Die Ehrenamtlichen helfen bei Einkäufen, begleiten zu Arztbesuchen oder leisten den Senioren einfach mal Gesellschaft. Foto:  

Die Nachbarschaftshilfe in Stuttgart-Vaihingen steht auf der Kippe: Für das Ehrenamt finden sich keine Leute mehr.

Vaihingen - Die Nachricht ist nicht neu: Die Menschen werden immer älter. Dann ab ins Heim? Wer will das schon – oder kann es sich ohne Weiteres leisten? Stattdessen möchten Senioren möglichst lange selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden bleiben. Die Nachbarschaftshilfe unterstützt sie dabei. Ehrenamtliche gehe für alte Leute einkaufen, begleiten sie zum Arzt, zum Seniorennachmittag oder bei einem Spaziergang in den Park, sie saugen mal den Teppich ab, kochen ein Süppchen auf oder gießen die Blumen. Und sie leisten einfach Gesellschaft, wenn schon lange keiner mehr zu Besuch kam.

Die Nachbarschaftshilfe gibt es in Vaihingen seit Jahrzehnten. Angedockt ist sie an die katholische Kirche. Heike Mecke-Schene koordiniert das Angebot für die Gesamtkirchengemeinde im Stadtbezirk von der Gemeinde Maximilian Kolbe aus. Die Zahlen, die die Diplom-Sozialpädagogin vorlegt, verdeutlichen jedoch eine Misere. In ihrem Anfangsjahr 2011 sprangen elf Ehrenamtliche regelmäßig 31 hilfsbedürftigen Bürgern zur Seite, 2016 konnte sie gar auf 16 Freiwillige zurückgreifen, die immerhin 24 Personen besuchten. Heute jedoch sind es gerade mal sieben Mitstreiter, die 13 Menschen unterstützen. „Es stellt sich die Frage, inwieweit der Dienst noch aufrechterhalten werden kann“, sagt Heike Mecke-Schene.

Der Bedarf wächst – doch die Ehrenamtlichen fehlen

Warum die Leute fehlen, habe mehrere Gründe. Zum einen seien jene, die vor Jahren tatkräftig angepackt hätten, nun selbst zu alt dafür. Zwei der sieben Ehrenamtlichen, die sich aktuell noch engagieren, sind bereits älter als 70. Die unter 40-Jährigen bleiben indes ganz weg. „Früher haben solche Ehrenämter klassisch Frauen in der Nachkinderphase übernommen. Die gehen heute alle arbeiten“, sagt die 54-Jährige. Dabei hätte sie potenziell genug Klienten. „Ich habe immer wieder Anfragen und muss immer wieder absagen. Der Bedarf wächst, und er wird auch zukünftig wachsen“, stellt sie klar. Familienangehörige, die den Alten im Alltag etwas unter die Arme greifen können, sind häufig nicht da. „Die mobile Gesellschaft hat zur Folge, dass die Familienstruktur aufgebrochen wird“, sagt Heike Mecke-Schene. Nicht wenige alte Menschen vereinsamten deshalb.

Mitbringen müssen die Helfer nicht viel. Etwas Zeit – ein bis zwei Stunden pro Wochen reichten schon –, dafür aber regelmäßig. „Es ist kein projektbezogenes, sondern ein kontinuierliches Engagement“, erklärt die Koordinatorin. Was man machen wolle und könne und was nicht, dürfe man frei wählen, außerdem erhalte jeder Freiwillige wichtige Infos in Fortbildungen. Zentral: „Man muss offen sein für alte Menschen.“ Dafür bekomme man viel, und damit sei nicht die finanzielle Aufwandsentschädigung gemeint. „Der Helfer gewinnt eine Beziehung.“

Die Nachbarschaftshilfe steht auf der Kippe

Heike Mecke-Schene zeichnet ein düsteres Bild. Die Nachbarschaftshilfe steht demnach aufgrund der schrumpfenden Zahlen bereits seit 2018 unter Beobachtung, immerhin geht es ja auch darum, Kosten und Nutzen abzuwägen. „Wenn wir niemanden finden, wird sich Ende 2020 die katholische Kirche von diesem Dienst verabschieden“, stellt sie klar. „Die alten Leute werden dann nicht mehr unterstützt“, schiebt sie nach. Dabei spricht sie von einem Basisbaustein für ein selbstbestimmtes Leben im Alter. „Wenn der Dienst nicht mehr da ist, wird er auch uns später mal nicht zur Verfügung stehen“, mahnt sie. „Das ist eine Investition in die eigene Zukunft.“

Interessierte können sich melden

Wer sich für das Ehrenamt interessiert, kann unverbindlich entweder zum Pfarrbüro Maximilian Kolbe oder direkt zu Heike Mecke-Schene Kontakt aufnehmen, Telefon 0 15 20 – 9 25 31 94, Mail an heike.mecke-schene@gmx.de.