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Nach dreiwöchigen Kämpfen mit mehr als 1300 Toten sollen im Gazastreifen die Waffen schweigen.

Tel Aviv/Gaza/Scharm el Scheich - Nach dreiwöchigen Kämpfen mit mehr als 1300 Toten sollen im Gazastreifen die Waffen schweigen. Nach der Verkündung einer einseitigen Feuerpause durch Israel erklärten sich am Sonntag auch die militanten Palästinensergruppen im Gazastreifen zu einer Waffenruhe von einer Woche bereit.

Die radikal-islamische Hamas verlangte, in dieser Zeit müsse Israel alle seine Soldaten aus dem Gazastreifen abziehen. Die israelischen Streitkräfte begannen am Abend nach Militärangaben mit einem gestaffelten Abzug. Wenn die Waffenruhe halte, würden die Truppen "so bald wie möglich" abziehen, sagte der amtierende israelische Ministerpräsident Ehud Olmert.

"Damit aber gesichert ist, dass der Waffenstillstand hält, muss Israel die Hamas davon abhalten, sich neu zu bewaffnen", sagte Olmert bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und anderen europäischen Staats- und Regierungschefs. Olmert zufolge sicherten ihm die europäischen Gesprächspartner zu, sich für die Unterbindung des Waffenschmuggels in den Gazastreifen einsetzen zu wollen. "Diese Zusicherungen müssen in die Realität umgesetzt werden", sagte er.

Ihre massiven Angriffe auf Ziele im Gazastreifen hatte die israelische Armee in der Nacht zum Sonntag um 2 Uhr Ortszeit (1 Uhr MEZ) eingestellt. Ministerpräsident Olmert hatte wenige Stunden zuvor eine einseitige Waffenruhe verkündet. Nach einem kurzfristig einberufenen Nahostgipfel am Sonntag im ägyptischen Sinai-Badeort Scharm el Scheich sagte Kanzlerin Merkel: "Jetzt geht es darum, den Waffenstillstand dauerhaft zu machen."

Palästinensische Sanitäter nutzten am Sonntagmorgen die ersten ruhigen Stunden seit Wochen, um mehr als 100 Tote zu bergen. Die Zahl der Todesopfer ist seit Beginn der israelischen Militäroffensive am 27. Dezember auf mindestens 1310 angestiegen. Weitere 5450 Menschen sind nach Angaben der Gesundheitsbehörde in Gaza verletzt worden. In Israel kamen zehn Soldaten und drei Zivilisten ums Leben.

Olmert hatte am Samstagabend ein Ende der Kampfhandlungen erklärt. Israel habe seine Kriegsziele mehr als erreicht. Die Soldaten sollten jedoch vorerst im Gazastreifen bleiben, um zu gewährleisten, dass die radikal-islamische Hamas keine weiteren Raketen auf Israel abfeuert. Generalstabschef Gabi Aschkenasi erklärte, dass die Militäroperation "noch nicht zu Ende" sei. Die Truppen im Gazastreifen hätten den Befehl erhalten, feindliches Feuer zu erwidern.

Die Hamas setzte am Sonntag Israel eine Frist von einer Woche für einen vollständigen Abzug. Unklar ist, ob Israel diese Forderung erfüllen wird. Zuvor hatte die Hamas die von Israel ausgerufene Waffenruhe für bedeutungslos erklärt, solange sich Israel nicht aus dem Gazastreifen zurückziehe und die Blockade des Gebietes aufhebe. Am Sonntagmorgen erklärten die Islamisten in einem Flugblatt den "Sieg" über die israelischen Truppen. Das palästinensischen Volk und der bewaffnete Widerstand hätten "dem Feind schwere Verluste zugefügt und ihn zum einseitigen Rückzug gezwungen".

Wenige Stunden nach Inkrafttreten der israelischen Waffenruhe hatten militante Palästinenser nach Angaben einer Armeesprecherin mehr als zehn Raketen auf Israel abgefeuert. Die israelische Armee habe daraufhin die Raketenwerfer angegriffen. Der israelische Regierungschef Olmert drohte nach dem Raketenbeschuss mit weiteren Militärschlägen im Gazastreifen. "Wenn der Beschuss weitergeht, ist die Armee darauf vorbereitet", sagte er zu Beginn der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem. "Wir werden ohne zu zögern das tun, was getan werden muss."

Die USA, die Bundesregierung, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und Papst Benedikt XVI. begrüßten die Ankündigung der einseitigen Waffenruhe durch Israel. Auf dem Nahost-Gipfel in Scharm el Scheich, zu dem der ägyptische Präsident Husni Mubarak kurzfristig eingeladen hatte, sprach sich Merkel für die Schaffung von Bedingungen aus, die zu einem dauerhaften Schweigen der Waffen führen sollen. Sie forderte ein Ende des Waffenschmuggels zugunsten militanter Palästinenser, der vor allem über Ägypten in den Gazastreifen läuft: "Es geht darum, die Grenzübergänge zu sichern, den Waffenschmuggel zu unterbinden." Deutschland sei dazu bereit, wenn nötig technische Hilfe zu leisten.

Zuvor hatte Merkel nach Angaben eines Regierungssprechers in Berlin die Erwartung geäußert, dass die Hamas ihren Raketenbeschuss Israels einstellt. Das Treffen in Scharm el Scheich diente vor allem dazu, die noch brüchige Feuerpause politisch zu untermauern. Zu den Teilnehmern zählten der französische Präsident Nicolas Sarkozy, der britische Premier Gordon Brown, König Abdullah II. von Jordanien, UN- Generalsekretär Ban Ki Moon und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas.

Abbas nannte den Krieg im Gazastreifen eine "humanitäre Katastrophe". Das von den Medien gezeigte Leiden der Palästinenser in den vergangenen drei Wochen sei nur ein Bruchteil der schrecklichen Realität. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, sagte: "Wir brauchen nicht nur den Abzug (der israelischen Truppen), sondern auch die Öffnung der Grenzübergänge und ein Ende der Blockade".

Im Vatikan bezeichnete Papst Benedikt XVI. die Waffenruhe als Hoffnungsschimmer, der es möglich mache, "den Dialog in Gerechtigkeit und in Wahrheit wieder aufzunehmen".