Vier Wochen ist Vikunja-Fohlen Cox inzwischen alt. Foto: Wilhelma Stuttgart / Inga Dauter

Der jüngste Nachwuchs der Wilhelma ist bereits auf den Beinen und erkundet das Außengehege: Cox ist ein junges Vikunjas, eine südamerikanische Kamelart.

Stuttgart - Mit warmer Wolle gegen kühles Winterwetter kam der jüngste Nachwuchs der Wilhelma auf die Welt. Seit Kurzem verstärkt ein junges Fohlen die drei Vikunjas des Zoologisch-Botanischen Gartens. Dies schrieb der Zoo in einer Pressemitteilung. Die Vikunjas sind eine Kamelart und stammen aus dem südamerikanischen Andenhochland. Das männliche Fohlen erhielt den Namen Cox. Er trägt wie seine Mutter Lima und Vater Casper das für die Tierart typische feine Fell. Diese Wolle schützt die kleinen Kamele nicht nur vor Kälte, sondern gilt auch als die seltenste und teuerste Faser der Welt.

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Vikunja-Stute Lima durfte ihr Jungtier im geschützten Stall zur Welt bringen. Dort haben die beiden die ersten Nächte verbracht, bevor auch die anderen Herdenmitglieder den Neuankömmling kennenlernen durften. Bei trockenem Wetter streift der vier Wochen alte Cox nun regelmäßig auf der Außenanlage umher und lässt sich die Wintersonne auf die Wolle scheinen.

In den 60ern beinah ausgerottet

In ihrer Heimat ziehen die Vikunjas durch karge Berglandschaften in bis zu 5500 Metern Höhe. Kühlen Temperaturen und eisigen Winden widerstehen sie dank ihres isolierenden Haarkleids. Schon bei den Inkas galt Kleidung aus Vikunja-Wolle als sehr wertvoll und war dem hohen Adel vorbehalten. Zu bestimmten Zeiten trieben sie die wild lebenden Herden zusammen, um die Tiere zu scheren und anschließend wieder freizulassen. Mit dem spanischen Kolonialismus begann im 16. Jahrhundert jedoch die gezielte Jagd, was den Bestand bis in die 1960er Jahre an den Rand der Ausrottung brachte.

Heute gibt es dank umfangreicher Schutzmaßnahmen wieder über 350.000 Vikunjas. Zudem sorgen auch Zoos und Tierparks für den Erhalt und die genetische Vielfalt dieser Tierart. Gemeinsam mit 80 anderen Einrichtungen beteiligt sich die Wilhelma am Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) für die Vikunjas, das seit 1985 geführt wird und die Grundlage für eine koordinierte, zooübergreifende Zucht bildet.

Nur 150 Gramm Wolle pro Schur

Viele der wild lebenden Kleinkamele tragen heute zum Lebensunterhalt der Menschen in den Anden bei, die die Wolle in der Tradition der Inkas alle zwei Jahre auf althergebrachte Weise gewinnen. Eine solche Schur ergibt pro Tier nur 150 Gramm nutzbare Fasern. Alpakas, die domestizierten Verwandten der wilden Vikunjas, bringen es dagegen auf etwa fünf Kilo. Da die Alpakas auf größtmöglichen Wollertrag gezüchtet wurden, müssen sie jedes Jahr geschoren werden.

Bei den Vikunjas mit ihrem feinen Haarkleid ist das dagegen nicht nötig. Sie haben einen ganz natürlichen Fellwechsel und tauschen jahreszeitlich bedingt Wintermantel gegen Sommerkleid. Von den isolierenden Eigenschaften der feinen Fasern profitieren schon die neugeborenen Fohlen. Sie müssen nicht nur von Anfang an der Herde über unwegsame Gebirgspfade folgen, sondern auch dem Frost trotzen können. „Die Jungtiere kommen bei den Vikunjas immer am Morgen oder Vormittag auf die Welt“, erklärt Tierpflegerin Karina Maurer. „So werden sie schnell von der Sonne gewärmt, denn die Mütter lecken ihre Fohlen nicht selbst trocken.“ Das ist für die Kleinen überlebenswichtig, damit sie ihre erste kalte Nacht überstehen.