Nachhaltigkeit wird im Kulturbereich ein immer wichtigeres Thema. Vor allem für Museen stellen sich viele Fragen. Wie reagieren die Verantwortlichen?
Diese Aussage ist eine Ansage: „Der Klimaschutz“, so Arne Braun (Grüne), Kunststaatssekretär des Landes Baden-Württemberg, „gehört in die Mitte der Gesellschaft, deshalb gehen wir mit den Kultureinrichtungen des Landes voran.“ Vor allem die Museen hat das Land im Blick. Wie aber wird aus einer politischen Ansage eine auf das jeweilige Haus abgestimmte Strategie? Wir haben uns umgehört.
Das Museumsflaggschiff des Landes an der Kulturmeile sieht sich beim Thema Nachhaltigkeit in voller Fahrt. „Management, Wärme, Strom, Wasser, Mobilität, Abfall und Gebäude“ seien die zentralen Handlungsfelder. „Wir haben“, sagt der Kaufmännische Geschäftsführer Dirk Rieker, „die komplette Beleuchtung auf LED-Lampen umgestellt. Zudem werden während der Heizperiode die Temperaturen in den Büros auf konstant 19 Grad abgesenkt, und in allen Verkehrsflächen und Nasszellen wird die Heizung komplett abgestellt.“
Seit 2021 laufen in der Staatsgalerie alle Themenfäden bei Konstantin Lom zusammen. „Ein fester und hauptverantwortlicher Mitarbeiter“, sagt Dirk Rieker, „ist in diesem Prozess – von der Analyse, der Überwachung, der Realisierung bis hin zum Nachbessern und zur internen Kommunikation, um unser Personal in die Aktivitäten einzubinden – schlicht unabdingbar.“ In jeder Stellen- und Aufgabenbeschreibung sei zudem automatisch „ein gewisser Stundenanteil für das Energie- und Umweltmanagement verankert“.
Landesmuseum Württemberg
2023 soll auch im Landesmuseum Württemberg im Alten Schloss in Stuttgart das Nachhaltigkeitsmanagement mit einer Personalstelle verankert sein. Ebenso wichtig wie die energetischen Fragen sei jedoch das Thema soziale Nachhaltigkeit. Sprecherin Ulrike Reimann verweist auf die Sonderschau „Museum in Bewegung“ im Museum der Alltagskultur in Waldenbuch 2021. „Neben ökologischen und ökonomischen Aspekten der Ausstellungsgestaltung, Objektbewahrung und des Museumsdepots“, so Reimann, „ging es auch um Fragen der sozialen Nachhaltigkeit und gesellschaftlichen Relevanz, wie den Abbau von Zugangsbarrieren, aber auch um neue Möglichkeiten zur Teilhabe und die Frage: Welche Gruppen werden wie durch die Sammlung repräsentiert oder nicht?“.
Kunsthalle Karlsruhe
„Nachhaltigkeit“, sagt Florian Trott, Kaufmännischer Geschäftsführer der Kunsthalle Karlsruhe, „begreifen wir als Teil eines Changemanagement-Prozesses, bei dem auch Einstellungen, Verhaltensweisen und Arbeitsprozesse im Team hinterfragt und verändert werden.“
Doch „Green Culture“ könnte noch mehr bedeuten: „Hierzu ist meines Erachtens nicht nur die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnis der Museen untereinander notwendig“, so Florian Trott, „sondern auch eine Akzeptanz des Publikums, dass sich der Museumsbesuch in den kommenden Jahren verändern wird.“
Zeppelin Museum Friedrichshafen
Für Claudia Emmert, Direktorin des Zeppelin Museums in Friedrichshafen, ist Nachhaltigkeit „das ganz zentrale Thema“. Emmert verweist auf die kommende Ausstellung „Into the Deep. Minen der Zukunft“. „Es geht“, sagt Emmert, „um Ressourcen in der Tiefsee und im Weltraum und um die Frage, wie wir mit immer schwieriger zu gewinnenden Rohstoffen umgehen wollen: ständig neue Quellen suchen oder die vorhandenen Rohstoffe in Kreisläufe einbringen?“.
Seit Ende 2021 wirkt die Museumsmitarbeiterin Frauke Stengel als „Transformationsmanagerin Nachhaltige Kultur“. Die Praxisnähe formuliert die Direktorin selbst: „Wir wollen“, sagt Claudia Emmert, „Zukunftsängste nehmen und zeigen, dass nachhaltiges Leben und Handeln auch Spaß machen und durchaus befreiend wirken kann.“
Kunstmuseum Stuttgart
Im Kunstmuseum Stuttgart am Schlossplatz ist Sabine Gruber für das Thema Nachhaltigkeit verantwortlich. „Kurzfristig“, sagt die stellvertretende Leiterin des Hauses, „setzen wir, soweit das auf Grund unserer Infra- und Gebäudestruktur möglich ist, die von der Landeshauptstadt Stuttgart vorgegebenen Maßnahmen zum Energiesparen um“. Und ergänzt: „In diesem Winter geht es darum, 20 Prozent Energie einzusparen“. Raumtemperaturen und Beleuchtung sind gesenkt, von 1. Januar an werden die Öffnungszeiten um täglich eine Stunde reduziert (Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 und Freitag 10 bis 20 Uhr) – „Maßnahmen“, so Gruber, „die schnell Wirkung zeigen“.
Haus der Geschichte
Energetischer Effizienz in allen Bereichen sieht man sich auch im Haus der Geschichte Baden-Württemberg in Stuttgart verpflichtet. Nachhaltigkeit soll 2023 zudem Thema der Dauerausstellung werden. „Die Debatte über die Herausforderungen des Klimaschutzes“, sagt Direktorin Paula Lutum-Lenger, „erhält seit Ende 2018 neue Impulse durch Fridays for Future“. Am Beispiel von Konstanz werde gezeigt, „wie innerhalb weniger Monate aus ersten Verabredungen einiger Schüler*innen überall im Land organisierte Gruppen und anerkannte Gesprächspartner der Politik im Südwesten werden“.
Es bewegt sich viel in den Museen. Und so könnten sie, eben noch als Problem eingestuft, bald schon Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit sein.
Was das Land macht
Zieljahr 2030
Das Land Baden-Württemberg hat sich verpflichtet, die Landesverwaltung bis zum Jahr 2030 nettotreibhausgasneutral zu organisieren. Leitlinien Der am 22. Juli 2022 durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst veröffentlichte Leitfaden ,Green Culture’ enthält konkrete Handlungsanleitungen zum Klimaschutz für die staatlichen Kultureinrichtungen. Unter anderem sind alle staatlichen Kultureinrichtungen aufgefordert, Ansprechpartner auf Leitungsebene für Green Culture zu benennen, regelmäßige CO2-Bilanzen zu erstellen und eigene Klimaschutzkonzepte zu entwickeln. Anforderungen Im Zuge der Energiekrise wurden die Museen beziehungsweise die gesamte Landesverwaltung zudem aufgefordert, 20 Prozent Energie einzusparen. Die Landesstelle für Museen bietet darüber hinaus über die im Mai 2022 gegründete Museumsakademie unter anderem Weiterbildung im Bereich Nachhaltigkeit für Museen an.