Der konservative Grüne Winfried Kretschmann will am Bündnis mit der CDU festhalten. In seiner Partei gibt es aber Widerstand und den Wunsch nach einer Ampel. Wird der 72-jährige Wahlsieger beschädigt?
Stuttgart - Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann muss in seiner eigenen Partei um eine Neuauflage der Koalition mit der CDU kämpfen. Der Landesvorstand vertagte am Donnerstag nach fast dreistündiger Diskussion völlig überraschend eine Entscheidung über den Partner für Koalitionsverhandlungen.
Die Landesvorsitzenden Sandra Detzer und Oliver Hildenbrand teilten dazu mit: „Eine Entscheidung mit solcher Tragweite für das Land und die Zukunft Baden-Württembergs erfordert ein gründliches und sorgfältiges Abwägen.“ Und weiter: „Die heutige Beratung hat gezeigt, dass der Landesvorstand für diese wichtige Entscheidung mehr Zeit benötigt.“ Es werde „zeitnah“ weitere Beratungen geben.
Wie die dpa aus Parteikreisen in Stuttgart erfuhr, will Kretschmann unbedingt weiter mit der CDU regieren, im Vorstand gibt es aber Forderungen nach einem Ampelbündnis mit SPD und FDP. Auch Detzer und Hildenbrand hatten zuletzt intern für eine neue Dreierkoalition geworben.
Kretschmann muss um Grün-Schwarz kämpfen
Im Landesvorstand habe es zahlreiche Wortmeldungen zu der Empfehlung des Verhandlungsteams um Kretschmann gegeben, hieß es. Schon am Mittwoch hatten sich die Spitzen-Grünen ein hartes Ringen um die Frage geliefert, wer der richtige Partner für die Koalitionsgespräche ist. Die Fünfer-Gruppe um Kretschmann, die auch die Sondierungen geführt hatte, verhandelte fast elf Stunden lang in der Stuttgarter Regierungszentrale. Am Ende hieß es aber in Parteikreisen, man sei sich einig geworden.
Die Schalte des Landesvorstands, die um 8.00 Uhr begonnen hatte, lief länger als geplant. Die anschließende Online-Konferenz der Landtagsfraktion begann mit einer Stunde Verspätung um 11.00 Uhr, wie eine Fraktionssprecherin der dpa sagte.
Wegen der Vertagung des Landesvorstands dürfte auch der Zeitplan für die anvisierte Vorstellung der designierten Koalitionspartner hinfällig sein. Ursprünglich wollte sich die Grünen-Spitze gegen 12.00 Uhr mit dem potenziellen Partner im Stuttgarter Haus der Architekten treffen. Dort wollte man gemeinsam ein Sondierungspapier erstellen, das die Grundlage für die Koalitionsgespräche sein soll. Gegen 15.00 Uhr wollten die designierten Partner nach Plänen der Grünen vor die Presse treten.
Auch CDU verschiebt Gremiensitzungen
Wie die dpa erfuhr, hat auch die CDU ihre geplanten Gremiensitzungen wegen der noch fehlenden Entscheidung der Grünen verschoben. Die geplante Online-Konferenz mit den Kreisvorsitzenden wurde auf unbestimmte Zeit am Donnerstag verlegt.
Dem Vernehmen war der 72-jährige Kretschmann engagiert für eine Fortsetzung der Koalition mit der CDU eingetreten. Die Union hatte die Landtagswahl vor zweieinhalb Wochen klar gegen die Grünen verloren. Detzer und Hildenbrand hatten dem Vernehmen nach am Mittwoch argumentiert, mit der CDU sei kein Aufbruch möglich. Außerdem fehle nach den Auseinandersetzungen in den vergangenen fünf Jahren das Vertrauen. Hildenbrand hatte schon im Wahlkampf erklärt, die Union sei beim Klimaschutz ein „Klotz am Bein“ gewesen. Kretschmann verwies am Mittwoch darauf, dass die Union den Grünen hier nun stark entgegenkommen wolle.