Ein Herz als Dankeschön für den leckeren Kürbisschmaus? Foto: Sabine Armbruster

In diesem Jahr scheint es besonders viele Feldhasen im Blühenden Barock zu geben. Sie haben die Kürbisse als Leckerbissen für sich entdeckt – und hinterlassen deutliche Fraßspuren.

Bunte Kürbisse schmücken derzeit die Wegränder im Blühenden Barock vor allem im unteren Ostgarten. Ein paar davon sehen allerdings ziemlich merkwürdig aus. Sie weisen seltsame Schnitzspuren auf. Mal sind sie dezent, in einem Fall scheinen seltsame Kontinente einen Kürbis in einen Globus zu verwandeln, bei anderen sieht man es deutlicher: Da waren kräftige Nagezähne am Werk, die sich bis ins harte Kürbisfleisch gegraben haben.

 

„Die Feldhasen sind in diesem Jahr auf den Geschmack gekommen“, lacht Stefan Hinner, der Macher der Kürbisausstellung. In den Vorjahren habe man zwar auch schon immer mal wieder Hasen im Blüba gesehen, bislang hätten sie die auffälligen Feldfrüchte aber verschmäht. Auch die Blüba-Direktorin Petra Herrling spricht mit einem kleinen Schmunzeln von den langohrigen Schnitzkünstlern. Früher hätten sie sich gern zum Frühstück über die Zucchini im Bauerngarten hergemacht, doch den gebe es ja nicht mehr in der früheren Form. Dass die Mümmelmänner nun Kürbisse bevorzugen, hat sie schon direkt beobachtet: „Einer saß gerade an einem Riesenkürbis, der hat sich dann aber schnell davon gemacht.“

Die Hasen fühlen sich offenbar wohl im Blühenden Barock. Foto: Sandra Lesacher

Nun scheint es in diesem Jahr aber auch besonders viele Hasen im Blühenden Barock zu geben. Vor allem im Frühjahr musste man nicht unbedingt am frühen Morgen oder späten Abend unterwegs sein, um eines der Haken schlagenden Langohren zu sehen. Auch mitten am Tag hoppelten sie über die Wiesen im oberen Ostgarten, rasten die Hänge im Nordgarten hoch oder saßen mit angelegten Ohren auf den von niedrigen Hecken gesäumten Ornamenten im Südgarten, bis die Spaziergänger weg waren.

Aus Hasensicht ist die Kürbisausstellung im Blühenden Barock ein Paradies

Laut der Remsecker Naturschutzwartin Carolin Zimmermann könnten die Hasen von den vergangenen warmen und trockenen Frühjahren profitiert haben, die die Überlebenschancen der Jungen erhöhten. Auch sei es nicht ungewöhnlich, dass sich Feldhasen in Parks aufhielten. Im Stuttgarter Rosensteinpark gebe es seit Jahrzehnten eine erstaunlich hohe Population. „Die relativ artenreichen Wilhelma-Futterwiesen, die Leinenpflicht und zahlreiche Verstecke locken“, beschreibt sie die Attraktivität des Parks aus Hasensicht.

Außerdem werde dort nicht gejagt. Hinzu komme, dass Parks wie das Blüba bei Nacht, wenn Wildtiere aktiv seien, geschlossen seien und es keine Störungen gebe. Die Tiere könnten durchaus unterscheiden, wo Gefahr drohe und wo nicht. „Gerade Offenlandarten kennen den Unterschied zwischen angeleinten und frei laufenden Hunden oder zwischen Spaziergängern auf befestigten Wegen und Querfeldeingängern“, so Zimmermann. Da ist das Blühende Barock mit Fußgängern, die auf den Wegen bleiben, Büschen als Versteck und Hunden an der kurzen Leine schon ein kleines Hasenparadies.

Hinzu komme ein abwechslungsreiches Angebot an Gräsern und Kräutern. „Das hat sich unter der neuen Blüba-Direktorin verändert, die in einzelnen Bereichen auch Wildblumen aussäen lässt“, so Zimmermann. Die anderen Blumen und Pflanzen im Blüba scheinen dagegen für die Hasen kaum attraktiv zu sein. „Da gibt es so gut wie keine Fraßschäden“, sagt Herrling. Dass sich die Feldhasen im Blüba wohlfühlen, hat aus Sicht von Carolin Zimmermann aber auch noch andere Gründe: die ausgeräumten Agrarlandschaften und die zunehmende Bebauung. „Die Tiere, die zuvor in jetzt bebauten Arealen lebten, müssen ja irgendwo hin.“



Im Blühenden Barock geht es den Feldhasen offenbar so gut, dass sie sich sogar erlauben können, wählerisch zu sein. Denn nicht alle Kürbisse stehen auf ihrer Speisekarte, weiß Stefan Hinner. „Die bläulichen und grünlichen sind wegen ihres höheren Stärkegehalts besonders beliebt“, hat er festgestellt. Wenn die Kürbisse nur im äußeren Bereich angeknabbert seien, schade das übrigens nicht. „Das verheilt von alleine wieder.“ Das könne man auch bei manchen Kürbissen im Handel sehen, die auf dem Acker von Mäusen angenagt wurden und dann eine Art Schorf entwickeln. Kritisch für den Kürbis werde es erst dann, wenn auch der Hohlraum beschädigt sei. Dann faule er meist schnell. Diese Kürbisse würden auf der Ausstellung schnell ausgewechselt.

Genaue Zahlen hat Hinner nicht, aber er schätzt, dass täglich etwa fünf Kürbisse getauscht werden müssten. „Aber deshalb gehen wir nicht auf Hasenjagd“, verspricht er.

Gefährdete Langohren

Leichter Zuwachs
 Laut dem Wildtierportal-Baden-Württemberg tummelten sich in den letzten Frühjahren mehr Feldhasen auf Baden-Württembergs Offenlandflächen als seit Beginn der Zählungen im Jahr 1997. Die Population unterliege jährlichen und regionalen Schwankungen. In den Jahrzehnten zuvor war es zu drastischen Bestandseinbrüchen gekommen, inzwischen haben sich die Zahlen auf einem niedrigen Niveau eingependelt. Wegen der zunehmenden Intensivierung der Landwirtschaft und der Zerstückelung des Lebensraums durch Straßen gilt der Feldhase dennoch als gefährdet.

Schnelle Läufer
 Feldhasen sind schnelle und ausdauernde Läufer und erreichen Spitzengeschwindigkeiten bis 70 Stundenkilometer. Bei Gefahr ducken sie sich bewegungslos auf den Boden und bleiben wegen ihrer Tarnfarbe oft unbemerkt. Anders als Kaninchen, die kleiner und rundlicher sind, viel kürzere Ohren und auch nicht so kräftige und große Hinterpfoten haben, graben sie keine Höhlen, sondern ruhen in Bodenmulden oder in Gebüschen. Auch ihre Jungen, die schon ein Fell haben, bringen Feldhasen oberirdisch zur Welt.