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Das Töten männlicher Küken bleibt erlaubt – doch einige Supermärkte bieten auch Eier von Höfen an, die auf das Schreddern verzichten. Wir haben bei Stuttgarter Händlern nachgefragt wie sie es handhaben.

Stuttgart - Ei ist nicht gleich Ei – das zeigt die Diskussion um das Töten männlicher Küken, die in den letzten Tagen durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts neu entflammt ist. Denn auch bei der Produktion von Bioeiern überleben die Küken nicht immer. Eine Stichprobe in Stuttgarter Supermärkten zeigt: Wer bewusst einkaufen will, wird fündig. Man muss nur etwas genauer hinschauen.

Rewe am Marienplatz

Hier weisen ein roter Balken mit zwei weißen Hühnern auf dem Etikett der Eierschachteln sowie die Aufschrift „Aufzucht der männlichen Küken“ auf eine kükenschonende Produktion hin. Das Symbol steht für die Huhn-und-Hahn-Initiative der sogenannten 08er-Gruppe, eines Zusammenschlusses baden-württembergischer Geflügelerzeuger. Mit dem Label Spitz & Bube (bei Penny: Herzbube) hat die Kette ein weiteres Angebot.

Kustermann in der Markthalle

Der auf Wild, Geflügel, Lamm und Eier spezialisierte Stand bietet seit Ende 2018 Eier aus kükenschonender Haltung an. Der Reutlinger Lieferant habe das entschieden, sagt Geschäftsführer Gunther Ludwig. Überzeugt ist er nicht davon. „Man muss überlegen, wie die Hähne aufgezogen werden. Vielleicht werden sie ins Ausland transportiert und dann wieder zurück nach Deutschland gebracht.“ Das könne nicht Sinn der Sache sein.

Aldi im Gerber

Hier gibt es zwar Bioeier, jedoch keine, bei deren Produktion Küken geschont wurden. Bereits seit 2017 arbeiteten lediglich Lieferanten von Aldi Nord mit dem Projekt Henne & Hahn zusammen, so eine Sprecherin auf Anfrage. Bei Aldi Süd gibt es die Eier mittlerweile auch – im Raum Stuttgart allerdings noch nicht.

Erdi im Stuttgarter Osten

Auch in diesem Biosupermarkt können Kunden die Aufzucht männlicher Küken unterstützen. Der Markt führt Bioeier verschiedener Hersteller, darunter ein Sechserkarton der Initiative Haehnlein, hinter dem wiederum der Erzeugerzusammenschluss Fürstenhof steht. Die Eier habe man fest im Sortiment, so eine Mitarbeiterin.

Denn’s in Vaihingen

Der Biomarkt bietet ebenfalls Eier der Initiative Haehnlein an. „Darüber hinaus stellen viele weitere Partnerhöfe und Lieferanten ihre Produktionen um und ziehen auch männliche Küken auf. Im Raum Stuttgart setzt sich beispielsweise unser Lieferant Biolandhof Alber dafür ein, dass männliche Küken, die auf dem Hof geboren werden, nicht geschreddert werden müssen. Sie werden direkt auf dem Biolandhof aufgezogen“, sagt Ralf Schwarz, Leiter des Bereichs Warenmanagement bei Denree, dem Betreiber der Supermarktkette Denn’s.

Lidl in der Marienstraße

Fehlanzeige in dieser Supermarktfiliale. Bioeier gibt es zwar, aber nicht solche aus kükenschonender Haltung. Auf Anfrage teilt Lidl mit, dass die Handelskette bislang nur in Hamburg und Schleswig-Holstein unter dem Label Kükenherz regionale Eier aus Freilandhaltung anbiete, bei denen die männlichen Küken mit aufgezogen würden.

Alnatura in der Tübinger Straße

Seine „Bruderküken“-Initiative bewirbt Alnatura ganz offensiv in seinem Markt in der Tübinger Straße. Eine Tafel klärt Kunden über die Vorzüge dieser Eier auf. Auch andere Hersteller hat Alnatura im Angebot. Alle haben aber eine Gemeinsamkeit: „Wir bieten nur noch Eier an, bei deren Herstellung nicht geschreddert wurde“, sagt Marktleiter Gottfried Glatz.

Edeka im Gerber

Hier gibt es Freilandeier der Huhn-und-Hahn-Initiative in verschiedenen Packungsgrößen. „Wichtig ist es zu gewährleisten, dass auch das Hähnchenfleisch weiterverarbeitet wird. So stellt etwa das regionale Unternehmen Bürger eine Hähnchenmaultasche her, bei der auf der Verpackung auf diese Initiative hingewiesen wird“, so Sprecherin Kerstin Hastedt.

In einer früheren Version des Artikels stand, dass der Hagenauer Hof in Neuhausen noch männliche Küken schreddert. Dies stimmt nicht. Wir haben die entsprechende Passage deshalb aus dem Artikel entfernt.

Das Töten männlicher Küken ist umstritten

Praxis Rund 45 Millionen männliche Küken werden laut Bundeslandwirtschaftsministerium jedes Jahr in Deutschland unmittelbar nach dem Schlüpfen getötet, genauer gesagt geschreddert oder mit Kohlendioxid erstickt. Der Grund: die Aufzucht der männlichen Tiere ist für die Betriebe unwirtschaftlich. Sie legen keine Eier, setzen schlecht Fleisch an und sind daher nicht als Masthähnchen geeignet.

Tierschutz Tierschützer führen an, dass die Praxis, männliche Küken zu töten, gegen das Tierschutzgesetz verstößt. Es besagt, dass Tiere nur dann getötet werden dürfen, wenn es einen vernünftigen Grund dafür gibt. Bisher haben Gerichte die Auffassung vertreten, dass wirtschaftliche Interessen als „vernünftige Gründe“ gelten. Das Bundesverwaltungsgericht hat dieser Auffassung in seinem Urteil von vergangener Woche widersprochen und die Belange des Tierschutzes als schwerer wiegend eingestuft als die wirtschaftlichen Interessen der Brutbetriebe. Eine sofortige Umstellung könne man von den Betrieben aber nicht verlangen, so die Richter.

Preise Eier, bei deren Produktion nicht geschreddert wurde, sind etwas teurer als herkömmliche, im Durchschnitt zahlt man vier Cent mehr pro Stück. Bei Alnatura kostet beispielsweise ein Sechserkarton aus der Bruderküken-Initiative 2,69 Euro, der Sechserkarton im Biosupermarkt Erdi (Haehnlein-Initiative) kostet 2,95 Euro.