Seine Rockdiskothek Belinda hat die kulturelle Entwicklung in und um Sulzbach beeinflusst: Ihr einstiger Inhaber Georg Neumann, hier eine Aufnahme von 2013, ist tot. Foto: Edgar Layher

Georg Neumann, langjähriger Wirt der kultigen Rock-Disko Belinda in Sulzbach, ist mit 69 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben.

Die Trauer unter all jenen, die Georg Neumann gekannt haben, ist groß. Am Montag ist der langjährige Wirt und Inhaber der legendären Rock-Disko Belinda in Sulzbach im Alter von 69 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben. Georg Neumann, der zweimal verheiratet war, hinterlässt zwei erwachsene Kinder.

„Er war ein herzensguter, liebenswerter Mensch mit einem weichen Herzen“, sagt Markus Stricker. Der Sänger der Band Wendrsonn hat Mitte der 80er-Jahre, „als jonger Kerle“ als Discjockey im Belinda angefangen und 18 Jahre in der Kult-Disko aufgelegt. Markus Stricker erzählt, wie sie damals im Belinda für ein Kinderheim in Rumänien gesammelt haben. „Und er hat auch in Sulzbach viele soziale Projekte unterstützt.“ Als Mensch sei Georg Neumann, dessen Eltern das Belinda im Jahr 1970 eröffnet hatten, bodenständig und im Ort verwurzelt gewesen. „Aber natürlich war das Belinda damals auch sehr rebellisch. Dort hat sich eine bunte offene Gesellschaft getroffen.“ Anfangs habe es durchaus Ressentiments im Ort gegeben. „Aber das hat sich bald gelegt“, sagt Stricker.

Status Quo und Roger Chapman waren hier

Neben Motorrädern – Georg Neumann war erfolgreicher Seitenwagenfahrer, sein Sohn Markus fuhr später sogar um die Weltmeisterschaft mit – hat der legendäre Belinda-Wirt die Musik geliebt. Gerne und oft erinnert sich Markus Stricker an die zweitägigen Open-Air-Konzerte in der Froschgrube, bei denen so bekannte Künstler wie Meat Loaf, Status Quo oder Roger Chapman auftraten. „Das Belinda war damals für die kulturelle Entwicklung unserer Gegend maßgeblich“, sagt Markus Stricker. In ganz Deutschland sei damals Discomusik gelaufen, während im Belinda die härteren Rocksongs auf dem Plattenteller lagen. „Ich bin sicher, dass hier bei uns eine komplette Generation durch das Belinda geprägt wurde.“ Das Belinda sei eine Institution gewesen und nicht nur für ihn eine zweite Heimat, sagt Stricker. Und er sei Georg Neumann immer dankbar dafür gewesen, dass er ihm die Chance gegeben habe, als DJ zu arbeiten. „Es war die beste Zeit meines Lebens, und das lag vor allem auch an Georg, weil er so eine gute Seele hatte. Wir waren wie eine riesengroße Familie.“

Georg Neumann sei ein sehr feinfühliger Mensch gewesen, sagt der Fotograf Lutz Schelhorn, der rund 30 Jahre mit Georg Neumann befreundet war. „Er war einer der wenigen, der immer da war, wenn es mir schlecht ging.“ Für ihn kommt der Tod seines Freundes, trotz dessen schwerer Krankheit, überraschend. „Noch vor wenigen Wochen hat er sein Fahrrad herrichten lassen und mich nach einer Kamera gefragt.“ Noch am Sonntag hätten sie telefoniert und überlegt, wie Georg Neumann, der zuletzt in Fellbach gelebt hat, zu ihm an seinen neuen Wohnsitz ins Jagsttal kommen könne. „Mit den Öffentlichen ist das nicht so einfach, und er meinte noch, er wolle im Frühjahr nach einem Auto gucken“, sagt Schelhorn. Trotz seiner Krankheit habe Georg Neumann viel unternommen und regelmäßig in einem Fitnessstudio trainiert. „Er hat versucht, sich fit zu halten. Er hat sich nicht unterkriegen lassen.“

Anfang 2015 musste Neumann die Diskothek verkaufen

Auch nicht, als er die Diskothek die er 1986 von seinen Eltern übernommen hatte, in Schieflage geriet. 2015 dann musste er das Belinda – und das benachbarte Brauhaus – verkaufen. Anfangs arbeiteten er und der neue Besitzer Andreas Walz, der jüngere Bruder des mittlerweile verstorbenen Starfriseurs Udo Walz aus Waiblingen, noch zusammen. Doch schon bald kam es zwischen den Männern zu Unstimmigkeiten. Am Ende hatte Georg Neumann in seinem Belinda sogar Hausverbot. „Sein Umzug damals von Sulzbach nach Fellbach war schon auch eine Art Flucht“, sagt Lutz Schelhorn. Das Belinda sei durch und durch „sein Baby“ gewesen. „Georg hat mit dem Belinda Geschichte geschrieben. Er hat sehr viel für die damals junge Generation getan, mit sehr viel Engagement, ohne dass er dabei reich geworden wäre und reich werden wollte.“

Dass die Kult-Diskothek 2017 mit der Genossenschaft „Begegnungs- und Kulturzentrum Sulzbach, Akzente UG“ um den Diakon Willi Beck neue Besitzer fand, hat Georg Neumann gefreut. Das Belinda, mittlerweile 52 Jahre alt, sei das Lebenswerk von Georg Neumann, bestätigt Beck. Und sie fragten ihn um Rat, als es um die Neuausrichtung ging. „Unsere Türen waren offen. Er war sehr kooperativ und auch dankbar dafür, dass das Belinda in gute Hände kam und er nicht mit angucken muss, wie alles verkommt. Und wir wollten ihm das Belinda nicht entfremden.“ Georg Neumann habe vom „neuen Geist gesprochen, der dem entspreche, was sein Herzschlag ist“, sagt Willi Beck.

Kein gebrochener Mann

Georg Neumann sei kein gebrochener Mann gewesen, erzählt Lutz Schelhorn. „Er hat sich weiterentwickelt, mit sehr viel Elan und innerer Größe.“ Und dass so viele Menschen um ihn trauerten, zeige, dass er in seinem Leben viel richtig gemacht habe.