Das Land testet nachgerüstete Dieselautos – und der Bund testet sie jetzt auch. Bei den Liberalen in Stuttgart spricht man von Steuerverschwendung.

Stuttgart - Ende September hatte das baden-württembergische Verkehrsministerium mitgeteilt, dass es gemeinsam mit dem ADAC Württemberg mehrere Diesel-Fahrzeuge der Euronorm 5 per Hardware und Software ausgerüstet habe, um sie im Straßenverkehr testen zu lassen. Die Kritik des verkehrspolitischen Sprechers der FDP, Jochen Haußmann, an den Auto-Tests des baden-württembergischen Verkehrsministeriums kam prompt: „Verkehrsminister Winfried Hermann bindet Personal- und Sachkosten seines Ressorts, obwohl das Land dafür nicht zuständig ist.“ Hermann habe selbst immer betont, dass für die blaue Plakette und den rechtlichen Rahmen von Nachrüstungen der Bund zuständig sei, meinte Haußmann. „Wie erklärt Hermann sein jetziges Tun den Steuerzahlern?“ Es wäre besser, sein Ressort würde sich auf Landesaufgaben konzentrieren: „Wir brauchen kein Label bei Nachrüstsätzen nach dem Motto: Tested bei Winne Hermann.“

Die Tests auf der Straße kosten 150 000 Euro

Nun sieht sich die Landes-FDP in ihrer Ansicht bestärkt: Denn der Bund hat selbst damit angefangen, nachgerüstete Autos zu testen. Gegenüber unserer Zeitung bestätigte das Bundesverkehrsministerium in aller Kürze: Im Rahmen einer Expertengruppe sei beschlossen worden, dass nachgerüstete Dieselfahrzeuge getestet werden. „Nähere Einzelheiten werden in den Unterarbeitsgruppen noch erörtert“, teilte das von Alexander Dobrindt (CSU) geleitete Ministerium weiterhin mit.

Minister Hermanns Test grenze an „Steuerverschwendung“ und sei in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht bedenklich, denn es würden nicht alle Marken unter die Lupe genommen, kritisieren die Liberalen in Stuttgart nun.

Im Ministerium sieht man dies naturgemäß anders. „Es ist gut, wenn der Bund nun auch etwas macht. Aber wir haben das Thema früher in die Hand genommen“, sagte Edgar Neumann, Sprecher des Verkehrsministeriums in Stuttgart unserer Zeitung. Die Tests des Landes auf der Straße werden noch bis Ende des Jahres laufen, sie werden rund 150 000 Euro kosten. Das sei weniger als eine Studie über den Nutzen des Fahrradhelms, so Neumann. „Wir wollen schauen, was mit der Nachrüstung möglich ist“, ergänzte er.

Grün-Schwarz sieht sich als Vorreiter

Beim Ringen um einen sauberen Diesel sieht sich die grün-schwarze Landesregierung als Vorreiter. In Stuttgart seien schließlich die ersten Diesel-Gipfel einberufen worden und hier habe man die Probleme mit der Luftreinhaltung am Neckartor, heißt es. Das Zaudern der Industrie mit der Nachrüstung durch Hardware ist für den grünen Verkehrsminister unverständlich. Zumal er im ADAC einen starken Bundesgenossen gefunden hat. Der größte deutsche Autoclub hatte kürzlich festgestellt, dass es für Diesel-Autos der Euronorm 5 seit sechs Jahren fertige Nachrüstsätze gebe, die sogenannten SCR-Systeme. Das sind Abgasreinigungssysteme, die mit Harnstoff funktionieren.

„Das Argument, Autos könnten nicht mit wirksamen SCR-Systemen nachgerüstet werden, trägt zumindest für deutsche Hersteller überhaupt nicht“, wurde der ADAC-Technikchef Rainhard Kolke von der „Süddeutschen Zeitung“ zitiert. Die Reinigungssysteme seien in den Ersatzteillagern, sie seien zugelassen und könnten verbaut werden.

Auch ein Bus soll nun getestet werden

Melanie Hauptvogel, Leiterin der Unternehmenskommunikation beim ADAC Württemberg, sieht die später angelaufenen Testfahrten des Bundes gelassen und darin keine Konkurrenz: „Wir werden unsere Ergebnisse früher veröffentlichen.“ Derzeit rollen laut Hauptvogel vier nachgerüstete Diesel-Pkw von verschiedenen Marken über die Straßen von Baden-Württemberg, auch ein Bus soll noch ins Testprogramm aufgenommen werden. Für die Kommunen sind emissionsärmere Linienbusse ein großes Thema. Bis Ende des Jahres laufen die württembergischen Testfahrten, danach werde man die Ergebnisse veröffentlichen, sagt Melanie Hauptvogel.