Die Böden auf der Filderebene sind besonders fruchtbar. Foto: Frank Wahlenmaier

Nachhaltigkeit, Umwelt- und Artenschutz sind in aller Munde. Landwirte sollen ihre Anbaumethoden deswegen reformieren. Was sich ändern wird und wie die Bauern auf den Fildern damit umgehen.

Mit der Änderung des Naturschutzgesetzes und des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes vor etwa zwei Jahren ebnete die Landesregierung den Weg zur Stärkung der Biodiversität – und somit zu mehr Schutz der Artenvielfalt im Ländle. Einer der Kernpunkte ist die Reduzierung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln um bis zu 50 Prozent bis 2030, um etwa Insekten und Mikroben zu schützen, da diese essenziell für fruchtbare und ertragreiche Anbauböden sind. Damit möchte das Landesparlament den Bauern in der Region eine Vorwärtsstrategie bieten und die nachhaltige Landwirtschaft ankurbeln.

Das Ziel: Dünge- und Pflanzenschutzmittel reduzieren Was regenerative Landwirtschaft bedeutet? „Dafür gibt es keine einschlägige Definition“, sagt Kurt Möller vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum im oberfränkischen Forchheim, der dazu kürzlich bei einer Infoveranstaltung des Esslingen Landwirtschaftsamtes in Filderstadt-Sielmingen informiert hat. „Das oberste Ziel ist es, Betriebsmittel wie Dünge- und Pflanzenschutzmittel zu reduzieren, Zwischenfruchtanbau einzuplanen und den Humusgehalt im Boden zu erhöhen.“ Nicht selten stand die Landwirtschaft in jüngster Vergangenheit unter anderem wegen der Nutzung dieser Mittel oder zu hohem Nitritgehalt im Grundwasser in Kritik. Laut einem Bericht des Weltklimarates (IPCC) verursacht die Landwirtschaft etwa 25 Prozent der menschengemachten Treibhausgase. Der Weltklimarat gibt aber mitnichten den Landwirten die Schuld daran, sondern eher der falschen Agrarpolitik, die in vielen Ländern betrieben wird.

Kurt Möller schlägt eine Verbesserung durch ein „zukunftsfähiges Leitbild der Bewirtschaftung des Ackerbaus“ durch die Politik vor. „Wir müssen es wieder schaffen, in der Gesellschaft ein akzeptiertes Bild der Landwirtschaft zu projizieren, um somit wieder unter die Wahrnehmungsgrenze zu kommen“, sagt er. Soll heißen, dass es sich bei der Agrikultur fast so wie bei einem guten Schiedsrichter verhält. Wird er nicht wahrgenommen, hat er seine Arbeit hervorragend gemacht.

Die Vorteile dieser Landwirtschaft Aber um Vorgaben und Regularien auch umzusetzen, bedarf es Beratung, die die Landwirte in Anspruch nehmen können. „Meines Erachtens nach werden Bauern mehr kontrolliert, anstatt, dass man sie berät und aufklärt“, gibt Möller zu bedenken. Bei der Veranstaltung in Sielmingen präsentierte er die Ergebnisse einer Studie, die sich mit der regenerativen Landwirtschaft befasst hat. Vier landwirtschaftliche Betriebe aus dem Kraichgau und einer im Süden des Landes wurden beobachtet, die nachhaltig und regenerativ anbauen. Die Ergebnisse wurden analysiert. Möllers Fazit: „Wir konnten ein besseres Bodengefüge und ein höheres Bodenleben feststellen.” Eher ernüchternd hingegen sei die Erkenntnis, dass der Humusgehalt – entgegen der Erwartung – geringfügig gestiegen ist. „Ein erhöhter Humusgehalt im Boden, so die Theorie, hilft mehr Wasser zu speichern“, sagt Kurt Möller. Die Erträge der vier Betriebe seien im Vergleich zur herkömmlichen Landwirtschaft nicht signifikant gestiegen.

Worin liegt dann aber der Reiz, sich dieser Form von Landwirtschaft zu verschreiben? Immerhin könnte man meinen, dass mit der Reduzierung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln die konventionelle Handarbeit auf den Äckern Mehrkosten für die Bauern mit sich bringt, da mehr Personal benötigt wird. „Auf der einen Seite trifft das zu, wenn man diese Form von Landwirtschaft konsequent durchführt, auf der anderen Seite wird aber Geld gespart, das ich für Pestizide oder Dünger ausgeben würde“, sagt der Experte.

Erfahrungen aus Musberg Ein Landwirt, der schon seit geraumer Zeit regenerative Landwirtschaft betreibt, ist Frank Stäbler aus Musberg. „Seit Jahren arbeiten wir mit Zwischenfruchtanbau und Kulturschutznetzen“, berichtete er. Erstere Methode erhöht vor allem den Humusgehalt im Boden und konserviert wichtige Nährstoffe. Kulturschutznetze halten lästige Insekten wie die Weiße Fliege fern, die sich an Stäblers Rosenkohl unerlaubterweise laben möchte, und verringert somit den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln. „Doch überall können wir diese regenerativen Methoden zu 100 Prozent noch nicht anwenden“, gibt Stäbler zu.

Zerstörung fruchtbarer Böden

Ackerflächen
Während die Weltbevölkerung rasant wächst – bis 2050 könnten rund zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben –, wird die weltweite Fläche, auf der Nahrung, Futtermittel und nachwachsende Rohstoffe gedeihen, immer kleiner. Jedes Jahr gehen durch falsche Nutzung rund 224 Milliarden Tonnen fruchtbarer Boden verloren. Nach Angaben der Vereinten Nationen wird „alle fünf Sekunden das Äquivalent eines Fußballfeldes des Erde abgetragen“. Allein in Deutschland werden pro Tag mehr als 70 Hektar mit Fabrikhallen, Häusern und Straßen zugepflastert. Das sind mehr als 100 Fußballfelder.

Degradation
Laut UN sind bereits mehr als 33 Prozent der Böden der Erde degradiert. 90 Prozent könnten sich bis 2050 verschlechtern. Damit ist Folgendes gemeint: Die Verschlechterung der Bodeneigenschaften durch Erosion oder trockene Sommer ist ein natürlicher geologischer Vorgang. Doch durch Überweidung, Entwaldung, Intensiv-Landwirtschaft sowie Straßen- und Siedlungsbau wird dieser Prozess so stark beschleunigt, dass unsere Lebensgrundlage ernsthaft in Gefahr gerät. red