Monde können Planeten umkreisen oder auch Asteroiden. Ein Team mit deutscher Beteiligung hat nun ein ganz ungewöhnliches Mondsystem entdeckt.
Ein internationales Forscherteam hat mit der Nasa-Raumsonde „Lucy“ erstmals einen geteilten Mond entdeckt, der einen Asteroiden umkreist. „Es ist das erste Mal, dass wir so ein System sehen“, sagt Planetenforscher und Mitautor Stefano Mottola vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin.
Ein Mond aus zwei Teilen
Der Mond besteht aus zwei Teilen, die allein aufgrund ihrer Anziehungskraft beieinander bleiben und den Asteroiden gemeinsam umkreisen. „Die Anziehungskraft ist sehr schwach, aber sie reicht aus, um die beiden Teile zusammenzuhalten“, erklärt Mottola. Ein solcher Doppelmond sei auch bei Planeten noch nicht entdeckt worden.
Die Forscher hatten das System auf ersten Bildern bereits kurz nach dem Vorbeiflug der Sonde „Lucy“ am 1. November 2023 am Asteroiden Dinkinesh entdeckt und nach der Auswertung aller Daten nun im Fachjournal „Nature“ präsentiert.
Die beiden sich berührenden Trabanten haben demnach Durchmesser von 210 und 230 Metern. Sie umkreisen Dinkinesh innerhalb von rund 52,5 Stunden in einer Entfernung von 3,1 Kilometer.
720 Meter großer Asteroid
Bei der Auswertung der Bilder tauchte zunächst hinter dem 720 Meter großen Asteroiden ein Mond auf. Bei der Betrachtung weiterer Fotos bemerkten die Forscher, dass der Dinkinesh-Mond aus zwei Teilen besteht. Sie bezeichnen das Objekt als einen Kontakt-Binärkörper. Wie sich der Doppelmond gebildet hat, steht noch nicht genau fest. Die Forscher gehen jedoch davon aus, dass das Material dafür vom Asteroiden stammt.
Dinkinesh fliegt im Hauptasteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter um die Sonne. Beim Vorbeiflug war „Lucy“ rund 470 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Das ist gut dreimal so viel wie die Strecke Sonne-Erde.
Unterwegs zu den sieben Jupiter-Trojanern
Der Doppelmond bekam wie Dinkinesh (die Fabelhafte) einen amharischen Namen: Selam (Frieden). Amharisch ist die Amtssprache in Äthiopien, dem Land, in dem das über drei Millionen Jahre alte Skelett Lucy gefunden wurde, nach dem die Sonde benannt ist.
Gestartet war „Lucy“ 2021 vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida. Die mehr als 14 Meter lange Sonde, die mit Treibstoff und via Solarzellen aufladbarer Batterien betrieben wird, ist eigentlich zu den Asteroiden des Jupiters unterwegs und soll an sieben der sogenannten Jupiter-Trojaner eng vorbeifliegen: Eurybates, Queta, Polymele, Leucus, Orus, Patroclus und Menoetius – alle benannt nach Protagonisten aus der Antikensage „Ilias“ von Homer.
Wie die Namensgeberin der Mission – die versteinerte menschenartige Lucy, deren Skelett einzigartige Einblicke in die Evolution der Menschheit gewährt - soll „Lucy“ das Wissen über die Herkunft der Planeten und die Entstehung des Sonnensystems revolutionieren.
Auf der Spur der Jupiter-Asteroiden
Die Jupiter-Trojaner sind Asteroiden, die die Sonne auf derselben Bahn wie der Jupiter umkreisen – ein Schwarm eilt ihm voraus, einer folgt ihm hinterher. Sie gelten als „Fossile der Formierung der Planeten“, weswegen sich die Nasa von der Mission neue Erkenntnisse über die Entstehung der Planeten und unseres Sonnensystems erhofft.
Außerdem soll „Lucy“ als erste Sonde in der Geschichte der Raumfahrt auch noch dreimal in die Nähe der Erde zurückkehren, um sich für ihren Flug Unterstützung durch deren Schwerkraft zu besorgen. Die Mission ist auf zwölf Jahre angelegt, insgesamt soll „Lucy“ rund 6,5 Milliarden Kilometer zurücklegen. Die Nasa verspricht sich von der „Lucy“-Mission „unser Wissen über die Entstehung der Planeten und des Sonnensystems zu revolutionieren.“