Bei jungen Müttern liegt Nähen im Trend. Doch es gibt noch andere gute Gründe, zum Internationalen Nähtreff ins Familienzentrum nach Weinstadt zu gehen. Ein Besuch.
Weinstadt - Der Name ist profan: Internationaler Nähtreff. Doch dahinter verbirgt sich ein Angebot, das zum einen weit mehr bietet als nur Nähen, und zum anderen gerade wegen der Handarbeit im Trend liegt. Vor allem junge Mütter entdeckten diese für sich, um etwa die Babyausstattung selbst herzustellen. Im Familienzentrum Weinstadt fänden sie dabei Unterstützung, berichtet Margret Mack von der evangelischen Gesellschaft (eva), die in Kooperation mit der Stadt Weinstadt das Zentrum betreibt.
Eine der jungen Mütter ist Sevgi Sgülümser. Vor vier Wochen habe sie noch keine Ahnung vom Nähen gehabt, erzählt die gebürtige Kölnerin, die die vergangenen vier Jahre in der Türkei gelebt hat und erst seit wenigen Monaten in Endersbach wohnt. Doch durch die Hilfestellungen der anderen Frauen habe sie bereits einen Rucksack selbst genäht. Zum Treff an diesem Montagvormittag hat sie eine alte Hose mitgebracht. „Jetzt wird aus der Cargo-Shorts eine Handtasche“, erklärt die 42-Jährige voller Motivation.
Deutsch lernen nebenbei
Derweil vergnügt sich ihre Tochter Sinem in der Kinderspielecke. Die Vierjährige ist mit ein Grund, weswegen ihre Mutter nun regelmäßig zum Nähen geht. „Ich habe erst für Oktober einen Kindergartenplatz für sie bekommen. Und daheim ist ihr zu langweilig, wenn die große Schwester in der Schule ist.“ Während Mama näht, findet Sinem Spielkameraden und kann ganz nebenbei deutsch üben. Aus alt mach neu – das ist auch Irma Jans Motto, die dabei ist, eine helle Sommerhose mit einem nicht mehr auswaschbaren Fleck durch schicke Applikationen aufzuhübschen. Seit drei Jahren gehört die 67-jährige Waiblingerin zu den Stammbesucherinnen des Nähtreffs.
Upcycling sei ein großes Thema, berichtet Yumiko Michelbach. Vor eineinhalb Jahren hat sie die Leitung des Nähtreffs von Margarete Brüchner übernommen, welche das Angebot 2013 ins Leben gerufen hatte. Zunächst habe es nur im Betsaal in Beutelsbach stattgefunden, organisiert vom damals noch bestehenden Ausländerbeirat der Stadt, sagt Michelbach. Unter der Regie der Irakerin Kifah Al-Attar findet das Angebot dort weiterhin wöchentlich statt. Mit dem zweiten Treff im Familienzentrum wurde es erweitert.
Aus vielen Teilen der Welt
So gemischt das Alter der Teilnehmerinnen ist, so unterschiedlich ist ihre Herkunft. Die Leiterin Yumiko Michelbach etwa stammt aus Japan und ist der Liebe wegen vor rund drei Jahrzehnten nach Deutschland ausgewandert. Seit 1973 lebt Hajrija Osmanovic aus dem ehemaligen Jugoslawien in Weinstadt. Auch sie kommt regelmäßig. „Wegen der netten Leute, die alle zusammen helfen“, erklärt die 69-Jährige. Zudem finde sie jetzt im Ruhestand, nachdem sie ihre drei Kinder alleine großgezogen habe, hier Zeit und Gelegenheit, endlich nähen zu lernen.
Unterstützung erhalten Nähneulinge von Profis wie Martina Dengler. Bereits kurz nach ihrem Umzug von Sulz am Eck nach Weinstadt und während sie noch mit ihrem vierten Kind schwanger war, habe sie den Nähtreff besucht, erzählt sie. Jetzt ist der Jüngste ihres Quartetts daheim sieben Jahre alt. „Das hier ist meine Auszeit. Da kann zu Hause auf dem Tisch auch mal das Geschirr stehen bleiben“, sagt die 46-Jährige, von deren Kindern eines eine Behinderung hat.
Ab in die Spielecke
Zu den Könnerinnen gehört auch Fatema Algasen. Mit 25 Jahren ist die vierfache Mutter aus Syrien die jüngste Besucherin an diesem Tag. Ihre beiden jüngsten Kinder, den zweijährigen Ibrahim und die drei Monate alte Salsawil, hat sie zum Nähtreff mitgebracht. Während Ibrahim gleich der Spielecke zustrebt, findet seine Mutter im Familienzentrum nicht nur Ruhe zum Nähen. Um Deutsch zu lernen und Bekanntschaften zu schließen gehe sie zum Nähtreff, erklärt die junge Frau, die seit vier Jahren in Weinstadt lebt, in recht gutem Deutsch.
Der Internationale Nähtreff findet montags von 9 bis 11.30 Uhr im Familienzentrum Weinstadt, Bahnhofstraße 19, statt. Eine Anmeldung ist nicht nötig. In den Ferien hat das Familienzentrum veränderte Öffnungszeiten. Kontakt unter: 0 71 51/2 05 09 97.