Julian Schieber. Foto: dpa

VfB kann Ablösesumme nicht investieren – Manager Bobic nach Transfer Hände gebunden.

Stuttgart - Wer eine Ablöse für einen Spieler bekommt, kann sie normal in einen neuen investieren. Beim VfB ist das anders – weshalb Manager Fredi Bobic auch nach dem Transfer von Julian Schieber die Hände gebunden sind.

Julian Schieber (23) und Borussia Dortmund hatten sich längst auf einen Wechsel verständigt, ganz entspannt konnte der Angreifer deshalb seinen Sommerurlaub auf Bali verbringen. Jetzt, nach der Rückkehr Schiebers, haben sich auch der VfB und Borussia Dortmund über die Transfermodalitäten geeinigt – was keine Überraschung mehr war. Der VfB braucht das Geld, weil er nach den Vorgaben des Präsidiums einen Transferüberschuss von zehn Millionen Euro erwirtschaften muss. Der BVB benötigte nach dem Abgang von Lucas Barrios einen neuen Stoßstürmer, der Druck auf Robert Lewandowski macht. Jetzt ist der Wechsel Schiebers zum deutschen Meister und Pokalsieger perfekt. Anfang nächster Woche wird der Stürmer zum Medizincheck in Dortmund erwartet. Anschließend soll er einen Vierjahresvertrag unterschreiben.

Die Roten bekommen eine Ablöse von rund sechs Millionen Euro – zuzüglich eventueller Nachzahlungen in Höhe von maximal 500.000 Euro, falls Schieber beim BVB auf eine gewisse Zahl von Einsätzen kommt oder Nationalspieler wird. „Es fällt uns nicht leicht, ein Eigengewächs wie Julian ziehen zu lassen“, sagt VfB-Manager Fredi Bobic, „aber Julian wollte seinen Vertrag nicht verlängern, deshalb ist der Wechsel für alle Beteiligten die beste Lösung.“ Schiebers Vertrag wäre noch bis 2013 gelaufen – der VfB musste den Angreifer jetzt verkaufen, um noch eine Ablöse zu bekommen.

Sascha Riether vom Absteiger 1. FC Köln als neuer Rechtsverteidiger?

Fredi Bobic kann davon aber – wenn überhaupt – nur einen Bruchteil wieder in andere potenzielle Neuzugänge investieren. Die Vorgabe, einen Transferüberschuss von zehn Millionen Euro zu erwirtschaften, lässt dem Manager wenig finanziellen Spielraum auf dem Transfermarkt. Falls der VfB keinen weiteren Spieler mehr abgibt, hat Bobic aber nach jetzigem Stand ohnehin nur noch eine Baustelle zu beackern. Der Manager sucht nach dem Abgang von Khalid Boulahrouz noch einen neuen Rechtsverteidiger. Der polnische Nationalspieler Sebastian Boenisch von Werder Bremen ist dafür zwar weiter ein Kandidat, steht aber nicht mehr ganz oben auf der Liste. Bei den drei Vorrundenspielen bei der EM für Polen überzeugte Boenisch nicht, zudem gilt er als extrem verletzungsanfällig – in der vergangenen Saison machte er wegen eines Knorpelschadens im Knie nur vier Bundesligapartien.

Stattdessen könnte Sascha Riether vom Absteiger 1. FC Köln wieder ins Spiel kommen. Ursprünglich schreckten den VfB und andere Interessenten aus der Bundesliga die festgeschriebene Ablöse von 1,8 Millionen Euro ab. In den Kölner Planungen für die zweite Liga spielt Riether keine Rolle mehr – weshalb der FC den ehemaligen Wolfsburger, der noch einen Vertrag bis 2013 hat, jetzt gerne für ein Jahr ausleihen würde. Die Kölner haben realisiert, dass sie für einen potenziellen Tribünenhocker wohl keine Ablöse von 1,8 Millionen Euro bekommen werden. Bei einem billigeren Ausleihgeschäft könnte der VfB jetzt wieder in den Poker einsteigen.

Bei Julian Schieber dagegen sind die Roten aus dem Rennen – und das hat nicht nur mit dem verlockenden Angebot aus Dortmund zu tun. Selten spürte der gebürtige Backnanger, der 2006 als 17-Jähriger zum VfB kam, das bedingungslose Vertrauen von Trainer Bruno Labbadia. Oft saß Schieber nur auf der Bank, und wenn er von Beginn an randurfte, spielte er meist auf der linken offensiven Außenbahn – und nicht auf der bevorzugten Position als zentraler Stürmer.

Ausfall wegen Muskelbündelriss

Dennoch war Schieber nach einer verkorksten Saison lange nicht abgeneigt, das Angebot des VfB zur Vertragsverlängerung anzunehmen. Wegen eines Muskelbündelrisses war er in der vergangenen Spielzeit zunächst ein halbes Jahr ausgefallen, kam dann meist nur sporadisch zum Zug – die nächste Saison sollte so etwas wie der Neubeginn sein. Mehrfach sprachen Fredi Bobic und Bruno Labbadia Schieber das Vertrauen aus. Der lehnte Angebote von anderen Bundesligisten ab – aber als der Lockruf vom BVB kam, war der VfB aus dem Rennen.

In Dortmund freuen sie sich diebisch über den Transfer – Sportdirektor Michael Zorc und Trainer Jürgen Klopp waren spätestens nach Schiebers Gala-Auftritt beim legendären 4:4 in Dortmund im März angetan vom jungen Stürmer. Zwei Tore machte Schieber damals – als Linksaußen. Beim BVB soll er künftig als zentraler Stoßstürmer ran – auf dieser Position hat er aber erst mal Robert Lewandowski vor der Nase. „Julian ist ein physisch unglaublich starker, bulliger Stürmer. Er ergänzt unsere Offensive optimal, und für sein Alter ist er schon ein kompletter Spieler“, sagt Zorc. Der BVB spielt nächstes Jahr in der Champions League – wegen der Dreifachbelastung mit dem DFB-Pokal und der Meisterschaft rechnen sie in Dortmund fest damit, dass Schieber auf seine Einsatzzeiten kommt. Der Angreifer selbst wollte sich noch nicht zu seinem Wechsel äußern – erst wenn er den Vertrag unterschrieben habe, gebe er ein Statement ab, hieß es.