Die Anteilnahme nach dem Tod der beiden jungen Frauen war unmittelbar nach dem Zusammenstoß groß. Foto: Simon Granville

Das tödliche Autorennen in Ludwigsburg hat ein juristisches Nachspiel. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart erhebt gegen drei Männer Anklage – unter anderem wegen Mordes.

Es ist ein halbes Jahr her, seitdem Merve (23) und Selin (22) ihr Leben verloren, weil ein Raser den Ford Focus der beiden Frauen auf der Schwieberdinger Straße in Ludwigsburg mit seinem Wagen zertrümmerte. Der tragische Tod der beiden Frauen hat nun ein juristisches Nachspiel. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart gab am Dienstag bekannt, Anklage gegen drei Männer zu erheben, die an dem Autorennen beteiligt waren.

 

Einer der Beteiligten soll sich vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Stuttgart unter anderem wegen Mordes verantworten. Es handelt sich um den 32-Jährigen, der laut Staatsanwaltschaft mit seinem PS-starken Mercedes mit bis zu 150 Stundenkilometer auf den Wagen der jungen Frauen geprallt sein soll. Der 32-Jährige war leicht verletzt noch am Unfallort festgenommen worden und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Der Anblick des mutmaßlichen Täterwagens lässt ahnen, wie stark der Aufprall war. Foto: Andreas Rometsch/KS-Images.de/dp

Dem 32-Jährigen wird Mord in zwei tateinheitlichen Fällen und ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge vorgeworfen. Außerdem ist er wegen Gefährdung des Straßenverkehrs und eines weiteren verbotenen Kraftfahrzeugrennens angeschuldigt, das nur knapp eine halbe Stunde vor dem tödlichen Unfall stattgefunden haben soll.

Dem Bruder wird versuchter Mord zur Last gelegt

Die Staatsanwaltschaft erhebt ebenfalls Anklage gegen den 35-jährigen Bruder, der während des tödlich ausgegangenen Autorennens am Steuer des anderen Wagen gesessen haben soll. Den bisherigen Ermittlungen zufolge hatte er sich an dem Abend des 20. März von der Unfallstelle entfernt. Die Polizei nahm ihn drei Wochen später fest. Ihm wird unter anderem versuchter Mord in zwei tateinheitlichen Fällen, das Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge und die Gefährdung des Straßenverkehrs zur Last gelegt.

Der dritte Angeklagte ist der 25-jährige Cousin. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass auch er sich wie seine beiden ebenfalls türkischstämmigen Verwandten mit einem hochmotorisierten Mercedes um 19.15 Uhr in der Ludwigsburger Innenstadt eingefunden hatte. Um diese Zeit sollen sich die Männer mit ihren drei Fahrzeugen ein Rennen durch die Bahnhofsunterführung geliefert haben.

Eine Dreiviertelstunde später sollen die beiden 32- und 35-Jährigen erneut ein Rennen in der Bahnhofsunterführung gestartet haben – nur noch mit ihren beiden Fahrzeugen. Der Cousin habe laut Staatanwaltschaft neben dem 35-Jährigen gesessen und das Startzeichen gegeben. Anschließend habe er den bisherigen Ermittlungen zufolge das Rennen teilweise gefilmt.

An Ampeln gehalten, um dann stark zu beschleunigen

Die Angeschuldigten sollen sich daraufhin über mehrere Minuten ein Rennen durch die Ludwigsburger Innenstadt geliefert haben. Mehrfach sollen sie an Ampeln gehalten haben, um dann immer wieder stark zu beschleunigen. Schließlich habe der Mercedes des 32-Jährigen den Kleinwagen erfasst, als die 23-jährige Merve von der Aral-Tankstelle nach links auf die Schwieberdinger Straße einfahren wollte.

Durch den Zusammenprall mit dem deutlich schwereren Fahrzeug des 32-Jährigen überschlug sich der Ford Focus und prallte gegen einen Baum, teilt die Staatsanwaltschaft mit. Die beiden Frauen erlagen noch am Unfallort ihren schweren Verletzungen.

Die 32 und 35 Jahre alten Angeschuldigten befinden sich weiterhin in Untersuchungshaft. Das Landgericht Stuttgart hat nun über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Anberaumung der Verhandlungstermine zu entscheiden.

Ein Blitzgerät sorgt für mehr Sicherheit

Sollte es zum Prozess kommen, dürfte er von der Öffentlichkeit mit großer Aufmerksamkeit verfolgt werden. Dass Raser nicht nur fahrlässig handeln, sondern unter vollem Risiko in Innenstädten ein Todesrisiko in Kauf nehmen, hat sich auch in einer verschärften Gesetzgebung niedergeschlagen, wie an der Mordanklage jetzt abzulesen ist.

In Ludwigsburg hat die Stadtverwaltung wenige Monate nach dem Unfall auf der Schwieberdinger Straße im Juni ein Blitzgerät aufgestellt. Es steht 300 Meter entfernt und kontrolliert nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch Rotlicht-Verstöße an der Ampel. Das Abbiegen nach links von der Aral-Tankstelle aus, das den beiden jungen Frauen zum Verhängnis wurde, ist mit einem Schild nun verboten.

Die Diskussion, ob der Verkehr auf der Schwieberdinger Straße auf Tempo 40 gedrosselt werden sollte, flammte nach dem Unfall wieder auf. Bislang hat sich nach Angaben der Ludwigsburger Stadtverwaltung dort noch nichts verändert.