In der Unterkunft in Marbach ist nachts ein Feuer ausgebrochen. Foto: Archiv (KS-Images.de/Karsten Schmalz)

Eine Bewohnerin der Unterkunft war am Feuer aufgewacht und hatte die Polizei alarmiert.

Marbach/Heilbronn - Das ganze Ausmaß des Brandes in einer Asylunterkunft am Bahnhof in Marbach vergangenen Sommer haben Zeugen am Freitag vor dem Landgericht Heilbronn detailgenau skizziert. Vor Gericht steht ein 25-jähriger Mann wegen fahrlässiger Brandstiftung sowie fahrlässiger Körperverletzung in drei Fällen. Allerdings hält die Staatsanwaltschaft den Angeklagten aufgrund einer psychischen Erkrankung für nicht schuldfähig und beantragt seine Unterbringung in einer geschlossenen Psychiatrie.

An diesem zweiten Verhandlungstag des Verfahrens wurden zahlreiche Zeugen der Brandnacht gehört. Eine junge Anwohnerin der Unterkunft berichtete, dass es in dieser Sommernacht Ende August „so extrem laut war, wie eigentlich immer“: Auch den gelegentlichen Schreien schenkte sie noch keine Beachtung. „Ich hörte auch mal einen Knall, doch wirklich aufgewacht bin ich, weil mein ganzes Zimmer verraucht war und ich das Knistern von Flammen wahrnahm“, berichtete die Kauffrau sachlich den Prozessbeteiligten.

Ein Blick aus dem Fenster offenbarte den Grund: „Die Unterkunft genau gegenüber stand lichterloh in Flammen.“ Sie alarmierte unmittelbar die Polizei, die noch nicht informiert war. Anschließend machte sich die junge Frau zum Bahnhof auf, um den Bewohnerinnen und Bewohnern samt halbbekleideten Kindern der Unterkunft, die sich dort versammelt hatten, zu helfen.

Sichtlich beeindruckt auch noch nach dieser langen Zeit zeigte sich ein junger Marbacher, der bei dem Brand seinen ersten Einsatz bei der Freiwilligen Feuerwehr erlebte. Der 22-Jährige kämpfte sich mit seinen Kollegen durch die Flammen, um sicherzugehen, dass keine Menschen mehr in dem Gebäude waren. „Als wir über die Außentreppe in den Flur kamen, stand schon alles in Flammen, die Tür eines Zimmers war bereits weggebrannt“, berichtete der Feuerwehrmann. Die Männer brachen daraufhin die Suche ab und halfen dem anderen Löschzug bei der Brandbekämpfung.

Das Feuer zerstörte einen Flügel der Flüchtlingsunterkunft derart, dass dieser abgerissen, ein zweiter saniert werden musste. Der Sachschaden beläuft sich Experten zufolge auf rund eine halbe Million Euro. Zwei Bewohner des Heims erlitten leichte Verletzungen, ein Feuerwehrmann eine leichte Rauchgasvergiftung.

Einem Kriminaltechniker zufolge war das Zimmer der Brüder schnell als Ort des Brandausbruchs erkennbar. „Es sah so aus, als ob ein loses Einbaukochfeld, dessen Stecker an eine Mehrfachsteckdose angeschlossen war, auf einem Topf in der Mitte des Raumes gestanden hatte“, berichtete der 55-Jährige als Zeuge vor Gericht. Aufgrund der starken Verschmelzungen konnten die Experten jedoch nicht eindeutig feststellen, ob die Platte – entgegen dem Verbot des Hauses, in den Zimmern zu kochen – in Betrieb war. Andere Brandursachen schlossen die Ermittler jedoch aus. Die Staatsanwaltschaft machte bereits in der Anklageschrift klar, dass sie davon ausgeht, dass der Mann, der mit seinem Zwillingsbruder aus seiner Heimat Gambia nach Deutschland geflüchtet war, zum Zeitpunkt der Tat an einer akuten psychischen Störung litt. Er wird darüber hinaus verdächtigt, Verursacher eines Brandes in einer Unterkunft in Kornwestheim und einer Kokelei in einem Asylheim in Bietigheim-Bissingen zu sein. Letztere hatte ein Sicherheitsdienst gerade noch rechtzeitig entdeckt. Seither ist der 25-Jährige in einer Einrichtung für seelische Erkrankungen.

Der Prozess vor dem Landgericht wird am 5. Juni fortgesetzt.