Perfekte Schusstechnik: Marco Reus erzielt beim klaren Sieg in Irland sein zweites Tor. Foto: dpa

Der Dortmunder ist nach zwölf Länderspielen schon unverzichtbar – zum Leidwesen von Lukas Podolski.

Berlin - Die Frage überraschte ihn. Welchen schwedischen Abwehrspieler er denn kenne, wollte ein Journalist vor dem WM-Qualifikationsspiel an diesem Dienstag (20.45 Uhr/ARD) in Berlin von Marco Reus wissen. Der Dortmunder zögerte, dabei hätte er nur Olsson sagen müssen. Olsson, oder abgewandelt Olsen, passt bei schwedischen Nachnamen fast immer. Doch Reus antwortete mit Olof Mellberg. Das war nur fast richtig. Mellberg war zwar mal eine feste Große in der schwedischen Abwehr, dummerweise hat er aber seine Karriere schon vor Monaten beendet.

Es kommt nicht häufig vor, dass Marco Reus sich noch auf dem falschen Fuß erwischen lässt. Auf dem Platz jedenfalls passiert ihm das immer seltener. Für Borussia Dortmund und die Nationalmannschaft wird er von Spiel zu Spiel wertvoller, was sich vergangenen Freitag in seinen zwei Treffern beim 6:1 in Irland dokumentierte. Aber Reus kann noch mehr, viel mehr: Er vereint Schnelligkeit, Technik, ein gutes Auge und das Gefühl für ein perfektes Timing. „Es ist unglaublich, wie er sich immer weiter nach vorn spielt“, staunte Manager Oliver Bierhoff, „seine Schnelligkeit und seine Qualität sind einmalig, da hat er den anderen zurzeit etwas voraus.“

Allen voran Lukas Podolski, mit dem er zurzeit nur eines gemeinsam hat – die Zahl 104. Podolski hat 104 Länderspiele, Reus 104 Bundesligaspiele. Und doch ist der Junior drauf und dran, dem Ex-Kölner in Diensten von Arsenal London dessen Stammplatz vollends wegzuschnappen. Nach zwölf Länderspielen hat sich Reus (23) unverzichtbar gemacht – im Gegensatz zum anderen Doppel-Torschützen von Dublin. Toni Kroos sucht nach 33 Länderspielen noch immer seinen Platz, er kommt an Bastian Schweinsteiger und an Sami Khedira nicht vorbei.

. „Seine Schusstechnik ist überragend“

Das ist der Unterschied zu Marco Reus. Er hat sich einen Stammplatz fast erobert und schafft es obendrein, einen altgedienten Kollegen wie Miroslav Klose neidisch zu machen. „Seine Schusstechnik ist überragend“, sagte der Lazio-Stürmer, „wenn ich so schießen könnte, hätte ich ein paar Tore mehr gemacht.“ Immerhin, 65 sind es im Trikot mit dem Adler auch so geworden – nur noch drei weniger als der große Gerd Müller.

Nun könnte ein Vielgepriesener wie Marco Reus ja leicht auf die Idee kommen, einen Stammplatz einzufordern. Das sei nicht seine Art, sagte er bescheiden: „Wenn ich hart trainiere und gut spiele, wird mich der Bundestrainer belohnen.“ Im Wissen um seine Qualitäten bleibt er ganz ruhig – ein Zustand, der ihm nach Spielen eher fremd ist. Da ist er manchmal so aufgewühlt, dass er sich die Spiele noch mal anschaut und Szenen herausschreibt, die nicht so gut waren.

Der Druck, der auf Reus lastet, ist halt schon groß. Da sind die 17,1 Millionen Euro Ablöse, die er im Sommer bei seinem Wechsel aus Mönchengladbach gekostet hat. Und da sind die ständigen Lobeshymnen, die ihm immer neue Topleistungen abfordern. Es spricht für Reus, dass er damit umzugehen weiß. „Dieser Druck macht mich noch stärker“, erklärte er, „ich liebe es, wenn ich zeigen muss, dass ich einer Situation gewachsen bin.“ So gesehen kommen ihm die Schweden gerade recht. Dann lernt er auch deren Abwehrspieler kennen. Oder besser: Aus Reus’ Sicht sollen die ihn kennenlernen – von seiner torgefährlichsten Seite.