Um die mit dem Bündnis für Mobilität und Luftreinhaltung beschlossenen Ziele zu realisieren, sind mehr Busse notwendig. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die neue Buslinie 72 in Stuttgart-Möhringen wird von den Kunden noch nicht so angenommen wie von den SSB erhofft. Der Aufsichtsrat hat nun den Verkehrsversuch bis Ende 2020 ausgeweitet. Auf den Linien 80 und 82 soll sich das Angebot weiter verbessern.

Filder - Die Taktverdichtung auf der Linie 72 hat ihre Befürworter und Kritiker. Seit Dezember 2017 fährt der Bus in den Hauptverkehrszeiten am Morgen und am Abend eine Schleife durch die Märchensiedlung. Dies war notwendig, um auf dem Streckenast zwischen dem Bahnhof und dem Freibad einen Zehn-Minuten-Takt anbieten zu können. Der Bus brauchte eine Wendemöglichkeit. Gleichzeitig richteten die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) eine zusätzliche Haltestelle am Rübezahlweg ein, damit sich das Angebot auch für die Menschen in der Märchensiedlung verbessert.

Das fanden aber längst nicht alle gut. Einige Anwohner bemängelten, dass der Bus auf den engen Straßen in der Märchensiedlung kaum durchkomme. Zudem seien die gelben Wagen oft leer. Von einem „Schwabenstreich“ und „Geldverschwendung“ war immer wieder die Rede.

Warum wird die Entscheidung zur Buslinie 72 vertagt?

Von Anfang an war klar, dass die Verstärkerlinie zunächst nur ein auf zwei Jahre befristeter Probebetrieb ist. Im Dezember dieses Jahres, zur Halbzeit des Tests, wollten sich die SSB noch nicht zum Erfolg oder Misserfolg der Taktverdichtung äußern. Nun hat sich der SSB-Aufsichtsrat noch einmal mit dem Thema befasst. Das Ergebnis: „Diese Maßnahme zeigt bisher nur eine geringe Steigerung der Fahrgastzahlen, die Erwartungen, ein attraktiver Zu- und Abbringer zum Bahnhof Möhringen zu sein, konnte die Linie 72 noch nicht erfüllen.“ So steht es in der Pressemitteilung. Das bedeutet aber noch nicht das Aus für die Linie. Die SSB wollen der Nachfrage-Entwicklung noch etwas mehr Zeit geben und die probeweise Taktverdichtung inklusive der Schleife durch die Märchensiedlung um ein Jahr verlängern, also bis Dezember 2020. Erst danach soll eine Entscheidung gefällt werden.

Der CDU-Stadtrat Jürgen Sauer, der auch im Aufsichtsrat der SSB sitzt, begrüßt den verlängerten Probebetrieb. Die Vertagung der Entscheidung zeige, dass auch die SSB beim Thema Buslinie 72 zwiegespalten sei. Sie zeige aber auch, dass grundsätzlich Interesse an einer Taktverdichtung bestehe. „Man muss den Mut haben, ein solches Projekt anzustoßen und dafür Geld in die Hand nehmen“, sagt Sauer. Er fügt aber auch hinzu: „Man muss aber gleichermaßen den Mut haben, es wieder zu beenden, wenn es kein Erfolg ist.“

Welche Gründe gibt es für eine Taktverdichtung auf der Linie 82?

Ein verbessertes Angebot gab es seit dem Fahrplanwechsel 2017 auch auf der Linie 82, die vom Vaihinger Bahnhof über Rohr und Dachswald bis runter zum Waldeck fährt. In der Hauptverkehrszeit am Morgen wurde auf dem Streckenast zwischen Rohr und Vaihinger Bahnhof und am Nachmittag auf dem Abschnitt Rohr – Vaihingen Bahnhof – Universität ein Zehn-Minuten-Takt eingerichtet. Die Fahrgastzuwächse bleiben mit knapp zehn Prozent knapp hinter den Erwartungen zurück. Die Maßnahme soll dennoch in den Regelbetrieb überführt werden, und zwar „in Anbetracht der zukünftigen strukturellen Entwicklungen in Vaihingen mit einer weiteren Aufsiedlung im Synergiepark und einer nachhaltigen Entwicklung an der Universität Vaihingen“. So steht es in der Pressemitteilung der SSB.

Woher kommt das Geld für die Angebotsverbesserungen?

Ausgangspunkt für die Ausweitungen auf den Linien 72 und 82 war das Bündnis für Mobilität und Luftreinhaltung. In einem gemeinsamen Antrag vom März 2017 hatten die Gemeinderatsfraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und SPD insgesamt zwei Millionen Euro für die Verbesserung des Busangebots zur Verfügung gestellt. Mit diesem zusätzlichen Budget wurden Verbesserungen auf den drei Innenstadtbuslinien 40, 43 und 44 finanziert. In dem Paket enthalten waren zudem die Linien 92 und 99. „Nahezu alle Maßnahmen werden in den Fahrplan 2020 übernommen“, heißt es nun in der Pressemitteilung der SSB. Fahrplanwechsel ist wie gewohnt Mitte Dezember. Durch die Überführung der Probebetriebe in den Regelbetrieb entstehen der SSB Mehrkosten von jährlich einer Million Euro.

Welche Pläne gibt es für die Buslinie 80 im Synergiepark?

Geplant ist zudem, die Linie 80 zu verstärken, die einen Rundkurs durch den Synergiepark fährt. In den Hauptverkehrszeiten könnte es mit dem nächsten Fahrplanwechsel wochentags einen Fünf-Minuten-Takt geben. Zudem ist vorgesehen, das Betriebsende der Linie nach hinten zu verlegen. Derzeit fährt der letzte Bus um 19.31 Uhr am Colorado-Platz ab. Für viele Arbeitnehmer in dem Gewerbegebiet sei das jedoch zu früh, sagt Sauer. Doch wann sollte das Betriebsende der Linie sinnvollerweise sein? Diese Frage soll bei der nächsten Gebietskonferenz geklärt werden, wo Vertreter aller Unternehmen im Synergiepark zusammenkommen. Der Termin ist am 10. April. Grundlage ist zudem die Umfrage der Wirtschafts- und Industrievereinigung zum Mobilitätsverhalten der Beschäftigten. „Wir brauchen eine empirische Basis“, sagt Sauer. Der SSB-Aufsichtsrat werde im Juni entscheiden.

Wann kommt eine Taktverdichtung für die komplette Linie 82?

Mittelfristig steht für Sauer auch eine Taktverdichtung für die Buslinie 82 auf dem Streckenast Dachswald – Elsental auf der Agenda. Dieser hatte von dem mit dem Mobilitätsbündnis zur Verfügung gestellten Geld nicht profitiert. „Der Wunsch nach zusätzlichen Fahrten ist da. Er muss aber noch mit Zahlen hinterlegt werden“, sagt der Aufsichtsrat. Und es müsse noch geklärt werden, ob es für eine Verbesserung in diesem Abschnitt eine Anschubfinanzierung durch den Gemeinderat brauche, oder aber ob diese aus dem Wirtschaftsplan der SSB finanziert werden könne.