Michael Sladeks Äußerungen im Interview mit den Stuttgarter Nachrichten stoßen fraktionsübergreifend auf Kritik. Foto: Leif Piechowski

Michael Sladeks Interview mit den Stuttgarter Nachrichten sorgt für Wirbel: Konfrontationskurs gegenüber der EnBW stößt auf breite Ablehnung.

Stuttgart - Einige Stadträte sind erstaunt, andere sehen sich in ihrer Skepsis bestätigt: Michael Sladeks Äußerungen im Interview mit den Stuttgarter Nachrichten stoßen fraktionsübergreifend auf Kritik. Der Chef der Elektrizitätswerke Schönau (EWS) hatte von den Stadtwerken Stuttgart gefordert, im Wettbewerb um Kunden auf Konfrontation mit Energiekonzernen wie der EnBW zu gehen. Zudem beklagte er Defizite beim Marketing. Die EWS liefert den Stadtwerken StuttgartÖkostrom und Gas und hält 40 Prozent der Stadtwerke Stuttgart Vertriebsgesellschaft.

Peter Pätzold, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Gemeinderat, räumt ein, dass es in der Werbekampagne für kommunale Energie „noch Luft nach oben“ gibt. „Die Aufforderung, der EnBW, die als Grundversorger Platzhirsch unter den Energieunternehmen ist, gegen das Bein zu treten, hat mich aber verwundert“, sagt er. Außerdem würde Sladek mit der Forderung nach mehr Marketing von seinem ursprünglichen Konzept abweichen: Vor dem Zusammengehen von EWS und Stadtwerken habe Sladek statt auf teure Werbekampagnen auf Überzeugung durch Qualität und Mund-zu-Mund-Propaganda gesetzt. „Als Mitgesellschafter der Stadtwerke ist Sladek auch für die Werbekampagne verantwortlich“, stellt Pätzold klar. Dessen Prognose, dass eines Tages jeder zweite Haushalte Kunde der Stadtwerke ist, hält er für eine Utopie, da viele Bürger gar keinen Wechsel wollten.

Für den CDU-Fraktionsvorsitzenden Alexander Kotz bestätigen die Äußerungen Sladeks die Befürchtungen seiner Partei, dass die EWS nicht der richtige Kooperationspartner sind. „Wir haben von Anfang an infrage gestellt, dass die Verhältnisse von Schönau auf eine Großstadt wie Stuttgart übertragbar sind“, sagt er und hält es für den falschen Weg, gegenüber der EnBW aggressiv aufzutreten. „Die Vertriebsgesellschaft hat nicht die geeigneten Instrumente für die Werbekampagne“, stellt er fest und sieht Sladek in der Verantwortung. An Martin Rau, einem von zwei Geschäftsführern der Stadtwerke, liege es jedenfalls nicht. „Der kennt Stuttgart, und der hat Ahnung von Werbung“, ist Kotz überzeugt.

Kunden über Identifikation mit Stadt gewinnen

„Das ist Wasser auf unsere Mühlen“, sagt FDP-Fraktionsvorsitzender Bernd Klingler und verweist auf Gutachten, dass 68 Prozent der Bürger den Energieanbieter nur deshalb wechseln, weil er billiger ist. Die FDP und die Freien Wähler waren dagegen, dass die Stadt zum Energieanbieter wird. „Nur mehr Werbung bringt nichts. Wir müssen Kooperationen mit Verbänden und Vereinen eingehen“, sagt er.

So sieht es auch SPD-Stadtrat Manfred Kanzleiter: „Offensiv auf Baugenossenschaften und Baugesellschaften oder Vereine zugehen und Gruppenangebote machen“, darin sieht er eine gute Möglichkeit, mehr als die bisher 4000 Kunden zu gewinnen. Ziel müsse tatsächlich sein, dass die Hälfte der Stuttgarter Haushalte ihre Energie über die Stadtwerke beziehen. Dass dieses Ziel nur mit Investitionen zu verwirklichen ist, steht für Kanzleiter außer Frage. Sein Rat an Sladek: Er solle „sich nicht zum Schwarzen Peter machen“.

Einig sind sich die Fraktionen darin, dass es gelingen muss, Kunden über die Identifikation mit der Stadt zu gewinnen. Denn wenn Bürger Energie bei den Stadtwerken kauften, komme das Geld der Stadt zugute.