Bei vielen Altersvorsorge-Produkten spielt Nachhaltigkeit bislang keine Rolle. Foto: dpa

Das Projekt „Faire Rente“ zeigt: Sein Geld sozial und ökologisch sinnvoll anzulegen, ist gar nicht so einfach. Kritiker fordern ein staatliches Gütesiegel zur Orientierung – oder gleich ein Verbot der staatlichen Förderung für ethisch fragwürdige Produkte.

Frankfurt - Mit Riester gibt es eine steuerliche Förderung von Menschenrechtsverletzungen.“ Thomas Küchenmeister findet drastische Worte, wenn es um ethisch fragwürdige Geldanlagen geht. Sein Vorwurf: Die staatliche Sparzulage für Riester-Verträge fließt auf dem Umweg über Fonds auch in Unternehmen, deren Produkte beispielsweise von Kindern hergestellt werden. Küchenmeister, Vorstand des Vereins Facing Finance, hat deshalb das Projekt „Faire Rente“ ins Leben gerufen. Die gleichnamige Website informiert über die Investitionen verschiedener fondsbasierter Riester-Versicherungen und Riester-Fondssparpläne.

Zwar gibt es auch Riester-Verträge, bei denen Investitionen in Aktien keine oder nur eine geringe Rolle spielen: Bei klassischen Riester-Versicherungen wird meistens nur wenig Geld in Unternehmensanteile gesteckt, bei Riester-Banksparplänen oder -Bausparverträgen gar keines. Allerdings sind bei diesen Riester-Formen auch die Renditechancen gering.

Grüne wollen Zulagen an Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien knüpfen

Wer sich angesichts der niedrigen Zinsen für eine Riester-Fondspolice oder einen Riester-Fondssparplan interessiert, wird beim Blick auf die Website faire-rente.de ernüchtert: Nach dem Urteil der Macher gibt es unter den fondsbasierten Riester-Produkten ganz wenige, die ethisch einwandfrei sind. Wie diese Verträge wiederum in puncto Gebühren und Rendite abschneiden, darüber gibt die Website keine Auskunft. „Die Entscheidung liegt immer beim Anleger beziehungsweise Versicherten. Uns geht es darum, Transparenz zu schaffen, denn das ist das große Defizit gerade bei Finanzprodukten für die Altersvorsorge“, sagt Küchenmeister.

Facing Finance fordert deshalb, der Staat dürfe nur noch Riester-Verträge von Anbietern fördern, die sich auf die Einhaltung sozialer und ökologischer Kriterien verpflichten. Unterstützt wird der Verein von den Verbraucherzentralen in Nordrhein-Westfalen und Bremen, wo am Donnerstag eine Ausstellung zu dem Thema eröffnet wird. Im Bundestag forderten vergangenes Jahr die Grünen, „für die staatlich geförderte Altersvorsorge verbindliche Nachhaltigkeitskriterien festzulegen“. Ihr Antrag wurde aber von den Regierungsfraktionen abgelehnt. Union und SPD argumentierten, zunächst einmal müsse Nachhaltigkeit „im Dialog mit den Finanzmarktteilnehmern“ definiert werden.

Die Riester-Förderung an Nachhaltigkeitskriterien zu knüpfen, stößt auch bei einigen Verbraucherschutzexperten auf Bedenken: „Da müsste man zunächst einmal sicherstellen, dass es genug Produkte gibt, die entsprechend aufgestellt sind. Das sehe ich im Moment nicht“, sagt Andreas Oehler, Finanzprofessor an der Universität Bamberg und Mitglied der Verbraucherkommission Baden-Württemberg. „Die Auswahl an guten Riester-Produkten ist ohnehin schon sehr gering. Wenn Sie da jetzt noch die Anforderungen erhöhen, müssen Sie erst einmal eine Bank oder Versicherung finden, die das noch anbietet.“

Bislang gibt es nicht einmal einen einheitlichen Mindeststandard

Nötig sei aber ein staatliches Gütesiegel für sozial-ökologische Finanzprodukte, sagt Oehler. Denn die zahlreichen Nachhaltigkeits-Siegel der Anbieter seien für Verbraucher kaum zu durchschauen. „Was man bräuchte, wäre ein staatlich festgelegter Mindeststandard auf Basis weniger Kriterien, die dafür wirklich glaubwürdig und regelmäßig überprüft werden.“ Der Wissenschaftler verfasste hierzu schon 2013 eine Studie für das Verbraucherschutzministerium in Stuttgart.

Seither habe sich wenig getan, bedauert Oehler: „Meiner Ansicht nach gibt es durchaus Kriterien, für die man im Bundestag eine große Mehrheit finden würde: Zum Beispiel ein Verzicht auf Kinderarbeit und auf Investitionen in Kriegswaffen sowie die Verpflichtung auf eine faire Entlohnung entlang der gesamten Zulieferkette.“

Eine Einhaltung der von der Bundesrepublik eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen wäre das Mindeste, sagt Küchenmeister von Fair Finance. Die aktuelle Situation sei absurd: „Wir dürfen keine Streumunition herstellen – dürfen aber in sie investieren.“ Seiner Meinung nach gehören aber auch klimaschädliche Investitionen, beispielsweise in Kohlekraftwerke, auf den Index. Zur Begründung verweist er auf das Pariser Klimaschutzabkommen.

Oehler hält dagegen: „Den Anbietern sozial-ökologischer Geldanlagen Investitionen in fossile Energieträger zu verbieten, ist zur Zeit wohl nicht mehrheitsfähig. Denn da gibt es einen Konflikt zwischen sozialen und ökologischen Interessen.“ Nach Auffassung des Professors wäre es aber auch kein Schaden, wenn für ein staatliches Gütesiegel zunächst nur wenige Anforderungen erfüllt werden müssten: „Man kann ja klein anfangen und muss nicht gleich 50 Kriterien einführen. Wenn ich immer nur das theoretisch Beste fordere, passiert nie etwas.“