Rainer Koch hat als Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) große Zweifel, dass die Bundesligabegegnung zwischen 1899 Hoffenheim und Bayer Leverkusen noch einmal ausgetragen wird. Foto: Getty Images

Von der FIFA gibt es nach dem Phantomtor von Stefan Kießling noch kein Signal, die Zeichen für ein Wiederholungsspiel stehen auch deshalb nicht gut. Rainer Koch hat als DFB-Vizepräsident große Zweifel, dass die Bundesligabegegnung zwischen 1899 Hoffenheim und Bayer Leverkusen noch einmal ausgetragen wird.

Frankfurt/Main - Von der FIFA gibt es nach dem Phantomtor von Stefan Kießling noch kein Signal, die Zeichen für ein Wiederholungsspiel stehen auch deshalb nicht gut. Rainer Koch hat als Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) große Zweifel, dass die Bundesligabegegnung zwischen 1899 Hoffenheim und Bayer Leverkusen noch einmal ausgetragen wird. „Die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering, dass es zu einem Wiederholungsspiel kommt“, sagte Koch der „Bild“-Zeitung.

Der beim DFB für Rechtsfragen zuständige Koch hofft, dass sich der Weltverband FIFA möglichst schnell mit einer Bewertung meldet. „Es ist aber wohl so, dass man einen Regelverstoß konstruieren müsste, damit der Einspruch berechtigt ist“, fügte Koch hinzu. Auch in Richtung der FIFA hatte er schon zuvor gefragt, ob nun die Tatsachenentscheidung erschüttert werden müsse, damit es eine Wiederholung des Spiels geben könne. Ansonsten gab es beim DFB am Montag „keinen neuen Sachstand“. Nach dem Einspruch der Hoffenheimer findet die Verhandlung vor dem Sportgericht erst nächste Woche statt, da am Donnerstag beim DFB-Bundestag Gremien neu besetzt werden könnten.

Kießling hatte beim 2:1-Erfolg der Leverkusener am Freitagabend den Treffer zum 2:0 zugesprochen bekommen, obwohl sein Kopfball an das Außennetz nur wegen eines Lochs im Netz im Tor gelandet war. Der Unparteiische Felix Brych entschied dennoch auf Tor. „Wenn Schiedsrichter Brych Zweifel hat, muss er weiterlaufen lassen oder seinen Assistenten befragen. Hat er nicht. Ein Regelverstoß“, sagte Hoffenheims Anwalt Markus Schütz.

Sportanwalt Christoph Schickhardt erklärte jedoch im TV-Sender Sky Sport News HD: „Ein Zweifel ist kein Regelverstoß. Hier liegt allenfalls ein Fehler des Schiedsrichter-Teams vor“, sagte der erfahrenste Anwalt im deutschen Fußball. Brych hatte eingeräumt, dass er „leichte Zweifel“ in der Situation hatte. Für den ehemaligen Verfassungsrichter Udo Steiner stellt sich die Frage, „ob ein Fall von Unerträglichkeit gegeben ist“. Die FIFA, so sagte er in der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, achte darauf, „dass wir keine Sonderwege gehen.“

Steiner will sich nicht zu den Erfolgsaussichten von Hoffenheims Protest äußern, da er als Vorsitzender des DFB-Schiedsgerichts die letzte Instanz in dem Rechtsstreit werden könnte. Die FIFA beruft sich bei umstrittenen Treffern auf die Tatsachenentscheidungen der Referees und hatte die Regel 5 verschärft: Demnach sind Entscheidungen des Schiedsrichters zu spielrelevanten Tatsachen „endgültig“.

Nach Ansicht von Anton Nachreiner, dem Vorsitzenden des DFB-Kontrollausschusses, ist der Fall Kießling auch nicht mit dem Fall Thomas Helmer vergleichbar. Der Nationalspieler hatte 1994 für den FC Bayern ein Phantomtor gegen den 1. FC Nürnberg erzielt, daraufhin setzte der DFB ein Wiederholungsspiel an. Damals sei man von einem Regelverstoß des Schiedsrichters ausgegangen, weil sich dieser nicht beim Linienrichter rückversichert habe, sagte Nachreiner im Bayerischen Rundfunk. Im jetzigen Fall sei kein Regelverstoß erkennbar.

"Tatsachenentscheidungen werden von der FIFA in sehr hohem Maß geschützt"

„Die Tatsachenentscheidungen des Schiedsrichters werden von der FIFA in sehr hohem Maß geschützt“, erklärte auch der Deggendorfer Amtsgerichts-Direktor. Das sei auch gut, so Nachreiner, sonst würde jedes Fußballspiel ein juristisches Nachspiel haben. 1997 hat die FIFA ein Urteil des DFB kassiert, als dieser nach einem fälschlicherweise gegebenen Tor durch Thomas Häßler auf ein Wiederholungsspiel zwischen 1860 München und dem Karlsruher SC entschieden hatte. Dieses Mal will sich der DFB ausdrücklich vom Weltverband beraten lassen.

Das Skandalspiel von Hoffenheim hat auch die Debatte über den Videobeweis neu entfacht. DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig verteidigte die Einführung der Torlinientechnologie in der Bundesliga nicht vor 2015. „Wir sind in der Deutschen Fußball Liga nicht gegen den technischen Fortschritt, aber wir sprechen hier über ein hochkomplexes System, das möglicherweise noch störanfällig ist“, erklärte Rettig in der „FAZ“. Eine Fehlertoleranzgrenze von drei Zentimetern, die der Weltverband FIFA derart zulasse, sei „für uns nicht annehmbar“.

Das System GoalControl einer Firma aus Würselen war bereits beim Confederations Cup im Sommer in Brasilien erfolgreich getestet worden und wird auch bei der WM 2014 angewandt. Es beruht auf einer dreidimensionalen Kontrolle des Balls durch 14 Kameras. In England und in den Niederlanden wird die Hawk-Eye-Technik benutzt. Italien setzt auf Torrichter, wie die UEFA im Europapokal. „Wir müssen uns auch die Frage stellen: Rüsten wir dafür nur die Stadien der ersten oder auch die der zweiten Liga um?“, sagte Rettig.