Barbara Pfersich und Eirini Georgiadou nach ihrem ersten Kennenlernen. Gemeinsam hoffen sie, einen Bauträger zu finden. Foto: Anna-Sophie Kächele

Barbara Pfersich ist auf der Suche nach einer Wohngemeinschaft mit ambulanter Pflege. Bei einem Treffen mit der Kornwestheimerin Eirini Georgiadou hofft sie, ihrem Traum ein Stück näher zu kommen. Doch bislang fehlt es noch an einer wichtigen Sache.

Auf den Tellern liegt ein Stück Himbeerkuchen, darunter Tisch-Sets und Servietten mit Zebra-Muster. Es wirkt wie eine mühevoll vorbereitete Kaffee-Kuchen-Situation. Draußen ist es schon dunkel, nur das Schloss gegenüber ist hell erleuchtet.

 

Barbara Pfersich sitzt am Kopfende des Tischs, der Stuhl ist zur Seite geschoben. Seit ihrem Schlaganfall im November 2012 ist sie auf einen Rollstuhl angewiesen und lebt seit zweieinhalb Jahren in einem Seniorenheim. Unsere Zeitung hat Mitte Januar über sie berichtet. Die 76-Jährige will in eine Wohngemeinschaft ziehen, im Seniorenheim fehlen ihr Gesprächspartner und der Platz, kreativ zu sein. An diesem Abend hofft sie ihrem Traum von einem selbstbestimmteren Leben in Gemeinschaft ein Stück näher zu kommen – und trifft auf eine Frau, mit der sie eine Gemeinsamkeit hat.

Modell-WG für Menschen mit Pflegebedarf

2021 stirbt Eirini Georgiadous Mutter an einem Schlaganfall. Ähnlich wie bei Barbara Pfersich muss sich die Feuerwehr über das Fenster Zugang zu ihr verschaffen. Der Aufzug ist zu klein. Ein Arzt habe ihr später gesagt, dass sie dabei wertvolle Zeit verloren hätten, sagt Georgiadou. „Ich habe mir geschworen, das sagt mir nicht noch einmal jemand.“ Seitdem sei es zu ihrem Lebensinhalt geworden, Menschen, und vor allem ihrem eigenen Vater, ein würdevolles, sicheres Wohnen zu ermöglichen. In Kornwestheim, unweit vom Salamanderpark und Marktplatz entfernt, hat sie daher im April 2024 zwei ebenerdige Wohnungen gekauft. Darin: Zimmer für drei bis vier Bewohner, zwei Bäder, Küche, ein Wohnraum plus Innenhof. Platz für eine autonome WG für Pflegebedürftige.

„Weil das Ganze privat organisiert ist, bestimmt die Gruppe demokratisch über ihren Wohnraum und hat das Hausrecht“, erklärt Georgiadou ihr Vorhaben. Die Wohnungen in Kornwestheim seien eine Modell-WG, bisher wohnt sie dort mit ihrem Vater. Sobald weitere Bewohner gefunden sind, wird er bleiben und sie ausziehen. Wenn es nach der Betriebswirtin und Pharmareferentin ginge, sind die zwei Wohnungen aber nur der Anfang. Ihr Ziel: Wohngemeinschaften mit drei bis 12 Mitbewohnern ab Pflegegrad eins anbieten, die zu einer Ersatzfamilie zusammenwachsen. Neben Pflegekräften, die sich die Bewohner selbst aussuchen, sollen auch Angehörige regelmäßig nach den Bewohnern schauen. Jeder werde mit seiner Individualität respektiert. „Wie stellen Sie sich Ihre Traumwohngemeinschaft vor?“, fragt sie Barbara Pfersich. „Am Tisch sitzen, Zeitung lesen, eine Tasse Kaffee trinken, mal lachen und fragen, was hast du heute noch so vor“, antwortet die 76-Jährige. Sie sei nicht dafür gemacht, allein zu leben.

Barbara Pfersich lebt seit zweieinhalb Jahren im Pflegeheim. Foto: Simon Granville

An diesem Abend kommen zwei Menschen zusammen: Eine Frau, die seit Jahren hofft, aus dem Pflegeheim aus und in eine Wohngemeinschaft einziehen zu können. Und eine Frau, die sich das Konzept dafür überlegt hat, wie Menschen mit Pflegebedarf selbstbestimmt wohnen können.

Zwei Frauen suchen Bauträger

Das Problem: Das Bad in der Modell-WG in Kornwestheim ist für Barbara Pfersichs Rollstuhl vermutlich zu klein, sagt Georgiadou. Gemeinsam hoffen die zwei Frauen nun, einen Bauträger zu finden, der barrierefreie Wohnungen baut und zu einem fairen Preis anbietet. Georgiadou plant einen Verein zu gründen, um Wohnungen an- und an Menschen mit Pflegebedarf vermieten zu können. „Viele alte Menschen haben große Häuser oder Wohnungen, ideal wäre, wenn die selbst vermieten“, ergänzt Georgiadou. Die Pflegeversicherung fördert bauliche Veränderungen oder die entsprechende Ausstattung des Wohnumfelds von Pflegebedürftigen mit bis zu 4000 Euro pro Person und Maßnahme. Dieser Zuschuss könne laut Georgiadou direkt in den Umbau solcher Häuser und Wohnungen fließen.

Ideen gibt es genug. Dass sie mit ihrem Vorhaben keine offenen Türen einrennen, ist beiden aber bewusst. Zu oft hat Eirini Georgiadou auf Rückrufe von Bauträgern und Banken gewartet, zu oft wurde Barbara Pfersich von Stiftungen vertröstet. Den Glauben daran, dass sie irgendwann den richtigen Nerv bei der richtigen Person treffen, haben sie noch nicht verloren.