Die Grünen wagen einen neuen Vorschlag, um den Südwest-Haushalt zu entlasten: Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer. Es gibt Kritik von allen Seiten. Foto: dpa

Die Grünen wagen einen neuen Vorschlag, um den Südwest-Haushalt zu entlasten: Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer. Es gibt Kritik von allen Seiten.

Stuttgart - Die Grünen wollen im Südwesten wieder Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer einführen und sorgen damit auch in der Regierungskoalition für Streit. Die ausländischen Studenten könnten mit bis zu 1000 Euro pro Semester zur Kasse gebeten werden, schlug Grünen-Landtagsfraktionschefin Edith Sitzmann in den Stuttgarter Nachrichten vor.

Ihr SPD-Amtskollege Claus Schmiedel lehnte das prompt ab. „Allgemeine Studiengebühren für Nicht-EU-Bürger wird es in Baden-Württemberg nicht geben“, sagte er dem SWR. Auch die Opposition, Studierendenvertretungen sowie die Industrie- und Handelskammer lehnten den Vorstoß ab. Der Landesvorsitzende der Jusos, Markus Herrera Torrez, kritisierte: „Wir lehnen kategorisch jede Form von Studiengebühren ab, weil sie unsozial sind und vom Studium abschrecken. [...] Wir müssen diese zukünftigen Fachkräfte dazu bewegen, bei uns zu bleiben, anstatt sie durch „Ausländergebühren“ zu diskriminieren und zu vergraulen.“

Sitzmann geht davon aus, dass sich die von den neuen Plänen betroffenen Studenten die Gebühren leisten können: „In der Regel stammen diejenigen, die aus den USA oder Asien zu uns kommen, nicht aus den ärmsten Elternhäusern“, sagte sie dem Blatt. Es könne ein zweistelliger Millionenbetrag eingenommen werden. Auslandsstudenten, die sich die Gebühren nicht leisten könnten, sollten ein Stipendium bekommen, sagte Sitzmann dem Radiosender Antenne 1. An den Hochschulen im Land studieren laut Statistischem Landesamt rund 28 300 Nicht-EU-Ausländer - ein Anteil von etwa zwölf Prozent.

Die Grünen-Fraktionschefin macht mit ihrem Vorstoß auf der Suche nach Einsparungen oder Mehreinnahmen wiederholt Druck in Sachen Haushalt. Um die Schuldenbremse im Jahr 2020 einhalten zu können, muss im Haushalt ein strukturelles Defizit verschwinden, das nach Angaben von Grün-Rot ursprünglich 2,5 Milliarden Euro im Jahr betrug.

Schmiedel sagte, auch deutsche Studenten im Ausland sollten schließlich kostenlos studieren können. „Das geht nur mit Partnerschaften, die auf Gegenseitigkeit beruhen.“ Es gebe auch ein wirtschaftliches Interesse, ausländische Studenten im Land auszubilden, vor allem in technischen Fächern.

Auch in der eigenen Partei stieß Sitzmann auf Ablehnung

Auch in der eigenen Partei stieß Sitzmann auf Ablehnung. „Dies tragen wir nicht mit“, sagte die Landessprecherin der Grünen Jugend Baden-Württemberg, Eva Muszar. Die Grünen seien auch mit dem Ziel in die Regierung gekommen, die Studiengebühren abzuschaffen. „Die Rolle rückwärts ist jetzt nicht drin.“ Nach dem Machtwechsel im Land hatte Grün-Rot die bis dahin geltenden generellen Studiengebühren im Südwesten mit Wirkung ab 2012 abgeschafft.

Kritik gab es auch von der Opposition: Der Vorschlag sende ein „fatales Signal für Baden-Württemberg“, sagte der wissenschaftspolitische Sprecher der CDU im Landtag, Dietrich Birk. Die FDP-Landesvorsitzende Birgit Homburger sprach mit Blick auf die abgeschafften Studiengebühren von „Heuchelei“. Die Piratenpartei warf Sitzmann vor, den Bruch eines Wahlversprechens anzukündigen.

Auch mehrere Studentenvereinigungen lehnten den Vorschlag ab. „Man muss ausländische Studierende als Vorteil und Bereicherung anstatt als Einnahmequelle sehen“, sagte der Sprecher der Vertretung, Jörg Willburger. Einzig der Handwerkstag ist für den Vorschlag. „Allerdings sollten die Grünen nun nicht auf halbem Wege stehen bleiben und die generelle Rückkehr zu Studiengebühren für alle wieder aufgreifen“, forderte Landeshandwerkspräsident Joachim Möhrle.

Das von den Grünen geleitete Wissenschaftsministerium bestätigte die Überlegungen. Die Pläne würden „in rechtlicher Hinsicht, in Fragen der sozialen Ausgestaltung und im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen geprüft“, erklärte eine Sprecherin von Ressortchefin Theresia Bauer. Bisher hat nach Angaben des Ministeriums nur der Freistaat Sachsen seinen Hochschulen das Recht eingeräumt, Studiengebühren von Nicht-EU-Bürgern zu erheben. Praktiziert werde das allerdings nur an der Musikhochschule Leipzig.