Im Fall der ausgelaufenen Biogasanlage wird immer noch ermittelt. Seit einem Jahr wartet unter anderem die Gemeinde Engstingen auf eine Entschädigung. Foto: dpa

Wer zahlt den Schaden, den die stinkende Gärbrühe angerichtet hat? Ein Jahr nachdem eine Biogasanlage ausgelaufen ist, ist der Streit darüber nicht geklärt.

Engstingen - Die Bilder des rabenschwarzen Mittwochs hätten alle noch vor Augen, sagt der Reutlinger Landrat Thomas Reumann. Vor allem der beißende Geruch des Gärsubstrats sei in Erinnerung geblieben. Vor einem Jahr hätten sich in Engstingen dramatische Ereignisse abgespielt, betont Reumann, er meint damit den 11. Januar 2017, als aus der Biogasanlage des Firma Biga Energie rund 1,5 Millionen Liter Gärsubstrat ausgelaufen sind. Ein Behälter, der wegen baulicher Mängel gar nicht hätte befüllt werden dürfen, war damals Leck geschlagen. Die Brühe schwappte über das Gewerbegebiet Haid und flutete neben einem Kasernengebäude auch das Hotel Hydepark samt Restaurant.

Bis heute sei weder die Höhe des Schadens genau erfasst, noch sei die Frage der Schuld abschließend geklärt, bedauert der Landrat am Dienstag bei einer Pressekonferenz im Engstinger Rathaus. Gewartet wird auf ein Gutachten der ermittelnden Staatsanwaltschaft, das klären soll, wie es zu der Überflutung kam. Die Sparkassenversicherung hat zunächst die ersten Aufräumarbeiten bezahlt, vertritt aber seither den Standpunkt, dass das Silo unerlaubterweise befüllt worden war und weigert sich, den Schaden zu begleichen.

Die Versicherung sieht sich nicht in der Pflicht zu zahlen

Die Hauptgeschädigte will lieber nach vorne als nach hinten schauen. „Ich habe noch keinen Cent erhalten“, sagt die Hotelchefin Anja Wolfframm, „aber wir lassen uns nicht unterkriegen.“ Nur kurze Zeit war ihr Betrieb geschlossen, mit aller Kraft und einem Kredit habe sie zusammen mit ihrer Mutter das Hotel wieder in Schwung gebracht. „Dank unserer treuen Gäste läuft es wieder“, sagt die Juniorchefin und wartet vergeblich auf die Sanierung des Restaurants im Untergeschoss. Sie fühlt sich sowohl von der Versicherung als auch von der Betreiberfirma der Anlage im Stich gelassen. Ihr Schaden liege bei mehreren hunderttausend Euro.

Der Unglückssilo soll erneut in Betrieb gehen

Wenig Hoffnung auf eine schnelle Begleichung des Schadens macht der Biga-Geschäftsführer Thomas Ott. „Es tut mir leid, was passiert ist“, entschuldigt er sich und versichert, dass seine Firma verpflichtet sei, für alle Geschädigten eine Regelung zu finden. „Aus Sicht der Biga besteht sehr wohl ein Versicherungsschutz“, bekräftigt der Anwalt Tim Jakobs. Man wolle die Versicherung zwingen, ihrer Verantwortung nachzukommen. Falls dies nicht gelinge, sei eine Ratenzahlung an die Geschädigten geplant. Aus Bordmitteln könne dies unmöglich beglichen werden. „Hoffentlich überlebt die Biga ohne Insolvenz“, sagt der Rechtsanwalt Jakobs und bittet um Geduld. Noch sei vieles ungeklärt. Er könne versichern, dass keiner absichtlich den Unglücksbehälter befüllt habe. Keinesfalls gehe es um Vorsätzlichkeit.

Eben jenes Silo will die Biogasfirma nun erneut nutzen, ihr geht der Platz zur Lagerung des Gärbrühe aus. Noch hat das Landratsamt sein Plazet dafür nicht erteilt, aber es stellt dieses in Aussicht. Man habe die Firma auf Herz und Nieren überprüft, das Überwachungsregime sei seit der Katastrophe engmaschig gewesen, betont Andreas Neft vom Umweltschutzamt im Landratsamt. Die Sicherheit sei immer vorrangig, auch bei der ausstehenden Genehmigung.