Jan Dietze mag turbulente Nachtschichten an den Wochenenden. Tagsüber plaudert er gern mit seinen Kunden – und serviert ihnen Kaffee. Foto: Corinna Pehar

Das F+K Büdle an der Fritz-Elsas-Straße verkauft freitags und samstags noch bis 0 Uhr. Das Berliner Erfolgskonzept „Späti“ zündet in Stuttgart nicht so recht.

S-Mitte - Die „therapeutischen Gespräche“ ergäben sich von selbst, meint Jan Dietze. Er verkauft seinen Kunden seit 2017 Kaffee, „Kippen“ und „Süssis“ im F+K Büdle an der Fritz-Elsas-Straße. So verkünden es Aufkleber an einem Fenster des Kiosks. Er ist einem anderen Sticker zufolge außerdem auch kostenlose Therapiegespräche zuständig. „Wir haben viele Stammgäste, da redet man auch mal über den Arbeitsplatz oder über das, was gerade in der Familie passiert. Wir kennen uns eben inzwischen“, sagt Dietze.

Er arbeite am liebsten an Wochenenden nachts, sagt Dietze. Das F+K Büdle unweit des Clubs Freund & Kupferstecher hat seit Mai 2018 freitags und samstags bis 0 Uhr geöffnet. „Da ist am meisten los und ich bin ein Teil des Nachtlebens“, erzählt er.

Kunden kaufen „Wegbier“

Seit der Aufhebung des Alkoholverkaufsverbots nach 22 Uhr Ende 2017 können Clubbesucher sich bei ihm das eine oder andere „Wegbier“ kaufen. So bezeichnet der urbane Jargon die Flasche Bier, die im Schlendern auf dem Weg zum Club geleert wird. „Aber auch Kaugummis oder Zigaretten gehen nachts ziemlich gut. Eben alles, was die Leute so zum Feiern brauchen“, meint Dietze.

Das Konzept hinter dem F+K Büdle knüpft an ein Erfolgsmodell aus Berlin an. Zum Mythos Berlins als Metropole der Clubkultur gehören die bis tief in die Nacht geöffneten und liebevoll Spätis genannten Kioske. Sie sind gemütliche Anlaufstellen in den unterschiedlichen Phasen einer Clubnacht. Dort kaufen sich Clubgänger besagtes Wegbier am Abend und morgens bisweilen die Brötchen für das Katerfrühstück. Doch funktioniert so ein Konzept auch in einer Stadt, die kurz gesagt nicht Berlin ist?

Andere Kioske bleiben möglich

Felix Klenk von der Agentur Freund-K glaubte 2017 daran und auch heute hat er die Hoffnung nicht ganz aufgegeben. Er schließt nicht aus, dass dem F+K Büdle weitere Kioske an anderen Stellen in Stuttgart folgen werden. Er verhehlt allerdings seine Skepsis nicht. „Wir halten die Augen offen, aber es ist nicht einfach“, sagt Klenk.

Das F+ K-Büdle habe von der Aufhebung des nächtlichen Alkoholverkaufsverbots im Dezember 2017 profitiert, meint er. Als Teil einer Firma, zu der verschiedene gastronomische Betriebe gehören, sei es aber keine Gelddruckmaschine, verrät Klenk.

Lage ist geeignet

Zudem sei die Lage an der Fritz-Elsas-Straße in Stuttgart geeignet für eine Art von Stuttgarter Späti, erklärt Klenk. Er verweist auf die vielen Clubs in der Umgebung, die ohnehin Lärm verursachten. Mit speziellen Beschwerden über das Büdle sei deshalb nicht zu rechnen, meint er. „Im Stuttgarter Westen wäre das mit dem Büdle anders gelaufen“, ist Klenk überzeugt.

Das F+K Büdle habe sich bewährt, betont Klenk. Er verrät, welchen Nutzen das Büdle für den um die Ecke liegenden Club „Freund & Kupferstecher“ hat. „Es hilft uns, die Gäste früher zu uns locken, wenn sie beim Büdle noch ein Bier trinken können“, sagt Klenk. Da der Club erst um 23 Uhr öffne, das Kiosk aber bereits um Mitternacht schließe, sei auch das Risiko gering, dass sich Besucher des Clubs „Freund & Kupferstecher“ sich die ganze Nacht günstig beim Büdle mit Mate und Wodka oder anderen Getränken versorgen.

Kiosk ist keine Konkurrenz

Armin Dellnitz, Geschäftsführer der Stuttgart Marketing GmbH würde sich mehr Spätis in Stuttgart wünschen. Er befürworte alles, was die Stadt belebe , sagt er. Das Problem von Lärmbelästigung könne dadurch begegnet werden, dass solche Kioske alkoholische Getränke nicht rund um die Uhr verkaufen, schlägt er vor. „Vielleicht sollten Service und Alkohol getrennt werden“, sagt er.

Ob Spätis mit Sortiment nur für Nüchterne ihren Platz im Nachtleben finden, bleibt angesichts der Nachfrage nach Wegbier eine offene Frage.