Per Rad zur Arbeit ist in allen Branchen eine Option. Foto: stock.adobe.com

Im Zuge eines Nachhaltigkeitsprojektes hat ein Arbeitskreis der N!-Region Bad Boll Alltagsrouten für Radfahrer erarbeitet. Dazu muss nicht einmal neu gebaut werden.

Kreis Göppingen - Die sechs Gemeinden des Verwaltungsverbandes Raum Bad Boll haben sich zu einer interkommunalen Nachhaltigkeitsregion („N!-Region“) zusammengeschlossen. Mit gemeinsamen Projekten wollen sie dazu beitragen, dass Ressourcen nicht unnötig verschwendet werden und die Umwelt geschont wird. Mit einer Aktion, die Pendler verstärkt aufs Fahrrad bringen soll, prescht nun der Arbeitskreis Rad- und Fußwegekonzepte vor. Den Verzicht auf das Auto wollen dessen Mitglieder aber nicht mit Gesundheitsargumenten und erhobenem Zeigefinger propagieren. Vielmehr setzen sie ganz handfest auf Karten, auf denen die besten Routen zu den Arbeitsplätzen im Verbandsgebiet und in der Umgebung verzeichnet sind. 40 dieser sogenannten Alltagsstrecken sollen am Schluss auf der Homepage der N!-Region zu finden sein.

Die Aufgabe hat dem Arbeitskreis, der aus mehreren Bürgern und dem projektverantwortlichen Dürnauer Bürgermeister Markus Wagner besteht, indirekt das Statistische Landesamt diktiert. Denn nach einer Erhebung der Behörde könnten mehr als 50 Prozent der Pendler aus dem Verbandsgebiet – dazu gehören Aichelberg, Bad Boll, Dürnau, Gammelshausen, Hattenhofen und Zell – zumindest hin und wieder auf das Fahrrad umsteigen, weil sie nur relativ kurze Strecken zu ihrem Arbeitsplatz und zurück fahren müssen. In absoluten Zahlen seien das knapp 5230 Menschen, die eventuell für einen Umstieg vom Auto auf das Fahrrad gewonnen werden könnten.

Elf von 40 Routen sind bereits ausgetüftelt

Also machte sich der Arbeitskreis ans Werk, vor allem aber Bernd Haller, der sich als begeisterter Wanderer bestens mit Landkarten auskennt. Als Grundlage verwendete er Kartenmaterial aus dem Internet, das frei zugänglich ist. Dann fing er in zäher Kleinarbeit an, zunächst für die Strecken, auf denen die meisten Pendler unterwegs sind, sogenannte „N-Alltagsradtouren“ auszutüfteln. Von den geplanten 40 hat er mittlerweile elf geschafft. Sie alle führen nach Göppingen, wo knapp die Hälfte der Pendler arbeitet. Die Routen sind auf der Homepage der N!-Region Gemeindeverwaltungsverband Raum Bad Boll zu finden.

Peu à peu sollen die restlichen Routen ergänzt und in das vorhandene Kartenmaterial eingezeichnet werden. Ferner ist geplant, alle diese Karten als PDF-Dateien einzustellen, so dass sie auf das Smartphone heruntergeladen werden können. Von der ursprünglichen Idee, alle Routen zu drucken, ist der Arbeitskreis abgekommen. „Das wäre ein zu dicker Packen geworden“, erläutert Bernd Haller.

Befestigte Wege, weitgehend abseits großer Straßen

Wichtig ist dem Arbeitskreis, dass die Wege für die Alltagsradtouren befestigt und weitgehend abseits der großen Straßen liegen. Bestehende Feldwege oder Wanderwege böten ein ausreichendes Netz, sagt Kurt Ulmer, der auch im Arbeitskreis mitwirkt. Der passionierte Radler findet es gut, wenn nicht noch mehr Landschaft zugepflastert wird, auch nicht für Radwege. Für alle Fälle hat Bernd Haller auf den Karten auch die Bushaltestellen entlang der Strecken eingezeichnet. Das ist hilfreich, wenn jemand nur eine Strecke fahren möchte – oder aber wenn man einen Platten hat.

Ob viele Pendler auf das Rad umsteigen? Wagner glaubt nicht, dass die Mehrzahl der in Frage kommenden Berufstätigen zu gewinnen ist, und Ulmer merkt an, dass Radfahren letztlich eine Überzeugungssache sei. Es sei aber schon ein Erfolg, wenn einige Leute mitmachten, und wenn es nur den Sommer über oder für ein paar Fahrten in der Woche sei.

Projekt „Stadtradeln“ bietet Möglichkeit zum Ausprobieren

Für wichtig hält es Wagner, die Menschen über das Projekt zu informieren. Deshalb will er, wo immer möglich, die Werbetrommel dafür rühren und die Öffentlichkeit auf die „N-Alltagsradkarten“ aufmerksam machen. „Ich könnte mir vorstellen, dass man immer wieder eine der Routen in den Amtsblättern vorstellt und bei Gemeindefesten darüber informiert“, sagt er. Außerdem ist er im Moment dabei, den Verwaltungsverband geschlossen für das Stadtradeln anzumelden. „Dann können die Leute drei Wochen lang testen, wie es ist, das Auto stehen zu lassen und das Fahrrad zu nehmen.“

Das Stadtradeln ist ein bundesweiter Wettbewerb, bei dem Radfahrer ihre auf dem Fahrrad zurückgelegten Strecken online dokumentieren. Dabei sammeln sie klimaneutrale Kilometer, die sie sonst motorisiert zurückgelegt hätten.

Konzept mit Zielen und konkreten Projekten

Um auch in Zukunft gut leben zu können, haben sich die sechs Gemeinden Aichelberg, Bad Boll, Dürnau, Gammelshausen, Hattenhofen und Zell zu einer Nachhaltigkeitsregion Raum Bad Boll zusammengeschlossen. Mittlerweile liegt ein entsprechendes Konzept mit Zielen und konkreten Projekten, der sogenannte N-Plan, vor. Er wurde von der Verbandsversammlung gebilligt und zur Umsetzung empfohlen.

Das Entwicklungskonzept für die N!-Region Gemeindeverwaltungsverband Raum Bad Boll hat ein Nachhaltigkeitsbeirat erarbeitet, dem Bürger und Bürgermeister der sechs Verbandsgemeinden angehören. Der Beirat ist der erste seiner Art in Baden-Württemberg. In keinem anderen regionalen Verwaltungsverband und in keiner anderen Kommune dieser Größe ist sonst ein solches Gremium tätig.