in Kaiserslautern und den vielen dürftigen Leistungen seit dem WM-Titelgewinn klang das wie eine verbale Beruhigungspille für die besorgten Fans.

Dennoch hatte die Begegnung auch ein Gutes. Sie brachte Erkenntnisse darüber, was nicht oder nur bedingt zukunftstauglich ist. Zum Beispiel Shkodran Mustafi als rechter Verteidiger – seine Stärken liegen innen. Oder Benedikt Höwedes als einziger Abwehrchef – dafür ist er zu langsam. Auch Jonas Hector muss erst Ruhe und Übersicht in sein Spiel bringen – er vergab die beste deutsche Chance vor der Pause und assistierte dem australischen Torschützen James Troisi beim 1:1. Dass sich die Rückkehrer Ilkay Gündogan (nach 588 Tagen) und Holger Badstuber (nach 888 Tagen) ordentlich einfügten, aber von ihrer Bestform weit entfernt sind, wurde auch deutlich.

Für die Spieler ist das alles schon Schnee von gestern. „Wichtiger ist, dass wir drei Punkte in Tiflis mitnehmen“, sagte Lukas Podolski. Gegen Georgien stehen wieder eine Viererkette und die bewährten Kräfte auf dem Platz. „Wir wissen, dass wir am Sonntag eine Mannschaft haben werden, die gierig ist“, sagte Sami Khedira. Gegen Australien war sie es nicht – zu häufig standen ihr die eigenen Unpässlichkeiten im Weg.