Die ersten Wagen der Stadtbahn biegen 2025 nach rund vier Millionen Kilometern Richtung Ruhestand ab. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Nach rund vier Millionen Kilometern mustern die Stuttgarter Straßenbahnen ihre ersten Stadtbahnen aus. 50 Fahrzeuge aus den Jahren 1998 bis 2005 werden saniert.

Stuttgart - Rund 40 Jahre nach der Systemumstellung von der rundlichen Straßen- auf die eckige Stadtbahn werden sich die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) erstmals von Stadtbahnzügen trennen. Ab dem Jahr 2025 stehe die Ersatzbeschaffung von 38 Wagen aus der ersten Bauserie DT 8.4 (Doppeltriebwagen mit acht Achsen) an, die 1985 und 1986 auf das Gleis gesetzt wurden, sagt Thomas Moser, der Vorstandschef der SSB.

Bis 2025 wird jedes der Fahrzeuge an die vier Millionen Kilometer auf dem Zähler stehen haben. Einen Verkauf der alten Wagen an andere Nahverkehrsdienstleister hält Moser für eher unwahrscheinlich. Nach 40 Jahren sei „die Substanz am Ende, wir werden die Fahrzeuge wohl verschrotten“, so der SSB-Chef. Ein Einzelverkauf an Liebhaber wäre aber möglich.

20 weitere Betriebsjahre im Blick

Insgesamt 50 Fahrzeuge der Bauserien DT 8.10 und 8.11, die von 1998 bis 2005 bei den SSB in Betrieb gingen und erstmals den Durchgang zwischen zwei Wagen ermöglichten, ruft das Nahverkehrsunternehmen von 2022 an in die Halbzeitpause. Sie sollen bei einem externen Dienstleister für die nächsten mindestens 20 Jahre fit gemacht werden. Dazu werden die Wagen komplett zerlegt, Rostschäden an der Karosserie, dem sogenannten Wagenkasten, beseitigt; die komplette Technik wird auf den heutigen Stand gebracht. „Wir brauchen neue Bordrechner, künftig zwei Displays für Fahrerinfos, das Armaturenbrett wird übersichtlicher“, so der SSB-Chef. Für die Fahrgäste gibt es neue Bildschirme, die Videoüberwachung werde natürlich auch erneuert. Was bleibt, ist die Aufteilung des Fahrgastraumes. Ein Umbau auf einen flexibler nutzbaren Bereich gleich beim Einstieg wie in den neuen Wagen sei nicht möglich, so Moser, denn das würde die Stehplatzfläche vergrößern und zu einem größeren Gesamtgewicht führen. Damit müssten Bremsen und Radsätze neu berechnet und womöglich verstärkt werden, was letztlich eine neue Zulassung nötig machen würde.

Keine eigene Sanierung möglich

Die umfangreichen Arbeiten hat die SSB ausgeschrieben. Eine Sanierung durch die eigenen Fachkräfte in der Hauptwerkstatt, wie sie vor 15 Jahren für 60 ältere Fahrzeuge aufgelegt worden war, ist nicht mehr machbar. Die Werkstatt sei komplett ausgelastet, sagt Moser, und leide unter Platzproblemen. Die Flotte soll seit der damaligen eigenständigen Sanierung von 168 bis Ende 2022 auf 224 Stadtbahnen wachsen. Die Laufleistung der Fahrzeuge hat zudem in den letzten 15 Jahren von 100 000 auf 130 000 Kilometer pro Jahr zugenommen. Daher bleibe eben nur, die Sanierung auszuschreiben.

Anders als vor 15 Jahren hätten sich für die Sanierung inzwischen einige Hersteller auf dem Markt etabliert. „Siemens, Alstom, Stadler, im Grunde alle großen und einige Mittelständler“, sagt Moser. Für die Sanierung gibt das Land pro Fahrzeug einen Zuschuss von 300 000 Euro, für ein neues Fahrzeug übernimmt es bis zu 30 Prozent der Kosten. Mehr als fünf Stadtbahnen können nicht gleichzeitig saniert werden, sonst fiele der SSB-Bestand unter die eiserne Reserve. Spätestens 2028 sollen auch die letzten Wagen aus den beiden Bauserien in ihre zweite Lebenshälfte gehen.