Sieht romantisch aus, ist aber nicht nachhaltig (Symbolfoto). Foto: imago images/Westend61/gpointstudio, via www.imago-images.de

Den Liebsten zum Valentinstag einen Strauß zu schenken, ist zwar gut gemeint, aber in vielen Fällen nicht gut gemacht. Warum man besser im Sommer Rosen schenkt und was es mit der Slowflower-Bewegung auf sich hat.

In Caroline Wolfs kleinem Laden in Bad Boll riecht es wie in einem Blumenladen. Und das, obwohl sie Anfang Februar keine einzige frische Blume verkauft. Dafür hängen getrocknete Blumen, Gräser und Kräuter büschelweise von den Wänden und liegen in Kisten entlang der Fensterfront. Im Holzofen prasselt ein Feuer, auf dem Tisch liegt ein Gesteck aus Moos, Efeu und getrockneten Samenständen für eine Beerdigung. Verlässt man das Werkstatthaus und folgt dem unbefahrenen Gleis, das wenige Meter von ihrem Haus entfernt verläuft, stößt man auf ein 1300 Quadratmeter großes Stück Land.

Workshops zur Aufklärung

Jetzt im Winter wächst in den kleinen Beeten nichts, die trockenen Stauden stehen noch als Behausung für die Insekten. Im Sommer sammeln hier Junggesellinnen und Kinder Blüten für Blumenhaarkränze und Naturwebrahmen. Die Workshops sind für Caroline Wolf eine Möglichkeit, ohne den erhobenen Zeigefinger über nachhaltigen Schnittblumenanbau aufzuklären. „Wenn hier zwei rausgehen und ein Umdenken stattgefunden hat, ist das schon super“, sagt Wolf. Seit 2020 ist die gelernte Schauwerbegestalterin Mitglied der Slowflower-Bewegung.

Schnittblumen sind zur Massenware geworden

Dahinter steckt ein Verein, der sich für Regionalität, Saisonalität und Nachhaltigkeit im Schnittblumenanbau einsetzt. In Baden-Württemberg gibt es bislang 17 Mitglieder, in Deutschland, der Schweiz und Österreich sind es insgesamt über 208 Mitglieder. Wirtschaften im Kreislauf, keine Pestizide, ausschließlich organisches Düngematerial, nachhaltig produziertes Saatgut, kein Einmalplastik, keine Steckmasse: Die Mitglieder reagieren mit ihren Leitlinien auf Produktionsbedingungen, die vielen Menschen nicht bewusst sind. Schnittblumen sind zur Massenware geworden, die größtenteils einen weiten Weg hinter sich hat, unter fragwürdigen Arbeitsbedingungen angebaut und mit Pestiziden behandelt wurden.

Zu den wichtigsten Exporteuren gehören laut Öko-fair, einem Informationsangebot der Verbraucher Initiative e.V., Ecuador und Kenia. Der größte Teil der in Deutschland verkauften Blumen kommt jedoch aus den Niederlanden. Aber auch das Nachbarland bezieht einen Teil der Blumen aus Afrika und Lateinamerika und verkauft diese dann weiter.

Die schlechte Klimabilanz der Flugrosen

Das Problem sind nicht nur die weiten Transportwege, sondern auch die niedrigen Löhne und der hohe Einsatz von giftigen Pflanzenschutzmitteln, vor denen die Arbeiterinnen und Arbeiter nicht geschützt sind. Öko-Test hat die Sträuße verschiedener Anbieter getestet. Das Ergebnis: Kein einziger Strauß wurde nicht mit Pestiziden behandelt, jeder dritte Strauß wurde mit einer zweistelligen Zahl von Spritzmitteln besprüht. Einige der Spritzgifte sind in Europa nicht zugelassen und wurden von Öko-Test als gesundheitlich bedenklich eingeordnet.

Zehn Rosen für knapp drei Euro

Die Slowflower-Bewegung will dagegen dem Rhythmus der Natur folgen: „Wir möchten Blumen und die Menschen, die mit ihnen arbeiten, wieder wahrnehmen und wertschätzen“, heißt es auf der Webseite des Vereins. Über 90 Prozent der Schnittblumen kämen aus dem Ausland, den Grund dafür sieht Slowflower e.V. in dem verschärften Preisdruck. Zehn Rosen für 2,99 Euro bei Aldi Süd- haben sich die Menschen an die günstigen Preise gewöhnt? Caroline Wolf erzählt, es sei teils schwierig, den Menschen zu erklären, warum es bei ihr etwas teurer sei. Der Grund sei der Mehraufwand. „Im Frühjahr sammle ich abends zwei Stunden lang Schnecken.“

Saisonalität, Regionalität und das Verzicht üben

Sei es Slow Food, Slow Fashion oder Slow Tourism: Der Trend geht überall zu mehr Nachhaltigkeit und mehr Achtsamkeit, sei es beim Essen, bei der Mode oder beim Tourismus. Warum lässt sich dieses Umdenken nicht auch beim Kauf von Blumensträußen beobachten? Caroline Wolf glaubt, es liegt auch daran, dass man Blumen nicht isst. „Es geht meistens darum, was tu ich meinem Körper an und nicht, was tu ich meiner Umwelt an.“ Sobald es in ihrem Garten wieder blüht, werden die ersten telefonischen Bestellungen eingehen. Caroline Wolf erntet die Blumen dann frisch, damit sie abends keine wegschmeißen muss.

Wer trotzdem gerne Blumen verschenken möchte, dem empfiehlt Caroline Wolf, auf Regionalität und Saisonalität zu achten. Auf Wochenmärkten würden häufig Blumen aus der Region verkauft. Man müsse aber auch lernen, zu verzichten. Die beliebteste Blume der Deutschen, die Rose, wird dann eben ohne konkreten Anlass im Sommer statt am 14. Februar verschenkt. Eine nachhaltigere Alternative zum Valentinstag sind blühende Topfpflanzen oder Bio-Samen zum Selbst-Aussähen. Soll es partout ein Strauß sein, weist das Fairtrade-Siegel auf strengere Umweltkriterien und höhere Arbeitssicherheit hin.

Anfang März wird Caroline Wolfs Werkstatthaus wieder mit Leben gefüllt sein. Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden den Raum betreten und staunen, dass auch die getrockneten Blumen einen angenehmen Geruch verströmen. Caroline Wolf wird bedauernd feststellen, dass ihr das gar nicht mehr auffällt, und den Besuchern dann zeigen, wie sich die getrockneten Schätze zu Kunstwerken und Makramee-Kränzen verarbeiten lassen. Und in wenigen Wochen beginnt in ihrem Garten dann auch wieder das große Blühen.

Der Wasserverbrauch von Rosen

Anbau
Laut einer Studie, die das Schweizer Handelsunternehmen Migros in Auftrag gab, braucht eine Rose in Kenia im Durchschnitt fünf Liter Wasser. Bei einem Strauß von zwölf Rosen sind das 60 Liter. Das Wasser wird hauptsächlich aus dem Naivashasee bezogen, dessen Wasserspiegel bereits massiv zurückgegangen ist. Das Abwasser wird nach Angaben der Umweltschutz-Organisation WWF teilweise wieder ungefiltert zurück in den See geleitet. ask