Etwa ein Drittel der Strecke der Wieslauftalbahn hat laut vorläufigem Gutachten gravierende Schäden. Foto: /Frank Rodenhausen

Die Unwetterschäden vom Juni an der Wieslauftalbahn sind immens: Das Land will sich finanziell da einbringen, wo die Versicherung eine Deckelung hat. So weit, so gut. Aber wie sieht der zeitliche Plan aus, wann startet das Wiesel wieder?

Mit mindestens 20 Millionen Euro Schaden rechnen der Kreis und die beteiligten Kommunen bei der Infrastruktur, Fahrzeugen und Fahrzeughallen der Wieslauftalbahn als Folge von Starkregen und Überschwemmungen Anfang Juni diesen Jahres. Vier der sechs Fahrzeuge seien Totalschaden, bei zweien sei der Schaden und die möglichen Kosten für eine Reparatur noch unklar, berichtete der Rems-Murr-Landrat Richard Sigel jetzt beim Sommergespräch zur Lage im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) im Kreis.

Land beteiligt sich an den Kosten

Die gute Nachricht gleichwohl: Das Land habe nun signalisiert, dass es mit dafür sorgen wolle, dass das „Wiesel“ wieder rollen kann. Es gebe die Zusage des Landes, 75 Prozent der Kosten zu übernehmen, die jenseits der vereinbarten maximalen Versicherungssumme von 20 Millionen Euro liegen.

Die genaue Schadenshöhe bei der Infrastruktur der Bahnstrecke ist nach wie unklar, Gutachten dazu sind noch im Werden. Das Grundproblem dabei: Versicherungen bestehen zwar, sie sind aber bei der Infrastruktur auf 20 Millionen Euro gedeckelt, zudem ist ein Selbstbehalt von einer Million Euro vereinbart. Angesichts der enormen Schäden auf der Zugstrecke zwischen Rudersberg und Schorndorf war im Zweckverband Wieslauftalbahn noch vor einigen Wochen heftig darüber diskutiert worden, ob man überhaupt grünes Licht für die Reaktivierung geben könne. Denn auf der Strecke kann man an einigen Stellen problemlos unter den Betonschwellen hindurchschauen.

Der Schotter ist weg, das Gleisbett an vielen Stellen unterspült. Auf den Schienen musste massenhaft Treibgut beseitigt werden, Kabelschächte sind verschlammt, und sehr wahrscheinlich ist unter anderem auch Öl in den Boden gesickert. Dazu kommen demolierte Signalanlagen, bei der Überschwemmung vollgelaufene Schalthäuser und wegen der Wassermassen durchgeschmorte Elektrik. Gut ein Drittel der 11,5 Kilometer langen Strecke zwischen Schorndorf und Rudersberg, so war die vorläufige Bilanz bei einem Erstgutachten der Berater von Drees & Sommer, sei von gravierenderen Schäden betroffen.

Seit der Starkregenkatastrophe ist die Zugverbindung zwischen Rudersberg und Schorndorf komplett außer Betrieb. Immerhin: Seit dem zweiten Tag nach der Hochwasserkatastrophe rollt zumindest ein Schienenersatzverkehr im Wieslauftal. Spätestens seit der zweiten Woche nach Starkregen und und Hochwasser funktioniere er auch sehr gut, berichtete Landrat Sigel.

„Wir arbeiten mit Hochdruck am Wiederaufbau“

„Wir tun uns sehr schwer, Beschlüsse mit einem solchen finanziellen Risiko zu fassen“, hatte vor gut fünf Wochen der Schorndorfer Oberbürgermeister Bernd Hornikel bei der Zweckverbandssitzung zu Bedenken gegeben. Denn seine Stadt sei von der Hochwasserkatastrophe selbst so schwer getroffen worden, dass sie ohne fremde Hilfe monetär nicht handlungsfähig sei. Der Gemeinderat habe deshalb beschlossen, keinerlei Verpflichtungen einzugehen, bis klar sei, mit welcher Unterstützung man von Land und Bund rechnen könne.

Eben diese Unwägbarkeiten seien nun mit der Zusage des Landes zumindest bezüglich der Wiesel-Wiederinbetriebnahme ausgeräumt, so Landrat Sigel beim ÖPNV-Sommergespräch. „Wir arbeiten mit Hochdruck am Wiederaufbau.“ Die Aufräumarbeiten, die aus eigener Kraft möglich sind, seien abgeschlossen. Momentan gehe es primär um die Einholung weiterer Gutachten und die Abklärung der konkreten Schadensübernahme durch die Versicherung.

Die Akquise von Baufirmen bringe das Problem mit sich, dass diese unter anderem wegen der Riedbahnsanierung und Stuttgart 21 großteils langfristig verplant seien. Trotzdem sei „die schnellstmögliche Wiederinbetriebnahme“ angestrebt, betonte Richard Sigel bei der Nahverkehrspressekonferenz. Diese werde allerdings voraussichtlich abschnittsweise in Angriff genommen. „Eine seriöse zeitliche Prognose für die Wiederinbetriebnahme des Wiesels ist momentan allerdings nicht möglich.“

Geschichte der Wieslauftalbahn

Strecke
 Die Wieslauftalbahn verkehrt auf 11,5 Kilometern mit zehn Haltestellen zwischen Rudersberg und Schorndorf. Die Fahrzeiten sind auf S-Bahn (S 2) und die Regionalbahn in Richtung Stuttgart abgestimmt.

Betreiber
 Zur Wiederbelebung der im Jahr 1908 eröffneten, aber ab Mitte der 1980er-Jahre zeitweise stillgelegten Strecke gründeten der Landkreis Rems-Murr und die Kommunen Rudersberg und Schorndorf den Zweckverband Verkehrsverband Wieslauftalbahn (ZVVW). 1995 wurde der Betrieb unter der technischen Regie der Württembergischen Eisenbahngesellschaft (WEG) wieder aufgenommen.