Beim Volkskongress steht die chinesische Staatsführung den Abgeordneten Rede und Antwort. Foto: AP

Die Staatsregierung bekennt sich zum Welthandel. Premier Li platziert damit vor den Abgeordneten eine Spitze gegen US-Präsident Donald Trump.

Peking - China will sozialer und umweltfreundlicher wachsen. Zur Eröffnung des Nationalen Volkskongresses versprach die Regierung eine Kampagne gegen Armut, die Schließung schmutziger Industriebetriebe und hohe Investitionen in neue Energiequellen. „China öffnet sich weiter gegenüber der Welt“, sagte Premier Li Keqiang am Sonntag in Peking vor 2862 Delegierten. „Wir arbeiten hart daran, unseren Himmel wieder blau zu machen.“  

Der Volkskongress ist Chinas gelenktes Parlament. Überraschende Entscheidungen sind zwar nicht zu erwarten, doch während des politischen Großereignisses steht die Staatsführung immerhin den Abgeordneten aus allen Landesteilen Rede und Antwort. Li bekannte sich gleich zu Beginn zum freien Welthandel. „Wir lehnen jede Form von Protektionismus ab“, sagte der chinesische Premier – eine Spitze in Richtung von US-Präsident Donald Trump, der sein Land gegen preiswerte Importe abschirmen will. „Wir werden uns künftig international mehr einmischen“, kündigte Li an. Die Globalisierung müsse sozialer werden und stärker auf Gegenseitigkeit beruhen. China ist Deutschlands größter Handelspartner noch vor Frankreich.

Viele Ziele liegen in weiter Ferne

  Die großen Ankündigungen sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele der Ziele in weiter Ferne liegen. In Handelsfragen legt China europäischen Unternehmen zahlreiche Steine in den Weg – auch das ist Protektionismus. Das Land verbraucht so viel Kohle wie kein anderes, und der Himmel ist öfter grau vom Smog als blau. Die soziale Ungleichheit ist durch die Entstehung einer Klasse kapitalistischer Millionäre auf einen weltweiten Spitzenwert gestiegen und hat seit dem Amtsantritt von Li Keqiang noch zugenommen.   Dennoch haben die Ankündigungen Gewicht.

„Li will auf diesem Volkskongress bewusst ein Kontrastprogramm zu Trump und seinen Vorstellungen von ,America first‘ bieten“, sagt Richard McGregor, China-Experte und Autor des Buches „Der rote Apparat: Chinas Kommunisten“. Die chinesische Politik geht auch von der inhaltlichen Grundrichtung her in eine völlig andere Richtung als die amerikanische. So berichtete Li von Fortschritten beim Ausbau der Krankenversicherung für alle. Er kündigte an, verbleibende Lücken in der sozialen Absicherung zügig schließen zu wollen.  

Wachstum etwas gebremst

Li gab zur Eröffnung der Veranstaltung ein Wachstumsziel von 6,5 Prozent „oder etwas darüber“ für das laufende Jahr bekannt. China wächst damit stabil weiter. Der Zielwert ist etwas niedriger als im Vorjahr, aus Sicht von Ökonomen aber immer noch sehr hoch. China braucht jedoch weiterhin hohe Zuwächse, damit die Armutsbekämpfung vorankommt.   Allein in diesem Jahr soll die Zahl der Menschen aus der Landbevölkerung, die unter der Armutsgrenze leben, um zehn Millionen sinken. „Es ist eine unserer Prioritäten, höherwertige neue Arbeitsplätze in den Städten zu schaffen“, so Li. Es sei Zeit für eine „proaktive Beschäftigungspolitik“. Stabilität habe Priorität, die Regierung wolle Schocks und Unsicherheiten nach Möglichkeit vermeiden.  

Höhere Verschuldung notwendig

Um die Ziele halten zu können, werden die Staatsbanken weiterhin hohe Kredite freigeben. Der Staat will den Bau neuer Infrastruktur wie Brücken und Flughäfen unvermindert fortsetzen. „Hier liegt Chinas größtes Problem: Um die Wachstumsziele halten zu können, ist eine immer höhere Verschuldung nötig“, sagt McGregor.  

Die chinesische Wirtschaft leidet derzeit noch unter weiteren Schwierigkeiten, auf die Li auch eingegangen ist. Er versprach, den Immobilienmarkt wieder unter Kontrolle zu bringen. „Wohnungen sind zum Wohnen da“ und sollten keine Spekulationsobjekte sein, sagte Li.   Als erhebliches Problem nannte der Regierungschef auch die Überkapazitäten in der Schwerindustrie. China kann mehr Stahl produzieren, als die gesamte Weltwirtschaft braucht. Li rezitierte eine lange Liste von Abbauplänen in Branchen wie Aluminium, Kohle, Beton oder Schiffsbau. Er wolle Marktkräfte nutzen, um Überkapazitäten und Umweltsünder zurückzudrängen. Die Verringerung der Kohlenutzung solle „sauberen Energiequellen neuen Spielraum zum Wachstum geben“.  

Weitere Abkehr von der Kohle

Umweltziele nahmen in dem jährlichen Regierungsbericht generell breiten Raum ein. Li kündigte eine weitere Abkehr von Kohle als Energieträger an. Chinas Wirtschaft soll künftig deutlich weniger Energie verbrauchen, um die gleiche Menge an Waren herzustellen: Die Energieintensität soll in diesem Jahr um mindestens 3,4 Prozent sinken. Das entspricht dem Trend, der für das Erreichen der langfristigen Klimaziele des Landes nötig ist.