Hoffnung erfüllt: Israelis in Tel Aviv unmittelbar vor Freilassung der letzten Geiseln aus der Gewalt der Hamas. Foto: Oded Balilty/AP/dpa

Auch nach der Freilassung der Geiseln bleibt der Weg zum Frieden im Nahen Osten weit und steinig. Europa begleitet ihn mit viel Geld, aber kaum Mitsprache. Ein Fehler.

Endlich ist der Albtraum vorbei. Die letzten zwanzig noch lebenden israelischen Geiseln der palästinensischen Terroristengruppe Hamas sind frei. Nach 738 Tagen ohne irgendeine Wahrung ihrer Menschenrechte. Knapp die Hälfte der am 7. Oktober 2023 in den Gazastreifen Verschleppten kehrte nicht mehr oder tot nach Israel zurück. Unter dessen Gegenschlag starben zigtausende Palästinenser. Wie bitter.

 

Endlich keimt Hoffnung, all das sei nun vorbei. Tatsächlich schweigen die Waffen zwischen Hamas und Israel. Auf Dauer?

Die Hamas bringt sich in Stellung

Die Terroristen haben sich schon neu in Stellung gebracht. Gewaltsam, versteht sich, in den von israelischem Militär vereinbarungsgemäß geräumten Zonen.

Die frohen Bilder vom Nahost-Gipfel in Ägypten sollten daher niemanden darüber hinwegtäuschen, wie weit, wie steinig der Weg zu einer dauerhaften Waffenruhe, zu einem Frieden gar, noch ist. So verständlich der Riesenjubel hüben und drüben über befreite Geiseln und aus israelischer Haft in den Gazastreifen entlassene Gefangene ist – er steht für einen glücklichen Moment.

Es bleibt das Verdienst von US-Präsident Donald Trump und der weiteren Vermittler aus Ägypten, Katar und der Türkei, dass sie die Waffen gegen den Willen der Führung der Hamas und der Regierung Israels zum Schweigen gebracht haben. Ein Treffen, das diese Leistung würdigt und zugleich der Verständigung darüber dienen kann, wie ein Rückfall in den Krieg von außen zu verhindern sei, hat daher große Berechtigung.

Die Lage indes bleibt angespannt. Die Hamas hat sich außer zur Herausgabe der Geiseln noch zu kaum einem Punkt in Trumps Friedensplan bekannt. Und die Kräfte, die den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern treiben, sind stärker als vor zwei Jahren.

Kaum Raum für die Zwei-Staaten-Lösung

Wer meint, jetzt öffne sich der Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung, liegt leider falsch. Die verbrecherische Identität der Hamas ist bekannt. Selbst wenn die Hamas verschwände, es bliebe so viel Hass auf Israel. Nicht zuletzt wegen dessen zuletzt besonders zerstörerischen Kriegführung.

Sollte sich in Israel die Regierung Netanjahu endlich ihrer Verantwortung dafür wie auch für ihr fatales Unterschätzen der Angriffsfähigkeit der Hamas stellen müssen – das Trauma des Überfalls und tiefe Wunden bleiben. Selbst viele Israelis, die sich stets für Aussöhnung mit den Palästinensern eingesetzt haben, lehnen es heute rundweg ab, in absehbarer Zeit neben einem Palästinenserstaat zu leben.

Trump wird also eine sehr klare Linie und langen Atem als Vermittler brauchen. Sein türkischer Kollege Recep Tayyip Erdogan nicht minder. Und Europa?

Es fällt auf, wie wenig die EU, wie wenig Staats- und Regierungschefs von EU-Staaten zu Geisel-Befreiung und Waffenruhe beizutragen hatten. Nicht weil es an gutem Willen oder Worten gemangelt hätte. Ihnen fehlt in diesem Teil der Welt schlicht die Bedeutung.

Kein Wunder, hat es in Europa mangels Geschlossenheit doch stets an politischem Engagement gemangelt. Ein Beispiel: Als der britische Ex-Regierungschef Tony Blair EU-Nahost-Beauftragter war, sagten arabische wie israelische Staats- und Regierungschefs durchgängig: Den haben wir hier noch nie gesehen. Grotesk, dass jetzt ausgerechnet Blair zu den Garanten eines friedlichen Neuanfangs gehören soll.

Das große Diplomatie-Versagen

Selbstverständlich wird viel Geld aus der EU gefragt sein beim Wiederaufbau. Das war selten anders nach allen Waffengängen in der Region seit 1948. Daraus so wenig politisches Kapital zu schlagen in Form von mäßigendem Einfluss in dieser so wichtigen Nachbarschaft – das steht für ein gewaltiges Diplomatie-Versagen zum Schaden der eigenen Sicherheit. In Brüssel wie auch in Berlin.