SAM Automotive ist am Firmensitz Böhmenkirch einer der großen Arbeitgeber. Foto: SAM

Ein Brand in einem Werk im Kreis Göppingen und die Absatzlage haben den Autozulieferer SAM wohl in Schräglage gebracht. IG Metall wirft den Eigentümern mangelnde Investitionen vor.

Stuttgart - Der Hersteller von Aluminium-Zierleisten und Dachrelingsystemen für Autos SAM Automotive Group mit Sitz in Böhmenkirch (Kreis Göppingen) hat am Montag Insolvenzantrag beim Amtsgericht Aalen gestellt. Als Hauptgründe für die Insolvenz gibt das Unternehmen die Auswirkungen eines Großbrandes in einem der Hauptwerke im März dieses Jahres sowie eine abgeschwächte Nachfrage an. Am 10. März war die Feuerwehr zu einem Großeinsatz im SAM-Galvanikwerk Böhmenkirch-Heidhöfe angerückt, bei dem nach Angaben des Unternehmens ein Teil der Werkshalle zerstört worden war. Menschen kamen nicht zu Schaden.

„Der Brand hat die Probleme sicher verschärft“, sagt dazu Manuel Schäfer, IG-Metall-Gewerkschaftssekretär in Göppingen und seit Jahren Betreuer des Unternehmens. Tatsächlicher Insolvenzgrund seien seines Erachtens aber mangelnde Investitionen in die ineffizienten Arbeitsabläufe des Unternehmens. SAM sei wie ein „schwäbischer Anbau“, so Schäfer: über die Jahre gewachsen, mit wenigen Investitionen realisiert und verwinkelt. Unter den früheren Besitzern, den Brüdern Hans und Ottmar Binder sei die Süddeutsche Aluminium Manufaktur, so der Name hinter der Abkürzung, von einer Garagenfirma zu einem Unternehmen mit einer Viertelmilliarde Umsatz gewachsen.

Im Frühjahr 2016 verkauften die Binders das Unternehmen, das von ihrem Vater gegründet ursprünglich für die WMF Polier- und Schleifarbeiten übernommen hatte, an die Münchner Beteiligungsgesellschaft Bregal. Hinter Bregal steht die niederländische Unternehmerfamilie Brenninkmeijer, Gründer der Textilhandelskette C&A. Schon damals war die wirtschaftliche Lage von SAM Schäfer zufolge nicht glänzend. Das Unternehmen selbst spricht von der „insolvenzgefährdeten Binder-Gruppe“ als seinem Ursprung. Bregal, so Schäfer, habe versäumt, die Investitionen zu tätigen, die für eine Neuaufstellung nötig gewesen wären. Verschärft habe sich die Lage zuletzt dadurch, dass Knowhow und Kapazitäten abgezogen worden seien, um ein Werk für ungarische Kunden in der Slowakei zu errichten, das Ende 2018 an den Start gehen sollte.

Geschäftsbetrieb soll in allen Werken weiterlaufen

In einer Pressemitteilung des vorläufigen Insolvenzverwalters Holger Leichtle von der Kanzlei Schultze & Braun heißt es, der Geschäftsbetrieb laufe in allen Werken unverändert weiter. Die rund 1800 Mitarbeiter der Gruppe erhielten Insolvenzgeld, über das sie bis Ende Oktober abgesichert seien. Laut IG Metall beschäftigt SAM neben den eigenen etwa 500 Leiharbeiter und 200 bis 300 Beschäftigte mit Werksvertrag. Weiter heißt es in der Mitteilung von Leichtle, die Geschäftsleitung habe in den vergangenen Monaten intensiv an verschiedenen Rettungsszenarien gearbeitet. „Alle Beteiligten haben die Bereitschaft gezeigt, eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten und auch weiteres Kapital bereitzustellen. Allerdings war die Zeit zu knapp, um eine Möglichkeit außerhalb der Insolvenz zu realisieren.“

Auch Schäfer berichtet von Restrukturierungsgesprächen zwischen Bregal, den finanzierenden Banken und Kunden, die in der letzten Woche vorläufig gescheitert seien. Übers Wochenende habe es bereits Telefonate eines vorläufigen Gläubigerausschusses unter Beteiligung der IG Metall gegeben, in denen sowohl der SAM-Hauptkunde Volkswagen als auch der Hauptkreditgeber, die Kreissparkasse Göppingen, großes Interesse an der Weiterführung des Unternehmens signalisiert hätten.