Der Prozess gegen den Gastwirt läuft seit November 2022. Foto: /Ines Rudel

Beim Prozess nach dem Leichenfund in Sirnau stehen komplett verschiedene Versionen des Tatgeschehens im Raum. Die Staatsanwaltschaft fordert lebenslange Haft, die Verteidigung Straffreiheit für die Tötung.

„Ich bin kein Mörder“, sagte der Angeklagte in seinen abschließenden Worten vor dem Landgericht in Stuttgart. Der Hotelbetreiber aus Stuttgart-Untertürkheim soll genau vor einem Jahr, am 17. April 2022, dem Ostersonntag, einen seiner Gäste getötet haben, um an dessen Barvermögen zu gelangen. Anschließend soll der 47-Jährige die Leiche des Mannes in einem Waldstück bei Esslingen-Sirnau abgelegt haben. So sieht es zumindest die Staatsanwaltschaft. Am vorletzten Prozesstag am Montag forderte sie daher eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes für den Gastwirt. Die Verteidigung plädierte hingegen auf Straffreiheit für die Tötung, nur die Unterschlagung soll ihm zulasten gelegt und mit zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis bestraft werden. Es sei ein spontaner Kampf gewesen, erklärte der Verteidiger, und daher Notwehr.

Aus Sicht des Vertreters der Staatsanwaltschaft ist die Sache klar: Der 47-jährige Hotelier habe es auf das beträchtliche Barvermögen seines damals frisch eingezogenen Langzeitgasts abgesehen. Das Hotel sei nicht so gut gelaufen, hinzu kamen private finanzielle Verpflichtungen, die den Gastwirt in die Bredouille gebracht hätten. Da sei es „ein Geschenk des Himmels gewesen“, sagte der Oberstaatsanwalt, dass das 59 Jahre alte spätere Opfer mit derart viel Bargeld bei ihm aufgetaucht sei. Rund 400 000 Euro habe der Gast aus dem Verkauf eines Hauses bekommen und in 200-Euro-Scheinen bei sich gehabt. Die Ankläger sind davon überzeugt, dass der 59-Jährige dem Angeklagten das Geld übergab, damit dieser es in einem Tresor des Hotels aufbewahrte.

Hantel statt Schusswaffe?

Doch der Angeklagte, so die Version der Staatsanwaltschaft, habe mehr als 100 000 Euro unberechtigt herausgenommen. Das habe der Gast bemerkt und den Angeklagten zur Rede gestellt. Aus Angst vor einer Anzeige und dass er das Geld wieder verlieren würde, habe der Hotelier beschlossen, den 59-Jährigen zu beseitigen. Er soll den Gast in den Keller des Hotels gelockt und mit einer Hantel getötet haben. Anschließend habe der Angeklagte das restliche Geld an sich genommen. Mit Habgier und der Verdeckungsabsicht wären zwei Mordmerkmale erfüllt, was eine lebenslange Freiheitsstrafe bedeuten würde. Außerdem forderte die Staatsanwaltschaft drei Jahre Haft wegen der veruntreuenden Unterschlagung des anvertrauten Geldes. Die Nebenklage schloss sich dem an.

Der Verteidiger des Angeklagten wies derweil auf die „umfangreichen Unklarheiten“ hin, die es noch in diesem Fall gebe. Wenn sein Mandant die Tötung doch geplant habe, fragte der Verteidiger, wieso dann im Keller des Hotels, wo doch die Gefahr, entdeckt zu werden, sehr hoch ist? Außerdem besitze der 47-Jährige eine Schusswaffe. Wieso wählte er dann ausgerechnet ein derart unpraktisches Werkzeug für die Tat? Der Anwalt des Angeklagten erklärte: „Das ergibt keinen Sinn.“ Viel mehr deuteten die Umstände auf einen spontanen Kampf hin.

Laut Gastwirt eskaliert ein Streit

Laut dem Angeklagten kam es in der Tiefgarage zu einem Streit zwischen ihm und dem Langzeitgast, weil dieser immer wieder unerlaubt Second-Hand-Kleider auf dem Betriebsgelände verkauft habe. Dabei sei der 59-Jährige auf den Hotelier losgegangen, habe ihn in einen Reifenstapel gedrückt, mit dem Unterarm gewürgt und auf ihn eingeschlagen. Der Gastwirt habe sich dann die Hantel aus dem Regal gegriffen und auf den Gast eingeschlagen. Laut Verteidiger war das ein Notwehrexzess. Das Geld habe er erst danach an sich genommen, im Tresor des Hotels sei nichts eingelagert gewesen. „Ich habe das weder gewollt, noch gewusst, noch geplant“, sagte der bereits vorbestrafte Mann auf der Anklagebank. Das Urteil soll am Mittwoch verkündet werden.