Mercedes feiert den Konstrukteurs-Titel: Die Fahrer Lewis Hamilton (li.) und Valtteri Bottas (re.) flankieren Motorsportchef Toto Wolff. Foto: AP/Toru Hanai

Mercedes kommt in der Formel 1 aus dem Feiern nicht heraus: Valtteri Bottas siegt in Japan, der Rennstall gewinnt die Team-WM – und Lewis Hamilton wohl bald den Fahrertitel. Diese Dominanz ist kein Zufall.

Suzuka - Freddy Mercury, der charismatische Sänger der Rockband Queen, hat der Sportwelt eine Hymne beschert, die seit ihrer Veröffentlichung 1977 gerne dann gespielt wird, wenn ein Sportler oder ein Team die höchsten Ehren in ihrer Disziplin erreicht haben. „We are the Champions“, ertönte am Sonntag in Suzuka beim Rennstall Mercedes, wo Starpilot Lewis Hamilton und seine Kollegen freudetrunken den Klassiker textsicher skandierten. Zum sechsten Mal in Folge hat der Rennstall aus Brackley die Konstrukteurs-WM gewonnen, überlegen wie in den Jahren zuvor, diesmal fünf Rennen vor dem Saisonende – damit egalisierte die Truppe von Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff die Ferrari-Serie (1999 bis 2004) aus Michael Schumachers Hochzeiten. „Ich bin wirklich sehr stolz auf das Team. Sechster Titel in Serie, das ist schon sehr beeindruckend“, freute sich Grand-Prix-Sieger Valtteri Bottas, und auch die Konkurrenz zollte Respekt. „Sie sind sehr nah an der Perfektion, sie sind sehr beständig und machen nur wenige Fehler“, räumte Ferrari-Pilot Sebastian Vettel ein, der Zweiter geworden war.

Mercedes widmet Niki Lauda den Titel

Nicht nur der 1991 verstorbene Musiker Freddy Mercury war in Suzuka in den Gedanken der Menschen, bei Mercedes dachten sie besonders an Niki Lauda. „Es ist nicht so wie früher, weil wir Niki verloren haben“, antwortete Lewis Hamilton auf die Frage, wie sich der Teamtitel im Vergleich zu den fünf zuvor anfühle: „Ich weiß, dass Niki seine Kappe ziehen würde für den Erfolg.“ Toto Wolff erinnerte sich ebenfalls an die Motorsportlegende, die am 20. Mai an den Folgen einer Lungentransplantation mit 70 Jahren gestorben war. „Das Kapperl fehlt uns sehr“, sagte der 47 Jahre alte Österreicher: „Wir möchten dies Niki widmen, weil er von Anfang an ein wichtiger Teil der Reise war. Als wir uns vor sechs, sieben Jahren auf den Weg machten, wollten wir regelmäßig Rennen gewinnen und um die Meisterschaft kämpfen – nun feiern wir die sechste WM in Folge.“ Im Mercedes-Werk in Brackley können die Planungen für die Feier der Doppel-WM anlaufen. Hamiltons einziger verbliebener WM-Rivale heißt Bottas, baut der Brite in zwei Wochen in Mexiko seine Führung um 14 weitere Punkte aus, hätte er mit 34 Jahren seinen sechsten Fahrertitel unter Dach und Fach.

Lewis Hamilton ist der Machtfaktor

Bottas Triumph in Japan war der zwölfte Mercedes-Erfolg in 17 Großen Preisen – auch wenn Ferrari seit der Sommerpause die Lücke geschlossen hat und mit den Silberpfeilen auf Augenhöhe um Positionen und Punkte kämpft, so ist die Marke aus Stuttgart noch immer der Maßstab in der Formel 1. Auch weil sich die Konkurrenz mehr Fehler erlaubt. In Suzuka verschlief Vettel auf Position eins den Start, Bottas zog vorbei und gab die Führung nicht mehr her. Der entscheidende Machtfaktor von Mercedes heißt aber Hamilton, der sich unter der Politik der langen Leine von Teamchef Wolff abseits der Piste nach Herzenslust austoben kann – und trotzdem (oder gerade deshalb) im Zenit seines fahrerischen Könnens steht.

Was mit daran liegt, dass er inoffiziell den Nummer-eins-Status besitzt. Der Titelverteidiger knurrte in Japan zwar hörbar darüber, dass er die geplante Zwei-Stopp-Strategie einhalten und so seine Führung (und den möglichen Sieg) hergeben musste, dennoch beugte er sich dem Diktat der Strategie-Abteilung. Denn Hamilton hat Mercedes zu seinem Team gemacht, der erbitterte Krieg der Sterne mit Nico Rosberg ist nur noch eine Episode aus einer anderen Galaxie. Bottas darf zwar frei fahren und sogar gewinnen – käme es hart auf hart, so weiß der Finne, dass er zurückstecken müsste. Als pflegeleichter Kollege durfte der 30-Jährige den Vertrag bei Mercedes bis Ende 2020 verlängern.

Der Silberpfeil ist nicht das stärkste Auto

Weil das Technikreglement erst 2021 geändert wird, wird der Mercedes auch nächste Saison zu den Luxuskarossen zählen. Der Silberpfeil ist von der Leistung her nicht mehr das stärkste Auto, aber eines, das in allen Bereichen Stärken und kaum Schwächen hat. Das liegt an einer starken Basis, die weiterentwickelt wird. Updates und Upgrades folgen einem klaren Plan. „Jetzt ist der Titel fürs Team eingefahren, jetzt kann es um die Fahrer-WM gehen“, sagte Hamilton in Suzuka – und hat vielleicht sogar schon an Titel Nummer sieben gedacht. Denn die Nummer sechs hat er so gut wie sicher.