Diskussionsstoff: Die S-Bahn-Fahrgäste zahlen unterschiedlich viel für ihre Fahrkarten. Foto: Max Kovalenko

Der Verband Region Stuttgart hält als Träger der S-Bahn 20 Prozent der Anteile am Verkehrsverbund Stuttgart (VVS). Das Sagen dort haben SSB und Bahn, doch der Wirtschaftsausschuss hat nun trotzdem mehrere Forderungen beschlossen: von einfacheren Tarifzonen bis zum Azubi-Ticket.

Der Verband Region Stuttgart hält als Träger der S-Bahn 20 Prozent der Anteile am Verkehrsverbund Stuttgart (VVS). Das Sagen dort haben SSB und Bahn, doch der Wirtschaftsausschuss hat nun trotzdem mehrere Forderungen beschlossen: von einfacheren Tarifzonen bis zum Azubi-Ticket.

Weniger Tarifzonen

In der Regionalversammlung wird immer wieder Kritik daran laut, dass die Stuttgarter in zwei Tarifzonen (10 und 20) ein großes Gebiet mit einem großen Angebot an Verkehrsmitteln vergleichsweise günstig nutzen können, während die Bürger etwa in Gäufelden oder Großerlach bereits bei wenigen Haltestellen mehrere Zonen lösen müssten. Auf Antrag der SPD fordert die Mehrheit der Regionalräte, dass in den 30er- bis 70er-Zonen wenigstens die Sektorengrenzen wegfallen, dass es also ähnlich wie in Stuttgart zum Beispiel nur noch die Zone 30 anstatt 30 bis 39 gibt.

Dies könnte daran scheitern, dass man beim VVS davon ausgeht, jährlich fünf Millionen Euro weniger einzunehmen. Alternativ soll geprüft werden, ob man die Sektoren wenigstens vergrößern könnte. Da es auch vorkommt, dass kleinere Städte der Region in mehrere Tarifzonen aufgeteilt sind, soll der VVS in einem Modellversuch zunächst in Herrenberg und Marbach einen einheitlichen Stadttarif testen, den aber die jeweiligen Kommunen mitfinanzieren müssen.

Noch mehr Firmentickets

Beim Firmenticket gelten seit 1. April neue Regeln für den Erwerb, die der regionale Verkehrsausschuss gerne noch um dies ergänzen würde: Künftig sollen sich auch Firmen, die keine 50 Bestellungen haben und deren Arbeitgeber keinen Zuschuss gibt, zusammenschließen können. Bisher dürfen das nur Firmen, deren Chef mindestens zehn Euro pro Ticket zuschießt. Davon machen nach Angaben von VVS-Geschäftsführer Horst Stammler zurzeit 110 Gebrauch.

Die SPD scheiterte in der Sitzung am Mittwoch damit, die Mindestbestellmenge ganz abzuschaffen, die Grünen wollten Rabatte nur noch für vom Arbeitgeber bezuschusste Tickets gewähren. Beide kündigten an, ihre Anträge wieder vorzulegen.

Besseres Jahresticket Plus

Das übertragbare Jahresticket Plus, das 2013 rund 20 000-mal verkauft wurde, soll nach Ansicht der Mehrheit des Gremiums und insbesondere der Grünen noch besser werden. Vom 1. Januar 2015 an sollen Besitzer Rabatte auf den gelegentlichen Kauf von Anschlusszonen bekommen, etwa in Form von günstigeren Tagesnetzkarten für Gruppen oder Einzelne oder Einzeltickets für Erwachsene zum Kinderpreis.

Hoffnung auf Azubi-Ticket

Schüler bekommen Scool-Abos (für 39,70 Euro pro Monat), Studenten Studitickets (39,61 Euro, bei einem Bezug für sechs Monate) und Azubis, Berufsschüler und Praktikanten ein Monatsticket, das nach ihnen benannt ist. Dies ist im Vergleich deutlich teurer (je nach Zonenzahl zwischen 43,40 und 149 Euro pro Monat), da es nicht von Landeshauptstadt oder Landkreisen bezuschusst wird.

Außerdem hat diese Gruppe auch noch längere Wege zurückzulegen, im Durchschnitt 2,7 Zonen – und damit mehr als die Berufstätigen, die mit dem VVS fahren. Laut Geschäftsführer Stammler bringen die Azubis jährlich 26 Millionen Euro. Der Verbund fürchtet mit einem Azubiticket deshalb Einbußen im siebenstelligen Bereich, andererseits ist das Potenzial für neue Fahrgäste laut Stammler auch längst „nicht ausgeschöpft“. Er will nun den Markt detaillierter untersuchen lassen und das Thema 2015 wieder in die Gremien bringen.

Kein Spezialticket für Teilzeit

Die SPD hatte sich eigentlich ein flexibles Ticket speziell für Teilzeitbeschäftigte auf die Fahnen geschrieben. Beim VVS hält man dies aber für zu kompliziert, da jeder anders arbeitet, und in der Folge für zu teuer. Zurzeit nutzten Menschen, die zwei Tage pro Woche arbeiteten, meist Vierertickets. Ab drei Arbeitstagen lohne sich oft schon das Monatsticket. Die Angebote reichen laut VVS vorerst – der Mehrheit der Räte auch.

Studiticket flexibel genug

Die Gruppe der Linken schielt darauf, das Studiticket flexibler zu machen, so dass es nicht für ein ganzes Semester und das ganze VVS-Gebiet gekauft werden muss und damit günstiger zu haben ist. Der VVS findet das Ticket für 195,60 Euro günstig genug. Dazu kommt noch der VVS-Pflichtbeitrag ans Studentenwerk in Höhe von 42,05 Euro, mit dem man aber auch ohne Studiticket montags bis freitags ab 18 Uhr sowie am Wochenende alle Busse und Nahverkehrsbahnen in der Region nutzen kann.

Die Ausschussmehrheit folgte dieser Ansicht, zumal das Land an einem Semesterticket für ganz Baden-Württemberg bastelt. Dies könnte auch ein Lösung für viele Berufsschüler mit sich bringen.

Sozialticket Sache der Kreise

SPD und Linke fordern VVS-Sozialtickets für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen. Dies, zumal die Landeshauptstadt zurzeit die Konditionen ihrer Bonuscard verbessern will, mit der man Bus und Bahn fahren kann. Für die Mehrheit der Regionalräte ist Sozialpolitik jedoch Sache des Landes oder der Landkreise, sie wollen ein solches Ticket nicht ohne deren Zuschüsse zur Sache des VVS machen.

Dass der Verband Region Stuttgart als Träger der S-Bahn ein solches Ticket finanziert, gehöre nicht zu seinen Aufgaben. An einem Sondierungsgespräch zum Thema haben die Landkreise laut Verband aber kein Interesse gezeigt. Der Ausschuss hat das Thema gegen die Stimmen der Antragsteller und der Grünen zumindest in eigener Zuständigkeit begraben.

Mal mit, mal ohne Fahrrad

Unzufriedenheit herrscht auch darüber, dass nur schwer überschaubar ist, in welchen öffentlichen Verkehrsmitteln Fahrgäste Fahrräder mitnehmen können und in welchen nicht. So dürfen Räder zwischen 6 und 8.30 Uhr sowie 16 und 18.30 Uhr außer an Samstagen und Sonntagen nicht in die Stadtbahnen, in den S-Bahnen dagegen sind sie erlaubt, kosten zwischen 6 und 8.30 Uhr aber einen Kinderfahrschein. Bei den Bussen ändern sich die Regeln sogar von Landkreis zu Landkreis.

Dem Ausschuss bleibt nichts anderes, als zu hoffen, dass sich eines Tages doch noch „einheitliche und leicht verständliche Regeln“ finden. VVS-Geschäftsführer Stammler stellte dies zumindest für die Busse in den Kreisen in Aussicht.