Verkalkuliert: Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez musste mit seiner PSOE Verluste hinnehmen. Foto: dpa/Bernat Armangue

Nach den Parlamentswahlen am Sonntag erreichen weder die drei Links- noch die drei Rechtsparteien eine absolute Mehrheit. Die rechtsextrem Vox legt deutlich zu.

Madrid - Die Spanier haben an diesem Sonntag ein neues Parlament gewählt. Laut der Prognose des staatlichen Rundfunks RTVE nach Schließung der Wahllokale um 20 Uhr bleibt das bisherige politische Patt zwischen linken und rechten Parteien bestehen. Keiner der beiden Blöcke links und rechts der Mitte nähert sich der absoluten Mehrheit. Sozialisten (PSOE), Unidas Podemos und Más País kamen demnach gemeinsam auf knapp 42 Prozent der Stimmen – drei Punkte zurück hinter konservativer Volkspartei (PP), Ciudadanos und Vox mit gemeinsam knapp 45 Prozent. Stärkste Partei, wenn auch mit leichtem Stimmenrückgang, wurde nach den Prognosen wieder die PSOE des amtierenden Ministerpräsidenten Pedro Sánchez.

Zugelegt haben die PP und die rechtsextreme Vox, zulasten der dritten Rechtspartei Ciudadanos. Die Wahlen haben damit das Ergebnis erbracht, mit dem die meisten gerechnet hatten: Spanien bleibt unregierbar – wenn sich die Politiker nicht einen gewaltigen Ruck geben. Genau dazu waren sie nach den vorigen Wahlen im April dieses Jahres nicht in der Lage. Was die spanischen Parteien eint, ist ihre Tendenz, den politischen Gegner zu verteufeln und „rote Linien“ zu ziehen, die bei möglichen Verhandlungen keineswegs überschritten werden dürfen.

Bemerkenswert ist, dass die Spanier an diesem Sonntag trotzdem noch in nennenswerter Zahl zu den Urnen gegangen sind. Die Wahlbeteiligung lag um 18 Uhr mit knapp 57 Prozent zwar deutlich unter der Ende April, aber doch nur wenig unter dem Mittel der Wahlen der vergangenen vier Jahrzehnte. Verkalkuliert hat sich vor allem Ministerpräsident Sánchez, der sich nach den letzten Wahlen auf Koalitionsverhandlungen mit den Linkspopulisten von Unidas Podemos einließ, aber nach nur wenigen Tagen das Handtuch warf. Stattdessen setzte er lieber Neuwahlen an, aus denen er gestärkt hervorzugehen hoffte. Das Gegenteil ist eingetreten.

Ultrarechte Vox-Partei wird zur drittstärksten Kraft im Parlament

Verkalkuliert hat sich auch Ciudadanos, die bei diesen Wahlen eingebrochen sind. Sie waren einst als liberale Partei angetreten, um das starre Zweiparteiensystem aufzubrechen, wanderten dann aber immer weiter nach rechts. Nach den Wahlen im April hätten Sánchez‘ PSOE und Ciudadanos problemlos gemeinsam eine Regierung mit absoluter Parlamentsmehrheit bilden können, aber dafür war die PSOE nur ungern und Ciudadanos überhaupt nicht zu haben. Mit den Ergebnissen von diesem Sonntag ist die Tür für eine solche Koalition verschlossen.

Grund zum Feiern hat dagegen die rechtsextreme Partei Vox, die in Spanien bis vor zwei Jahren nicht die geringste Rolle spielte, und nach diesen Wahlen laut Prognose mit rund 16 Prozent drittstärkste Kraft im Lande ist. Groß geworden ist Vox als spanisch-nationalistische Antwort auf den katalanischen Nationalismus, der zurzeit versucht, die spanische Einheit zu sprengen.