Die beiden Angeklagten (Bildmitte) brennen im Juni 2018 nach dem WM-Spiel Serbien gegen Brasilien Pyrotechnik ab. Foto: 7.aktuell.de

In Ludwigsburg stehen zwei junge Männer wegen Landfriedensbruch vor Gericht. Sie hatten sich während der Fußball-WM 2018 in Stuttgart daneben benommen. Am Ende bleibt von den Vorwürfen gegen die beiden wenig übrig.

Ludwigsburg/Stuttgart - Der 27. Juni 2018 ist ein lauer Sommerabend, in Stuttgart ist für einen Mittwoch mehr los als gewöhnlich, denn es ist Fußball-Weltmeisterschaft. Vor dem Café MP in der Lautenschlagerstraße haben sich Fans der serbischen Nationalmannschaft versammelt. Sie fiebern dem WM-Vorrundenspiel gegen Brasilien entgegen, das auf mehreren Bildschirmen gezeigt wird. Während der Partie ist die Stimmung ausgelassen aber friedlich, am Ende verlieren „die Adler“ mit 0:2 und scheiden aus dem Turnier aus. Die Stimmung kippt.

 

Wie schon einige Tage zuvor nach dem Spiel gegen die Schweiz, findet sich eine Gruppe serbischer Anhänger zusammen, Personen vermummen sich, Pyrotechnik wird gezündet. Polizeieinheiten rücken an, die Stimmung heizt sich immer mehr auf, gegen 22 Uhr fliegen auch Bengalos in Richtung der Polizei, ein Einsatzfahrzeug wird getroffen. Die Beamten lösen die Versammlung irgendwann auf, etliche Personen werden festgenommen. Darunter sind auch zwei Deutsche, ein 21-Jähriger aus Freiberg am Neckar und ein 20-jähriger aus Ludwigsburg.

Bengalos waren für Party nach dem Deutschlandspiel bestimmt

Die beiden jungen Männer mussten sich am Donnerstag für ihre Taten an dem Abend vor dem Amtsgericht Ludwigsburg verantworten. Der Vorwurf: Landfriedensbruch. Die Staatsanwaltschaft warf den Männern vor, sich aktiv an dem Geschehen beteiligt zu haben und damit Unbeteiligte bewusst in Gefahr gebracht zu haben.

Dass die beiden Angeklagten an dem Abend des Vorrundenspiels in Stuttgart waren und auch zu der Menge vor dem Café gehörten, stritten sie erst gar nicht ab. Videoaufnahmen der Polizei belegten dies eindeutig. Zudem gaben die beiden Männer zu, die Seenotfackeln entzündet zu haben. Allerdings hätten sie zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, jemanden zu gefährden, beteuerten sie.

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„Warum haben sie die Pyrofackeln dann überhaupt mitgenommen“, wollte der Richter Ulf Hiestermann wissen. Die Erklärung der Angeklagten: Sie hatten eigentlich vorgehabt, die Bengalos nach dem Spiel der deutschen Nationalmannschaft abzubrennen, die am Nachmittag gegen Südkorea gespielt hatte. Allerdings verloren die Deutschen und schieden aus, nach Party war niemandem zu Mute. Deshalb nutzten der 21-jährige Auszubildende und der 20-jährige Kellner einige Stunden später die brodelnde Stimmung in der Lautenschlagerstraße und zündeten die Fackeln dort. Offenbar war ihnen dabei durchaus bewusst, dass sie sich strafbar machten, weshalb sie sich mit einem Tuch beziehungsweise einer Sturmmaske vermummten. Das war letztlich auch die einzige Straftat, die das Gericht den jungen Männern anlastete. Die Pyrofackeln, die eventuell gegen das Sprengstoffgesetz verstoßen haben könnten, waren von der Polizei nicht sicher gestellt worden.

Serbische Landesflaggen legen andere Nationalität nahe

Ein 24-jähriger Bereitschaftspolizist, der an dem Abend im Einsatz war, entlastete die beiden Angeklagten zusätzlich. Er schloss aus, dass die beiden die Bengalos in Richtung der Polizei geworfen hatten. Ein anderer Polizist, der die Videos ausgewertet hatte, sagte: „Die beiden waren definitiv nicht die Rädelsführer.“

Auch den Vorwurf, dass sie in Gesänge mit volksverhetzenden Texten eingestimmt hatten, wiesen die beiden Männer von sich. „Ich spreche gar kein serbisch“, sagte der 21-Jährige. Dass er und sein Freund sich vor dem Spiel serbische Landesflaggen umgehängt hatten, legte allerdings etwas Anderes nahe.

Richter Ulf Hiestermann stellte das Verfahren gegen die Zahlung von 500 beziehungsweise 250 Euro ein. „Es wäre etwas Anderes gewesen, wenn es aus der Gruppe heraus Gewalt gegeben hätte und Sie mit dem Abbrennen der Bengalos die Stimmung mitgetragen hätten“, sagte Hiestermann. Er ermahnte die beiden solche Dummheiten künftig bleiben zu lassen. „In so einem Fall hat niemand der Beteiligten die Situation unter Kontrolle.“

Wegen der Vorfälle in der Lautenschlagerstraße hat die Staatsanwaltschaft insgesamt zwölf Verfahren mit 23 Verdächtigen – größtenteils Jugendliche – aus der ganzen Region geführt.