Nur wenige Teamkameraden haben zum Thema Mesut Özil Stellung bezogen. Foto: dpa

Der Präsident und der Integrationsbeauftragte des DFB haben sich zum Fall Mesut Özil geäußert. Von seinen früheren Mitspielern ist dagegen wenig bis nichts zu hören.

München - Reinhard Grindel hat sich mittlerweile geäußert. Viel zu spät, aber immerhin. Auch Cacau, früher Nationalspieler, nun Integrationsbeauftragter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), meldete sich zu Wort. Viel zu spät, aber immerhin. Der gebürtige Brasilianer startete sogar eine regelrechte Medienoffensive, um zu Mesut Özil, dessen Rassismus-Vorwürfen und dessen Rücktritt aus der Nationalmannschaft Stellung zu beziehen. Der Rest? Ist Schweigen. Bundestrainer Joachim Löw etwa hat sich seit Wochen nicht mehr konkret zu Özil eingelassen.

Löw von Rücktritt überrascht

Erstaunlich genug. Löw hat Özil zu 92 Einsätzen für die Nationalmannschaft berufen, Özil war eine Art Lieblingsspieler des Bundestrainers - ist es womöglich noch. Außerdem sind beide über dieselbe Berateragentur verbunden. Vom Rücktritt, zumindest aber von dessen Zeitpunkt, wurde Löw jedoch überrascht, im Urlaub auf Sardinien. Kommentare zu Özil sind von dort bislang nicht zu hören oder lesen. Mindestens ebenso auffällig ist das Schweigen der bisherigen Mitspieler in der Nationalmannschaft. Zu ein paar netten Worten des Abschieds in den Sozialen Netzwerken konnten sich nur Jerome Boateng, Julian Draxler und Antonio Rüdiger aufraffen, sie sind (oder waren) gemeinsam mit Özil Teil der „Bling-Bling-Fraktion“ in der DFB-Auswahl. Ilkay Gündogan, der wie Özil wegen des Fotos mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in der Kritik stand, sich aber dazu längst geäußert hatte, versah die drei Teile von Özils Erklärung mit Herzchen.

„Özil hätte er einen schöneren Abschied verdient“

Und sonst? Mathias Ginter, Weltmeister und immerhin Mitglied des Kaders für die WM in Russland, sagte ausweichend in Bild, Özil werde „seine Gründe haben“, es sei schade, dass so ein Spieler aufhöre, aber er kenne auch die Hintergründe des ganzes Falles nicht so genau. Nils Petersen vom SC Freiburg, der Özil immerhin während der Vorbereitung in Südtirol kurz erlebt hatte, sagte, er finde es „schade, wenn Politik und Fußball vermischt werden“, und ja, „Özil hätte er einen schöneren Abschied verdient“. Ansonsten? Nichts. Manuel Neuer, immerhin der Kapitän, hat über sein Management ausrichten lassen, er werde sich äußern, jedoch erst zu gegebener Zeit. Sami Khedira, bisher ein meinungsstarker Führungsspieler in der DFB-Auswahl (wie Boateng), außerdem einer mit Migrationshintergrund (wie Boateng und Rüdiger), blieb zuletzt stumm - ebenso Spieler wie Thomas Müller, Mats Hummels oder Mario Gomez, deren durchaus dezidierte Äußerungen auch in der Öffentlichkeit für gewöhnlich Gehör finden.

Unruhe in der Mannschaft

Es steht zu vermuten, dass dieses Schweigen mehr sagt als tausend Worte. Es ist kein großes Geheimnis, dass Özil, dem der DFB darüber hinaus vor der WM einen Verzicht auf den Medientag im Trainingslager gestattete, auch in der Mannschaft mindestens für Unruhe gesorgt hatte. „Am Anfang hat das schon ein bisschen gestört in der Mannschaft, war sogar belastend“, hatte Kapitän Neuer gesagt. Ausgeräumt, wie er behauptete, wurden die Probleme wohl nicht, jedenfalls nicht vollständig. Unterstützung für Özil ist aus dem Kreis der Nationalspieler bislang jedenfalls nicht zu hören. Zu einer Aktion wie die der Schweden, die sich während der WM im wahrsten Sinne des Wortes hinter ihren rassistisch attackierten Mitspieler Jimmy Durmaz stellten, haben sich der DFB und Özils bisherige Kollegen schon gleich gar nicht aufraffen können. Oder wollen.