Gudrun L. saß den ganzen Tag im Zug – nachts um 1.30 Uhr kommt sie müde mit Hund Henry am Bahnhof in Ludwigsburg an. Zwei Taxifahrer weigern sich jedoch, sie mitzunehmen.
Drei schöne Wochen auf einer Nordseeinsel liegen hinter Gudrun L. – doch sie regt sich immer noch über ihre „schreckliche“ Rückreise auf. Die 62-Jährige trat mit ihrem gutmütigen Beagle Henry um 6.45 Uhr morgens im hohen Norden bei Hamburg die Heimreise an. Da war die Welt noch in Ordnung.
Irgendwann begann das Pech: Einen Zug ereilt mitten auf der Strecke ein Defekt, beim nächsten war die Strecke gesperrt, Anschlüsse passen nicht – es wird 1.30 Uhr, bis Frauchen mit Henry am Bahnhof in Ludwigsburg eintrifft. Und dann geht gar nichts mehr: Der Nachtbus in Richtung Oststadt und Schlösslesfeld ist weg – und zwei Taxifahrer weigern sich, sie mit dem Hund mitzunehmen.
Die Fahrer seien ziemlich direkt gewesen: „Mit Hund? Nein!“, habe einer gesagt. Auch der zweite lehnte wegen des Hundes ab, ohne dies näher zu begründen. „Dabei waren beide Fahrzeuge Kombis, der Hund hätte also gar nicht im Fahrgastraum mitfahren müssen“, betont Gudrun L.
Der Frau ist beim Marsch durch die Stadt mulmig
Nach der Ablehnung blieb der Ludwigsburgerin nichts anderes übrig, als mit schwerer Tasche, Rucksack und der Hundeleine in der Hand mitten in der Nacht eine halbe Stunde zu ihrer Wohnung zu laufen – stets begleitet von einem mulmigen Gefühl im Nacken.
Um auf die Problematik aufmerksam zu machen, wende sie sich jetzt an die Öffentlichkeit: „Die Fahrer haben offenbar keinen Gedanken daran verschwendet, dass es nachts für eine Frau gerade im Bahnhofsviertel mit der Nähe zum berüchtigten Solitudeplatz gefährlich sein kann, alleine unterwegs zu sein – oder es war ihnen egal. Und Henry ist nicht die Art von Hund, der mich im Notfall verteidigen könnte.“
Tatsächlich sei der nächtliche Marsch für sie „extrem unangenehm und angsteinflößend“ gewesen, berichtet Gudrun L.: „Irgendwo hinter mir war ständig jemand, der rumkrakeelt hat.“ Dann wurde es noch bedrohlicher: „Auf Höhe des Arsenalplatzes hat es Schläge getan, als ob da jemand gegen Mülltonnen, Autos oder gegen was auch immer tritt.“ Das sei für sie auch deshalb schlimm gewesen, weil sie schlecht sehe, besonders bei Nacht. „Ich konnte nicht richtig einschätzen, wie weit diese Leute weg waren.“
Derartig im Stich gelassen zu werden, finde sie verantwortungslos, erzählt die Hundehalterin. „Ich war stinksauer.“ Ihr Beagle sei sehr freundlich und sammele unterwegs immer viele Sympathien. „Auch im Zug wurde ich mehrfach angesprochen, wie brav Henry ist.“
Betrunkene vom Wasen werden mitgenommen – sie nicht
Das Nein der Taxifahrer wirke auch deshalb absurd, weil die Taxis betrunkene Fahrgäste aufnahmen, die vom Stuttgarter Volksfest kamen. Gudrun L.: „Lieber lassen sie sich das Auto vollkotzen, als dass sie einen Hund aufnehmen. Dabei dürfen sie das gar nicht ohne guten Grund ablehnen.“
Gibt es eine Beförderungspflicht für Hunde in Taxis? Nein, sagt Ibrahim M., Geschäftsführer eines Ludwigsburger Taxi-Unternehmens. Er will ebenfalls nicht namentlich genannt werden, gibt aber seine Haltung wieder: „Die Fahrer sind nicht verpflichtet, Hunde mitzunehmen“, sagt der Chef und gibt an, es ins Ermessen seiner Mitarbeiter zu stellen, ob sie sich dazu bereit erklären. Hunde könnten mit ihren Haaren einen Wagen verschmutzen, Allergien auslösen oder plötzlich aufspringen und den Fahrer erschrecken, sodass es zu einem Unfall kommen könne.
Er verstehe, dass seine Fahrer unterschiedlich mit dem Thema umgehen. „Einige machen da sicher auch eine Ausnahme.“ Er selbst sei in seiner Kindheit von einem Hund gebissen worden. Aus diesem Grund gehe er vorsichtig mit solchen Anfragen um. Betrunkene müsse man auch nicht mitnehmen, erklärt Ibrahim M., und es komme öfter vor, dass Erbrochenes von einem Spezialunternehmen entfernt werden müsse. „Das kostet jedes Mal 120 Euro mit Desinfektion.“
Es gibt Ausnahmen von der Beförderungspflicht für Hunde
Was aber sagt das Gesetz zur Mitnahme von Hunden in Taxis? Hunde gelten gesetzlich als „Sachen” und unterliegen demnach – wie auch Gepäckstücke – der Beförderungspflicht, stellte das Amtsgericht Hamburg im Jahr 2014 fest. Das bedeutet, sie müssen im sogenannten Pflichtfahrgebiet des Taxis mitbefördert werden. Sonst drohen Bußgelder.
Verweigert werden darf die Mitnahme eines Hundes nur dann, wenn der Fahrer das Taxi nicht mehr sicher steuern kann – beispielsweise bei einer Tierhaarallergie oder wenn er Angst vor dem Hund hat, wie das Bayerische Landesgericht schon 1985 und das Oberlandesgericht in Hamm/Westfalen 1992 konstatiert hatten. Auf Sitzplätze darf das Tier wegen der Sicherheit nicht, es gehört in den Fußraum, stellte das Oberlandesgericht Düsseldorf im Jahr 2004 klar. Blindenhunde und andere Assistenzhunde müssen mitgenommen werden.
Sollte die Fahrt aus einem dieser genannten Gründe abgelehnt werden, muss der Fahrer bei der Zentrale einen geeigneten Ersatz anfordern. Wird dem nicht nachgekommen, drohen auch hier Bußgelder.