„Fluchtursachen für Deutsche weg“ – Ex-OB-Kandidat Wolfgang Schmid wollte eigentlich „bekämpfen“ schreiben, hat sich aber mit dem Platz verschätzt, wie er selbst sagt. Foto: Maier

Der parteilose Ex-OB-Kandidat Wolfgang Schmid aus Plieningen eckt aufgrund seiner ungewöhnlichen Lebensweise seit Jahren bei den Nachbarn an. Jetzt will er sein Haus verkaufen und Stuttgart den Rücken kehren.

Plieningen - Wolfgang Schmid macht keinen Hehl daraus, dass er genug hat. „Fluchtursachen für Deutsche weg“, hat er in neonfarbenen Lettern gut sichtbar auf seine Hauswand an der Neuhauser Straße geschrieben, das Haus wird jetzt auf einem Immobilienportal im Internet angeboten. Dem ehemaligen OB-Kandidaten reicht’s in Stuttgart. „Hier läuft alles so schlecht, dass man zur Flucht gezwungen wird“, erläutert er.

Manche Nachbarn sehen die Aussicht, dass Schmid sein Eigentum aufgeben und Stuttgart verlassen will, mutmaßlich eher als einen Anlass, die Sektkorken knallen zu lassen. „Wir würden uns freuen, wenn da jemand Ordentlicheres kommt“, sagt eine Anwohnerin, die aufgrund des Nachbarschaftsfriedens anonym bleiben will. Einem anderen, der seinen Namen auch nicht in der Zeitung lesen will, geht es eher um Sicherheitsaspekte. „Das ist doch kurz davor, alles in sich zusammenzufallen“, befürchtet der 36-Jährige.

Umbauten haben Behörden irritiert

Damit meint der Mann die ungewöhnlichen Umbauten, die Wolfgang Schmid an seiner Immobilie durchgeführt hat. Auf einem selbst gebauten Gerüst hat der 56-Jährige Bauarbeiten vorgenommen, deren Sinn sich weder den Nachbarn noch den Baubehörden erschlossen hat, wie unsere Zeitung bereits 2012 berichtet hatte. Fakt ist, dass nach wie vor allerlei Gerümpel an der Hauswand lagert – Dinge, die Schmid nach eigenen Worten „als schwäbischer Tüftler“ für die Sanierung brauche. Inwieweit zum Beispiel die Fahrräder auf dem Haufen vor dem Haus als Bausubstanz dienlich sein könnten, wird wohl sein Geheimnis bleiben.

Für die Familie Becker aus der Nachbarschaft waren die Eigenheiten des Herrn Schmid und seine unkonventionelle Lebensweise zu viel. Ein Teil von ihr, nämlich das Ehepaar Kristine und Ulf Becker, ist darum vor ein paar Jahren ausgezogen – angeblich, weil es übel gerochen und ihr Nachbar bei ihnen einen Wasserschaden verursacht haben soll.

Theodor Becker, Ulf Beckers Bruder, der einen Maler- und Stuckateurbetrieb führt, ist hingegen im Plieninger Ortskern wohnen geblieben. Mittlerweile reden er und sein Nachbar Wolfgang Schmid sogar wieder miteinander. „Die wildeste Phase ist vorbei“, sagt Theodor Becker. Schmid sei kein schlechter Mensch – aber eben ein Freigeist, mit dem es nicht immer ganz einfach gewesen sei.

Damit dürfte er der Selbsteinschätzung Schmids zumindest nicht gänzlich widersprechen. Denn Letzterer versteht seine Lebensart vor allem als Protest gegen das Establishment, vor dem er jetzt aus Plieningen fliehen will.

Was bis heute an Wolfgang Schmid nagt, ist, dass ihm der Führerschein abgenommen worden ist. Im OB-Wahlkampf im Jahr 2012 versuchte er, öffentlichkeitswirksam ein Zeichen gegen angeblich zu viele Ampeln in der Stadt zu setzen – indem er geradewegs vor Zeugen bei Rot über eine drüberfuhr. Kurz darauf kassierte die Polizei seine Fahrerlaubnis.

Protest gegen das Establishment

Solche Sachen machten Schmid sauer. Er fühlt sich als Opfer von Intrigen – der Nachbarn, der Behörden, der Politik. Sollte sich ein Käufer für seine Immobilie finden, ist Schmid auch dessen Einstellung wichtig. „Ich werde nicht an einen Spießer verkaufen, der das Haus all den anderen anpasst“, sagt der Tüftler.

Enttäuscht davon, dass seine Visionen in Plieningen nur wenig Anklang fanden, will Schmid sein Glück jetzt woanders suchen. „Wo, verrate ich nicht“, sagt er. Er will nicht, dass ihn irgendjemand an seiner neuen Wirkungsstätte aufspürt. „Wenn er so weitermacht wie hier, dürfte er aber auch dort sehr schnell bekannt werden wie ein bunter Hund“, mutmaßt ein Mann aus der Nachbarschaft.