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Nach weiteren palästinensischen Raketenangriffen auf Tel Aviv schlug am Freitag erstmals eine Gaza-Rakete bei Jerusalem ein. In beiden Städten heulten die Luftalarm-Sirenen.

Tel Aviv/Gaza/Kairo - Der Nahe Osten steuert auf einen neuen Krieg zu. Nach weiteren palästinensischen Raketenangriffen auf Tel Aviv schlug am Freitag erstmals eine Gaza-Rakete bei Jerusalem ein. In beiden Städten heulten die Luftalarm-Sirenen.

Eine israelische Bodenoffensive im Gazastreifen wird immer wahrscheinlicher. Großbritannien warnte Israel vor den enormen Risiken einer Invasion. Weltweit mehrten sich Aufrufe zur Mäßigung.

Laut israelischem Rundfunk wurde Jerusalem von einer Explosion erschüttert. Die Rakete sei außerhalb von Jerusalem eingeschlagen, sagte die Sprecherin der Streitkräfte, Avital Leibovich. Opfer gab es Medienberichten zufolge nicht.

Israel rief wegen des Konflikts 16 000 Reservisten zu den Waffen, wie der israelische Rundfunk berichtete. Auch Panzer und anderes schweres Gerät seien auf dem Weg zu dem dicht besiedelten Palästinensergebiet am Mittelmeer. Die im Gazastreifen herrschende radikal-islamische Hamas und die militante Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad hatten sich zuvor zu den zwei Raketenangriffen auf Tel Aviv bekannt.

Auch am Freitag schlugen wieder Dutzende Raketen aus dem Gazastreifen in Israel ein. Mindestens eine Rakete explodierte im Großraum Tel Aviv. Verletzt wurde niemand, aber für Israel stelle dies eine "dramatische Eskalation" dar, hieß es aus der Stadtverwaltung von Tel Aviv.

Israel gelang es mit dreitägigen heftigen Luftangriffen nicht, die Hamas im Gazastreifen in die Knie zu zwingen. Sogar eine von Israel verkündete Feuerpause während des Besuchs des ägyptischen Ministerpräsidenten Hischam Kandil im Gazastreifen wurde von Anfang an von beiden Seiten missachtet. Kandil konnte gerade noch verkünden, dass sich sein Land um eine langfristige Waffenruhe bemühe, bevor er den gefährlichen Ort vorzeitig wieder verließ.

Ägypten stellt sich hinter die Hamas

Anders als bei früheren Auseinandersetzungen zwischen den Konfliktparteien stellte sich das neue Ägypten demonstrativ hinter die Hamas. Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi hatte Kandil in den Gazastreifen geschickt, um Druck auf Israel auszuüben.

Ägypten stehe unverbrüchlich an der Seite der Palästinenser, sagte Kandil in Gaza-Stadt. Die Opfer der israelischen Angriffe bezeichnete er als "Märtyrer". Der Regierungschef der radikal-islamischen Hamas, Ismail Hanija, lobte die neue Politik des "revolutionären Ägypten" und forderte die anderen arabischen Führer auf, dem Beispiel der Ägypter zu folgen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesaußenminister Guido Westerwelle machten die Hamas für die Eskalation der Gewalt verantwortlich. Die Raketenangriffe müssten sofort beendet werden. "Israel hat das Recht und die Pflicht, seine Bevölkerung in angemessener Weise zu schützen", sagte Regierungssprecher Georg Streiter in Berlin. Auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton gab der Hamas die Schuld an der Eskalation.

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu bezeichnete die israelischen Angriffe auf den Gazastreifen hingegen als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit". Mit Massakern und Attentaten lasse sich im Nahen Osten kein Frieden erreichen, zitierten türkische Medien den Minister.

Die israelischen Streitkräfte bombardieren seit Tagen den Gazastreifen, während militante Palästinenser israelische Städte mit Raketen beschießen. Auf beiden Seiten starben bis Freitagmittag 26 Menschen, 23 Palästinenser und 3 Israelis. Etwa 200 Palästinenser wurden verletzt.

Die neue Runde der Gewalt hatte am Samstag begonnen, als ein israelischer Jeep von einer Rakete aus dem Gazastreifen getroffen wurde. Die Lage verschärfte sich dramatisch, als Israel am Mittwoch den Militärchef der Hamas, Achmed al-Dschabari, tötete.