Klare Botschaft der Gelbwesten an Frankreichs Präsident Emmanuel Macron: Rücktritt oder Revolution. Foto: AFP

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron muss die Anliegen der Gelbwesten endlich ernst nehmen. Sonst ist sein Amt gefährdet, kommentiert der Paris-Korrespondent Stefan Brändle.

Paris - Die Proteste der Gelbwesten in Frankreich nehmen zivilisiertere Formen an: Am Wochenende kam es in Paris zu keiner neuen Gewaltorgie, und an diesem Dienstag beginnt eine Debatte über die Anliegen der „gilets jaunes“. Dass die Vertreter des einfachen Volkes, wie sie sich selber bezeichnen, diesen von Emmanuel Macron ausgerufenen Diskurs nicht boykottieren, ist ein erster Erfolg für den angeschlagenen Staatspräsidenten. Und auch für die bisher sprach-, weil sprecherlosen „gilets jaunes“: Der nationale Dialog gibt ihnen erstmals eine politische Stimme. Bisher haben sie nicht nur eigene Delegierte, sondern auch jede staatliche Autorität kategorisch zurückgewiesen.

Doch Macrons nationale Debatte bleibt paternalistisch geprägt: Die Themen werden vom Staat ausgewählt, er setzte auch die Gesprächsleiterin ein. Entscheidungen fällt natürlich der Staatschef, das Parlament nickt sie in Frankreich nur ab. Politisch ist Macron dennoch geschwächt. Er hat nur eine Chance, wenn er die Anliegen der Gelbwesten wirklich ernst nimmt. Enttäuscht er in der Debatte die Erwartungen, schürt er neuen Volkszorn. Verwässert Macron das Instrument aber, fühlen sich die Gelbwesten nur weiter betrogen. Neue Gewalt stünde der Nation ins Haus. Und Macron wäre dann bald froh, keine nationale Debatte angesetzt zu haben.