Folgt den Rechtsgutachtern: Landtagspräsidentin Muhterem Aras. Foto: dpa

Das Parlamentspräsidium hört Rechtsexperten an und macht sich ihr Votum zu eigen.

Stuttgart - Die vom Landtag beauftragten Rechtswissenschaftler Christofer Lenz (Stuttgart), Martin Morlok (Düsseldorf) und Martin Nettesheim (Tübingen) stellten am Dienstagabend ihr gemeinsames Gutachten dem Landtagspräsidium vor. Auf insgesamt 35 Seiten waren sie zu dem Schluss gekommen, dass zwei Fraktionen mit Mitgliedern derselben Partei im Parlament möglich sind. Die Juristen stellten sich in der gut zweistündigen Sitzung auch den Fragen der Abgeordneten.

„Ich folge dem Gutachten“, erklärte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) im Anschluss. Damit sei die Alternative für Baden-Württemberg (ABW) seit ihrer Abspaltung von der AfD-Fraktion am 6. Juli eine eigene Fraktion. „Ziel war es, Rechtssicherheit zu bekommen. Diese Rechtssicherheit haben wir jetzt“, sagte Aras. Sie dankte den Gutachtern für ihre „klaren und detaillierten Aussagen“.

Die Landtagsverwaltung werde die ABW finanziell nun so ausstatten wie die anderen Fraktionen, so Aras. Das bedeute, dass die ABW-Fraktion rückwirkend die gleichen Zahlungen erhalte wie die anderen Oppositionsfraktionen. Die Landtagspräsidentin forderte ABW und AfD auf, möglichst rasch für klare Verhältnisse zu sorgen. Vorher mache es keinen Sinn, über weitere Folgen der Abspaltung zu beraten.

AfD verhandelt über Fusion

Der Hintergrund: Vertreter der verfeindeten AfD-Lager im Landtag verhandeln seit Dienstag offiziell über eine Wiedervereinigung – ungeachtet des Gutachtens.

Lenz, Morlok und Nettesheim hatten ausgeführt, weder die Landesverfassung noch das Fraktionsgesetz noch die Geschäftsordnung des Landtags enthielten Regelungen, die der Gründung einer neuen Fraktion durch AfD-Abgeordnete widersprechen würden, nur weil es bereits eine Fraktion von AfD-Mandatsträgern gebe. Die Fraktionsbildung basiere auf dem freien Mandat jedes einzelnen Abgeordneten. Zwar könne der Landtag jederzeit eine Regelung erlassen, die die Gründung einer „Parallelfraktion“ untersagt. Diese könne aber „einer bereits existierenden Fraktion den Status nicht entziehen“.

AfD-Landes- und -Bundeschef Jörg Meuthen, bis dahin auch AfD-Fraktionschef im Landtag, hatte Anfang Juli mit 13 weiteren Abgeordneten die AfD-Fraktion verlassen und die Fraktion Alternative für Baden-Württemberg gegründet. Grund für die Spaltung war, dass Meuthen wiederholt keine Zwei-Drittel-Mehrheit gefunden hatte für einen Ausschluss Wolfgang Gedeons.

Der Arzt im Ruhestand vertritt in seinen Büchern antisemitische Positionen. Er ist inzwischen aus der Rest-AfD-Fraktion ausgetreten, die damit noch über acht Abgeordnete verfügt. Ursprünglich war die AfD-Fraktion mit 23 Abgeordneten stärkste Oppositionskraft im Parlament gewesen.

Sänze: Wir wollen wieder zusammenkommen

Am Dienstag trafen sich jeweils drei Mitglieder der Rest-AfD und der Gruppe um Meuthen. Die Stimmung sei gut und konstruktiv gewesen, erläuterte Emil Sänze, Fraktionsvize der Rest-AfD-Fraktion. Meuthen hatte nach der Spaltung der Fraktion eine Wiedervereinigung zunächst kategorisch ausgeschlossen. Er setzte darauf, weitere Mandatsträger aus der Rest-Fraktion auf seine Seite zu ziehen, damit diese den Fraktionsstatus verlöre. Um eine Fraktion zu bilden, bedarf es mindestens sechs Abgeordneter.

Sänze sagte, die Wahrscheinlichkeit einer Fusion liege bei 80 bis 90 Prozent. „Wir wollen wieder zusammenkommen.“

„Die AfD führt den Landtag an der Nase herum“, sagte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz nach der Sitzung des Landtagspräsidiums unserer Zeitung. Der Ball liege nun bei ihr. „Die AfD muss sich erklären, ob sie eine Fraktion sein oder zwei Fraktionen haben will.“ Erst wenn die AfD sich erklärt habe, werde man über Fragen etwa hinsichtlich der Besetzung von Ausschüssen sprechen.