Sie sind auch in Zürich Publikumslieblinge geworden: Die Ex-Stuttgarter Katja Wünsche und William Moore in Christian Spucks Handlungsballett „Das Fräulein von S.“. Foto: Stuttgarter Ballett

Mitte August ist in Zürich schon Schluss mit Ferien. Christian Spuck, ehemaliger Haus-Choreograf des Stuttgarter Balletts, blickt mit Spannung und viel Respekt auf seine zweite Spielzeit als Direktor des Balletts Zürich.

Stuttgart/Zürich - Ob es zu der Woche Urlaub noch gereicht hat? Auf die hatte Christian Spuck sehr gehofft, als er Ende Juli in Stuttgart war, um mit dem Ensemble von Gauthier Dance sein Monteverdi-Stück „Poppea//Poppea“ fit für die letzten Aufführungen und für eine Fernsehaufzeichnung zu machen. Eine Pause wünschte sich der Direktor des Zürcher Balletts, um endlich einmal in Ruhe auf das an der neuen Wirkungsstätte Erreichte zurückschauen zu können – und darauf mit Freunden bei einer Flasche Wein anzustoßen.

Erfolgreich war Christian Spucks erste Saison in Zürich von Anfang bis zum Ende, als es für ein Abschlussfest auf der Bühne des Opernhauses reichlich Gründe gab. Erstmals hatten die Freunde des Balletts Zürich, die bereits unter Spucks Vorgänger Heinz Spoerli die Arbeit der Kompanie begleiteten, bei diesem Anlass ihren neuen Tanzpreis verliehen. Christian Spuck freut sich über die Unterstützung: „Die Freunde des Balletts Zürich unterstützten die Kompanie bereits seit 30 Jahren. Dass ihre Förderung von nun an in Form eines Tanzpreises erweitert wird, finde ich eine wunderbare Sache – auch für die Tänzer, die das Preisgeld sicherlich nicht nur für ihren Urlaub gut gebrauchen können.“

Freuen durfte sich Christian Spuck auch über eine steigende Zahl an verkauften Abonnements und über eine tolle Auslastung von 91 Prozent. Maximal seien bei Ballettaufführungen im Zürcher Opernhaus wegen der vielen sichtbehinderten Plätze im dritten Rang 93 Prozent möglich, sagt Christian Spuck. Verständlich, dass sich der junge Ballettdirektor nach seiner ersten Saison einfach erschöpft und müde fühlte. „Dass der Start in Zürich so erfolgreich war, kommt noch gar nicht richtig an mich heran“, sagte Spuck im Juli. „Klar freue ich mich darüber. Aber ich habe vor allem Respekt vor der zweiten Spielzeit. Dann ist der Neugierde-Bonus weg, und es wird sich wirklich zeigen, ob dem Publikum in Zürich gefällt, was wir machen.“

Auch Katja Wünsche und William Moore sind mit dabei

Starten will Christian Spuck in die neue Spielzeit mit der Übernahme seines vor zwei Jahren in Oslo uraufgeführten Büchner-Balletts „Woyzeck“. Der Zeitpunkt stimmt: Im Oktober 2013 jährt sich der Geburtstag Georg Büchners, der 1837 in Zürich an Typhus gestorben war, zum 200. Mal. Wie bahnbrechend modern sein Fragment gebliebenes Drama, das schlaglichtartig das Schicksal des einfachen Soldaten Woyzeck zeichnet, heute noch ist, unterstreicht auch Spucks Choreografie.

Am 27. und 28. November gastiert der ehemalige Haus-Choreograf des Stuttgarter Balletts mit diesem Stück und seiner neuen Kompanie in der alten Heimat. Mit dabei sind dann auch Katja Wünsche und William Moore, die beiden Stuttgarter Solisten, die mit Christian Spuck nach Zürich wechselten. Das Wiedersehen wird nicht nur die Stuttgarter Ballettfans freuen. Auch Christian Spuck genießt die Rückkehr an den Ort, von dem aus ihm eine erfolgreiche Karriere glückte. Im Juli, da war er das erste Mal nach dem Umzug nach Zürich wieder in Stuttgart, fühlte er sich, „als wäre ich nicht weg gewesen“, wie er lachend bemerkte. „Ich habe das Gefühl, dass ich nur eine Woche weg war. Das spricht dafür, dass hier immer noch meine Heimat ist.“

2014 geht Christian Spuck erneut auf Talentsuche

Unglaublich ist für ihn folglich fast, wie viel sich in der gefühlt kurzen Zeit verändert hat, wie junge Tänzer aus der Kompanie in seine choreografischen Fußspuren treten. „Das ist schön zu sehen, welche starke Tradition es da in Stuttgart gibt und welche Wertschätzung ihr entgegengebracht wird“, sagt Christian Spuck und erinnert sich an seine eigenen Anfänge, als ihm alle Mut machten. „Mir sind hier immer alle auf gleicher Augenhöhe begegnet. Das war schön, und deshalb will ich unbedingt auch bei meiner Arbeit in Zürich junge Talente fördern.“ Bei der ersten Auflage hätten sich gleich 14 „junge Choreografen“ gemeldet, 12 davon gestalteten schließlich ein Ballett.

Im Mai 2014 geht Christian Spuck erneut auf Talentsuche. Davor zeigen etablierte Künstler, wie hoch die Messlatte liegt: Mit einer Uraufführung von Douglas Lee im Februar sowie weiteren von Wayne McGregor, Marco Goecke und Spuck selbst im April führen auch von Zürich aus viele Wege nach Stuttgart.

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