Gerry Adams ist nach intensiver Befragung zu einem vor über 40 Jahren verübten Mord wieder auf freiem Fuß. (Archivbild) Foto: dpa

"Bis zu 17 Stunden" täglich ist Gerry Adams zum Mord an einer zehnfachen Mutter von 1972 befragt worden. Nach vier Tagen ist der nordirische Politiker wieder frei.

"Bis zu 17 Stunden" täglich ist Gerry Adams zum Mord an einer zehnfachen Mutter von 1972 befragt worden. Nach vier Tagen ist der nordirische Politiker wieder frei.

Belfast - Der nordirische Politiker Gerry Adams ist nach intensiver Befragung zu einem vor über 40 Jahren verübten Mord aus der Polizeihaft entlassen worden. Dies teilte die Polizei am Sonntag in Belfast mit. Anklage wurde nicht erhoben.

Allerdings wurde seine Akte zur Prüfung an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, sagte ein Sprecher der Polizei. Adams war verdächtigt worden, an der Entführung und der Ermordung einer zehnfachen Mutter 1972 beteiligt gewesen zu sein. Der Politiker ist Vorsitzender der pro-irischen Partei Sinn Fein, die als politische Vertretung der Untergrundorganisation IRA galt.

"Böswillige Kampagne"

Nach seiner Freilassung sprach Adams am Abend von einer „böswilligen Kampagne“ gegen ihn, die von „alten Garden“ in der Polizei und von Gegnern des Friedensprozesses in seiner eigenen republikanischen Bewegung geschürt würde. Die Vorwürfe gegen ihn basierten auf „Hörensagen“. Die Polizei habe bei den Vernehmungen keinerlei Beweise gegen ihn vorgelegt.

Er lasse sich aber nicht darin beirren, den Friedensprozess - und die Zusammenarbeit seiner Partei mit der Polizei - fortzusetzen. „Es gibt nur einen Weg, und der ist vorwärts“, sagte Adams, der auch Abgeordneter im irischen Parlament ist. Der 65-Jährige war zu einem Mord auf dem Höhepunkt des Nordirland-Konflikts 1972 befragt worden. Er hatte sich am vergangenen Mittwoch freiwillig bei der Polizeistation in der Stadt Antrim gemeldet, und wurde dort nach BBC-Informationen „bis zu 17 Stunden“ am Tag verhört.

Adams wurde am Sonntag kurz vor Ablauf einer bereits einmal verlängerten Frist für seine Befragung freigelassen. Er musste das Polizeigebäude jedoch durch den Hinterausgang verlassen, weil Gegner der Freilassung mit einem Sitzstreik den Haupteingang blockierten. Sie forderten „Gerechtigkeit“ für die Opfer des langjährigen Konflikts.

Mysteriöser Mord aus dem Jahr 1972

Die Tat aus dem Jahr 1972 geht auf das Konto der früheren Untergrundorganisation IRA, zu deren Führungszirkel Adams damals gehörte. Der Mord gehört zu den berüchtigtsten in der Geschichte des Nordirland-Konflikts. Die damals 37 Jahre alte Witwe war vor den Augen ihrer Kinder entführt worden. Die IRA hielt sie für eine Informantin der britischen Armee. Sie wurde erschossen und an einem geheimen Ort vergraben. Erst im Jahr 2003 wurden ihre sterblichen Überreste an der irischen Küste gefunden.

Adams drückte am Sonntag erneut sein „Mitgefühl“ gegenüber der Familie des Opfers aus. Er werde sich weiterhin dafür einsetzen, dass alle Opfer Gerechtigkeit und Schadensersatz erhielten. „Aber die Vergangenheit ist die Vergangenheit“, sagte Adams. Alle Bürger hätten ein Recht auf eine Zukunft in Frieden und Gerechtigkeit.

Das Vorgehen der Polizei hatte in Nordirland auch einen heftigen politischen Streit ausgelöst. Sinn Fein warf der Polizei vor, ihr Vorgehen, nur wenige Wochen vor der Europawahl, sei „politisch“ motiviert. „Sie hätten es auch anders machen können“, sagte Adams dazu am Abend.

Peter Robinson, der zur Protestantischen Democratic Unionist Party (DUP) gehörende Regierungschef von Nordirland, wies die Kritik an der Polizei zurück. Diese habe nicht mehr als ihre Pflicht getan, den Vorwürfen nachzugehen.