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Der Südwesten ist ein High-Tech-Land, aber auch eine Fundgrube für Sagen und Geschichten. Ortskundige Autoren berichten in unserer Serie von Schauplätzen des sagenhaften Baden-Württemberg.

Der Luftkurort Ottenhöfen liegt im wunderschönen Achertal zwischen der Badischen Weinstraße und der Schwarzwaldhochstraße. Entlang des Mühlenweges findet der Wanderer auch immer wieder Aussichtspunkte, die ihm die Schönheit des Schwarzwaldes mit herrlichen Aussichten auf reizvolle Seitentäler mit saftigen Wiesen und typischen Schwarzwälder Bauernhöfen verdeutlicht.

Für mich persönlich ist die Wanderung durch die Edelfrauengrab-Wasserfälle hinauf über den Karlsruher Grat und dann wieder nach Ottenhöfen zurück eine der schönsten und erlebnisreichsten Touren in der Region, bei der auch meine Trittsicherheit gefordert ist. Wenn ich mit meinen Wanderschuhen, auf die ich bei dieser Strecke nicht verzichten will, über die Felskuppen des Karlsruher Grates gehe, werde ich mit einer atemberaubenden Aussicht über die Region bis hinüber zur Hornisgrinde, dem höchsten Berg des Nordschwarzwaldes, belohnt.

Die "Edelfrauengrab-Wasserfälle"des Gottschlägbaches verdanken ihren Namen einer uralten Sage. Ritter Wolf von Bosenstein war während der Zeit der Kreuzzüge zusammen mit dem kaiserlichen Heer ins Heilige Land gezogen. Seine Frau, die er zurücklassen musste, nahm es allerdings mit der ehelichen Treue nicht so genau und lebte mit ihrem Liebhaber "in Saus und Braus". Eines Tages klopfte eine Bettlerin mit sieben halbverhungerten Kindern am Schloss Bosenstein an und bat um eine milde Gabe. Angesichts ihrer sieben Kinder wurde sie von der hochmütigen Schlossherrin verspottet und schroff vertrieben, so dass sie Frau von Bosenstein mit folgendem Fluch bedachte: "Sieben Kinder sollst du auf einmal zur Welt bringen, alle so elend wie die, welche du verhöhnst." Der Fluch wurde wahr. Eine Tages brachte die Schlossherrin sieben Kinder zur Welt. In ihrer Not sah sie keinen anderen Ausweg, als ihre Dienerin zu beauftragen, die Kinder in einen Sack zu stecken und im Schlossweiher zu ertränken. Gerade zu diesem Zeitpunkt traf die Dienerin den vom Kreuzzug zurückkehrenden Schlossherrn. Der stellte sie zur Rede, und nachdem ihm die Dienerin glaubhaft machen wollte, kleine Hunde ertränken zu wollen, nahm der Schlossherr den Inhalt des Sacks in Augenschein. Wutentbrannt befahl der Ritter die Dienerin zurück ins Schloss und trug ihr auf, der Herrin die Ausführung ihres Befehls zu berichten. Wolf selbst brachte die Kinder zu Verwandten auf die Burg Hohenfels und ließ sie dort unter anderem im Harfespiel erziehen.

Sieben Jahre später ließ Wolf die sieben Kinder zu einem Fest auf die Burg Bosenstein bringen. In ärmlicher Kleidung spielten sie auf ihren Harfen und sangen von ihrem traurigen Schicksal. Auf die Frage aus den Reihen der Gäste, was solch eine unmenschliche Mutter wohl verdiene, antwortete die Schlossherrin: "Diese sollte bei einem Laib Brot und einem Krug Wasser lebendig eingemauert werden." Daraufhin erwiderte ihr von Zorn erfüllter Gatte: "So sei's, du hast dein eigenes Urteil gesprochen. Es soll an dir vollzogen werden!" Und so geschah es. Wolf ließ seine Gattin bei Wasser und Brot in eine von Wasser bespülte Höhle im Gottschlägtal lebendig einmauern. Letztendlich befahl er, den Bach in die Höhle hineinzuleiten, um seine Frau von ihren Qualen zu erlösen. Seit dieser Zeit heißt die Felsenhöhle das "Edelfrauengrab".

Theo Blaich arbeitet als Revierförster im Forstbezirk Achertal und betreut dort neben dem Gemeinde- und Privatwald auch das von ihm beschriebene Naturschutzgebiet "Karlsruher Grat/Gottschlägtal".