Die Fernsehköchin und Moderatorin des Abends Felicitas Then (vorne links) mit den Ausgezeichneten Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Die besten deutschen Küchenchefs haben sich nach zwei Jahren Pause bei der Gala wieder getroffen. Was sie umtreibt.

„Einen Stern, der deinen Namen trägt, den schenk ich dir heut’ Nacht“: Als die Band zu späterer Stunde den Hit von DJ Ötzi spielt, können viele Zuhörer sagen: „Danke, hab ich schon.“ Weit mehr als 100 Sterneköche haben sich am Montagabend bei der sechsten Nacht der Sterne im Mercedes-Museum versammelt. Seit 2012 organisiert die „Allgemeine Hotel- und Gaststättenzeitung“ (Ahgz) gemeinsam mit dem Burghotel Staufeneck in Salach diesen großen Branchentreff, der alle zwei Jahre parallel zur Fachmesse Intergastra stattfindet. Diese wurde für 2022 wegen Corona abgesagt, und die Sterne-Gala vom Februar in den Mai verlegt.

Das hat viele Gäste aus den Wintersportdestinationen gefreut. „Endlich mal wieder ein Anlass, um unbeschwert zusammenzukommen“, schwärmte eine Schweizerin. Sie seien das erste Mal überhaupt bei der Nacht der Sterne dabei, erzählte sie, denn ihr Mann habe als Küchenchef in einem Fünfsternehotel in Zermatt im Februar Hochsaison.

Ein Trio auf Rang eins

Das Programm im Atrium des Museums bildete den feierlichen Rahmen für die zweite Verleihung der Ahgz Sterne Awards. Für die Rangliste der besten Köche in Deutschland, Österreich und der Schweiz werden die wichtigsten Restaurantführer ausgewertet. In Deutschland landete diesmal ein Trio punktgleich auf Platz eins: die Schwarzwaldstube im Hotel Traube Tonbach in Baiersbronn mit Küchenchef Torsten Michel neben dem Aqua im The Ritz-Carlton Wolfsburg mit Küchenchef Sven Elverfeld sowie Victor’s Fine Dining by Christian Bau im Victor’s Residenz-Hotel Schloss Berg in Perl.

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Torsten Michel ist erst vor sechs Wochen mit seiner Schwarzwaldstube in den Neubau umgezogen. „Es fühlt sich gut an“, sagte der Dreisternekoch. „Wir sind gut gebucht. Das läuft.“ Auch Sven Elverfeld (ebenfalls drei Sterne) strahlte. Platz eins im Ranking sei für ihn ganz und gar nicht selbstverständlich „nach diesen zwei schwierigen Jahren“. Besonders stolz sei er, dass sein gesamtes Team bei ihm geblieben ist und er zwei neue Mitarbeiter einstellen konnte. Auch das sei nicht selbstverständlich, schließlich sei Wolfsburg keine Großstadt. „Aber ich wollte in Berlin oder Hamburg gar nicht leben. Ich bin lieber nah an der Natur.“

Goldberg siegt in der Region

Apropos: Als bestes Restaurant im Ranking aus der Region schaffte es das Goldberg aus Fellbach mit dem scheidenden Küchenchef Philipp Kovacs auf Platz 50. Bester Koch aus Stuttgart ist Stefan Gschwendtner von der Speisemeisterei auf Rang 95. Außer Konkurrenz an diesem Abend (sonst auf Platz 70): Spitzenkoch Rolf Straubinger vom neuen Fine Dining RS auf Burg Staufeneck, der mit seinem Team die mehr als 800 Gäste aufs Feinste verköstigte, mit vegetarischen Gerichten wie falscher Tomate aus Burrata, aber auch mit Sauerbraten und Spätzle. „Wir schießen aus allen Löchern“: Damit meinte Straubinger den „Riesenstau“, den es auf Burg Staufeneck allein bei den Hochzeiten gebe. „Unsere größte Sorge ist, ob wir auch genügend Manpower haben.“

Damit war er sich mit der großen Mehrheit der Kollegen einig. Michael Huppert vom Hupperts in Stuttgart hat seine fünf Mitarbeiter halten können, aber er betonte: „Die muss man hegen und pflegen.“ Franz Feckl vom Landhaus Feckl in Ehningen hat jetzt zwei Spanier im Service eingestellt und seine Fühler nach Polen und Rumänien ausgestreckt. Auch in der Küche bräuchte er dringend mehr Hände, sagte er. Die Frage von Bekannten, warum er sich diesen Stress überhaupt noch antue, kontere er so: „Ich will doch nicht nur Fliegenfischen.“

Höhere Preise am Wochenende?

Die Liebe zum Gastgeben wieder ausleben zu können, davon schwärmten alle. Sternekoch Joannis Malathounis und seine Frau Anna aus Kernen-Stetten versicherten auch noch nach 29 Jahren in der Selbstständigkeit: „Wir machen das für uns, weil’s Spaß macht.“ Bernd Bachofer vom Bachofer in Waiblingen hat die Körbe wieder in den Keller gebracht und möchte sie so schnell nicht mehr hervorholen, auch wenn die Kochboxen während Corona sehr gut liefen. „Mir ist die Präsenz lieber.“

Ein Gastronom aus Mannheim erzählte, dass in der Branche die Idee kursiere, an den Wochenenden höhere Preise zu nehmen. So könnte man dafür sorgen, dass die Plätze in den Restaurants auch unter der Woche belegt seien, nach dem Motto: Wenn es samstags teurer ist, dann geh ich eben am Mittwoch essen. Dass diese Idee sich auch in Stuttgart umsetzen lasse, das bezweifeln nicht nur Ferdinand und Maximilian Trautwein von der Linde in Möhringen: „Das geht gar nicht.“

Angesichts einer Kostenexplosion im Gastgewerbe, wie es sie laut dem renommierten Hotelier Thomas Althoff „seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben hat“, dürfte sich noch so manches in der Branche ändern, was heute undenkbar scheint. Sebastian Finkbeiner, der Juniorchef im Hotel Traube Tonbach, gab die Devise des Abends aus mit dem berühmten Zitat: „Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.“