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Trotz ihres schlechten Abschneidens bei der Urwahl der Grünen will Parteichefin Claudia Roth im Amt bleiben. Sie kandidiert erneut als Vorsitzende.

Berlin - Trotz herber Niederlage bei der Urwahl der Grünen will die langjährige Parteichefin Claudia Roth im Amt bleiben. Sie werde bei dem Parteitag Ende der Woche in Hannover erneut als Vorsitzende kandidieren, teilte Roth am Montag in Berlin mit. Mit Roths Entscheidung vermeiden die Grünen, mit einem womöglich heftigen Personalstreit in den Wahlkampf zu ziehen.

Roth gilt zwar als geschwächt, kann in Hannover aber auf ein gutes Ergebnis hoffen. Die frisch gekürten Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt und Jürgen Trittin, sowie Parteichef Cem Özdemir begrüßten den Schritt.

„Es geht jetzt in erster Linie nicht um mich und um meine Enttäuschung, sondern es geht um etwas Wichtigeres“, sagte Roth. Es gehe um die Ablösung von Schwarz-Gelb. So viel Zuspruch wie am Wochenende nach ihrer Niederlage habe sie noch nie bekommen. Viele namhafte Parteivertreter hätten ihr glaubhaft versichert, bei der Urwahl der Spitzenkandidaten sei es nicht um den Parteivorsitz gegangen. Sie habe einen regelrechten „Candystorm“ erlebt, also eine große Unterstützung aus der Partei.

Roth hatte mit nur 26,2 Prozent am schlechtesten von den vier bekannten Bewerbern abgeschnitten. Gewählt worden waren Fraktionschef Trittin mit 71,9 Prozent der Stimmen und Bundestags-Vizepräsidentin Göring-Eckardt mit 47,3 Prozent, Co-Fraktionschefin Renate Künast hatte 38,6 Prozent erhalten.

Roth wurde von Zweifeln und Zerrissenheit durchgerüttelt

Roth räumte ein, sie habe ein bitteres Ergebnis zu verkraften. Zweifel und große Zerrissenheit hätten sie durchgerüttelt. „Da war Licht und Schatten.“ Einerseits sei der Mitgliederentscheid ein großer Erfolg gewesen. „Ich würde immer wieder für eine Urwahl eintreten.“ Roth hatte sie auf den Weg gebracht. Doch es habe auch Schatten gegeben, „weil das Ergebnis eine herbe Klatsche war und natürlich auch eine bittere Enttäuschung“. Roth: „Direkte Demokratie, das kann auch mal schief gehen.“

Die Grünen hätten es schwer, eine andere Kandidatin für den Parteivorsitz aufzubieten. So ist Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke, deren Name intern genannt worden war, zugleich die oberste Managerin des Wahlkampfs. Dort würde eine große Lücke entstehen, würde sie jetzt Roths Nachfolgerin.

Sie habe sich zwar gefragt, ob sie ihr Amt behalten könne, sagte Roth. Doch sie sei zu dem Ergebnis gekommen: „Es geht darum, geschlossen alle Kräfte zu mobilisieren und zu bündeln.“ Roth: „Deshalb ziehe ich meine Kandidatur nicht zurück.“ Sie habe lange überlegt. Nun hätten die Delegierten des Parteitags das Wort.

Trittin zeigte sich erfreut über Roths Entscheidung

Trittin zeigte sich erfreut über Roths Entscheidung. Die Grünen hätten nun ein Spitzenpersonal mit klarer Arbeitsaufteilung. Das Spitzenduo führe die Partei in den Wahlkampf und die Regierung. „Der Bundesvorstand hält die Partei zusammen.“ Und die Fraktion sei der inhaltliche „Thinktank“ (Denkfabrik).

Göring-Eckardt sagte: „Wir brauchen Claudia Roth in der Partei, in dem Wahlkampf.“ Sie kenne die Partei und könne diese zusammenhalten. Özdemir, der bei der Urwahl nicht angetreten war und in Hannover ebenfalls in seinem Amt bestätigt werden will, sagte: „Ich bin sehr sicher, dass sie ein tolles Ergebnis bekommt.“

Die 57-Jährige selbst bekräftigte, dass die Grünen auf ein starkes Ergebnis für einen rot-grünen Wahlsieg hinarbeiten wollen. Sie sicherte Göring-Eckardt und Trittin ihre volle Unterstützung zu.

Roth wurde schon 2001 an die Parteispitze gewählt. Den Vorsitz verlor sie vorübergehend wegen der damals geltenden Unvereinbarkeit von Amt und Mandat Ende 2002. Zwei Jahre später rückte sie wieder an die Spitze.

Trittin und Göring-Eckardt bekräftigten ihre Ablehnung einer Koalition mit der Union 2013. Auf die Frage, ob mit ihrem Erfolg die Chancen für Schwarz-Grün gestiegen seien, sagte die Thüringerin: „Nein, sind sie nicht.“ Die Grünen wollten enttäuschte CDU-Wähler gewinnen, aber schon aus inhaltlichen Gründen nicht mit der CDU regieren. „Mit denen können wir nicht in eine Regierung gehen.“