Felix Anton Koch und Maja Fexmer mit den kostenlosen Periodenprodukten im Sindelfinger Stiftsgymnasium Foto: Eibner-Pressefoto/Roger Bürke

Fünf Wochen lang lagen im Sindelfinger Stiftsgymnasium kostenlos Menstruationsprodukte wie Binden und Tampons aus. Der Jugendgemeinderat will die Projektidee ausweiten.

Papierhandtücher und Seife, seit Beginn der Coronapandemie auch Desinfektionsmittel. Das gibt es wohl auf allen Schultoiletten. Im Stiftsgymnasium Sindelfingen fanden sich von Juli bis September in der Toilette auf drei Rollwagen auch Menstruationsartikel wie Binden, Tampons und Slipeinlagen – kostenlos und frei zugänglich.

 

Bisher ist Sindelfingen diesbezüglich ein weißer Fleck auf der Landkarte gewesen. Wenn es nach Maja Fexmer und Felix Anton Koch geht, beide Mitglied im Sindelfinger Jugendgemeinderat (JGR), soll sich das mit dem Pilotprojekt ändern. Die beiden ziehen für das Stiftsgymnasium eine positive Bilanz. „Das Interesse an den Produkten war groß, vor allem bei Binden. Nur wenige Artikel sind übrig geblieben. Erfreulich war auch, dass wir keinen Vandalismus oder Diebstahl haben beobachten können“, blickt Fexmer, selbst Schülerin am Stiftsgymnasium, auf die Aktion zurück.

Andere Städte im Land haben es vorgemacht

Vorbildern in Tübingen, Karlsruhe oder Heidelberg folgend, hat Maja Fexmer für Sindelfingen die Idee angestoßen. „In meinem Umfeld habe ich regelmäßig gehört, dass gerade in der Schule, wo Mädchen und junge Frauen viel Zeit verbringen, ein Angebot von Periodenprodukten hilfreich wäre. Vor allem jüngere Mädchen, so unsere Erfahrung, trauen sich oft nicht, nach Binden zu fragen, obwohl sie sie brauchen würden. Das Thema ist noch immer weitgehend ein Tabu und mit großer Scham behaftet. Wir möchten, dass Binden und Tampons genauso selbstverständlich in Toiletten vorzufinden sind wie Seife und Papierhandtücher.“

Um unangenehme Situationen, in denen Menstruierende im Sekretariat oder bei Mitschülerinnen nach einem Artikel fragen müssen, zu vermeiden und auch auf das Thema der Kosten einzugehen, hat der Jugendgemeinderat gemeinsam mit dem Jugendbüro der Stadt das Pilotprojekt in der Toilette des Stiftsgymnasiums durchgeführt. „Mit dem Angebot wollen wir nicht nur dazu beitragen, dass Menstruation aus dem Schatten heraustritt und als normaler biologischer Vorgang angesehen wird, sondern auch den Mädchen und Frauen helfen, die sich Periodenartikel nicht leisten können“, erklärt Jana Kastner vom Jugendbüro.

Denn tatsächlich ist die Ausstattung mit den richtigen Menstruationsprodukten auch eine Frage des Geldes. „Nicht alle können sich die Periodenartikel leisten. Umfragen ergeben immer wieder, dass Betroffene sich besser versorgen würden, wenn sie günstiger oder kostenfrei wären. Es ist also auch eine gesellschaftliche Aufgabe, für einen offenen Zugang zu sorgen“, betont Maja Fexmer. Die Online-Plattform Statista hat ausgerechnet, dass Frauen im Laufe ihres Lebens rund 7000 Euro für Menstruationsartikel ausgeben müssen. Manche Berechnungen gehen sogar noch von weit höheren Summen aus.

Je älter die Schüler, umso mehr Zustimmung

Während der Großteil der Schülerinnen das Gratis-Angebot begrüßen, scheint bei den männlichen Vertretern der Schülerschaft noch Überzeugungskraft und Aufklärung nötig. „Eine Umfrage, die wir im März 2022 vor Verteilen der Produkte an der Schule umgesetzt haben, hat gezeigt, dass es breite Zustimmung gibt. 60 Prozent der Befragten hatten ‚ja’ gesagt. Die 30 Prozent, die gleichgültig sind oder es ablehnen, sind zumeist Jungs“, erläutert Kastner. Aus dem Kreise der Männer komme häufig der Einwand, dass Kondome auch nicht kostenfrei seien. „Das ist natürlich ein völlig schiefer Vergleich und nicht Aufgabe der Schule, dies zur Verfügung zu stellen“, findet Fexmer.

Tatsächlich sehen die Organisatoren und Organisatorinnen des Sindelfinger Pilotprojekts nicht nur bei Männern Informationsbedarf, gerade auch jüngere Mädchen, für die Menstruation ein relativ neues körperliches Phänomen darstellt, bräuchten häufig noch mehr Aufklärung. „Wir haben deshalb angeregt, dies noch größer in den Biologie-Unterricht einfließen zu lassen und vielleicht auch an einem Projekttag in den Vordergrund zu stellen. Je häufiger wir alle darüber geredet haben, ums leichter war es auch“, so Fexmer.

Gemeinderat und Stadt sollen über Antrag entscheiden

Um dem Projekt, das den Jugendgemeinderat insgesamt rund 800 Euro gekostet hat, noch mehr Wirkungskraft zu verleihen und mehr Menstruierende in den Genuss kostenloser Periodenartikel kommen zu lassen, bereitet der Jugendgemeinderat aktuell einen Antrag vor, der an den Gemeinderat und die Stadtverwaltung gerichtet ist. Wir wünschen uns, dass auch an den anderen weiterführenden Schulen und Jugendeinrichtungen in Sindelfingen ein solches Angebot besteht“, erklärt Felix Koch. Da die Stadt Trägerin der meisten Schulen ist, könnten die nötigen Menstruationsprodukte durch das städtische Budget finanziert werden.

Mit dem gleichen Ziel, nur in anderer Reihenfolge, sind die JGR-Kollegen aus Böblingen in derselben Thematik vorgegangen. Anders als Sindelfingen haben die Böblinger Jugendgemeinderatsmitglieder noch keinen Pilotversuch in Schulen hinter sich, dafür aber bereits den Antrag für den Gemeinderat eingestellt. „Für uns ist das Thema Menstruationsartikel auf Schultoiletten äußerst wichtig. Deshalb haben wir die Forderung, dass Hygieneartikel an Schulen kostenfrei und frei zugänglich bereitgestellt werden“, heißt es auf der Website des Jugendgemeinderats in Böblingen.