Hannover 96 hat nach der Entlassung von André Breitenreiter noch am selben Tag den Nachfolger präsentiert: Thomas Doll übernimmt bei den abstiegsbedrohten Niedersachsen.
Hannover - Und plötzlich ging bei Hannover 96 alles ganz, ganz schnell: Nur fünf Stunden nach der Trennung von Trainer André Breitenreiter wurde Thomas Doll bei Hannover 96 als Nachfolger verpflichtet. Der 52-Jährige soll den Tabellenvorletzten der Fußball-Bundesliga vor dem Abstieg retten. „Thomas Doll ist bekannt als akribischer Arbeiter mit einer klaren Ansprache. Wir sind fest davon überzeugt, dass er der Mannschaft mit all seiner Erfahrung genau das vermitteln kann, was sie benötigt, um die Wende zu schaffen“, teilte Manager Horst Heldt am Sonntag mit. Der ehemalige Nationalspieler Doll soll schon am Freitag im Heimspiel gegen RB Leipzig erstmals auf der Bank sitzen.
Doll war bis zum August 2018 fünf Jahre lang bei Ferencvaros Budapest tätig. Mit dem ungarischen Spitzenclub wurde er 2016 Meister und dreimal Pokalsieger (2015, 2016, 2017). In der Bundesliga coachte er den Hamburger SV, den er in die Champions League führte. 2007 verhalf er Borussia Dortmund 2007 zwar zum Liga-Verbleib, doch in der anschließenden Saison war für ihn schnell Schluss. Dolls Co-Trainer wird wie schon zuletzt in Budapest der frühere Bochumer Torhüter Ralf Zumdick.
Kind will Beurlaubung nicht kommentieren
Zuvor versuchten Clubchef Martin Kind und Heldt die Freistellung Breitenreiters zu erklären. „Er und sein Team haben in den letzten Wochen und Monaten wirklich alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Mannschaft wieder in die Erfolgsspur zurückzuführen“, erklärte Heldt am Sonntag. „Dies ist leider nicht gelungen. Deshalb sind wir zu dem Schluss gekommen, eine Trennung vorzunehmen.“
96-Boss Kind wollte auf dpa-Nachfrage die Beurlaubung nicht kommentieren. Mit seinen Äußerungen über Breitenreiter war der Clubchef seit dem 0:1 zum Rückrundenauftakt gegen Werder Bremen selbst an der ungewöhnlichen Außendarstellung der Niedersachsen prominent beteiligt gewesen. „Eine klare Ansage, was jetzt los ist“, hatte Breitenreiter nach der Hinhalte-Taktik der Vereinsbosse nach dem Debakel von Dortmund gefordert.
Die gab es, nachdem Kind und Heldt sich nach dem Spiel und am Sonntagmorgen beratschlagten. Mittags war dann der dritte Trainerrauswurf nach Tayfun Korkut (VfB Stuttgart) und Heiko Herrlich (Bayer Leverkusen) in der laufenden Bundesliga-Saison perfekt. „Die Entwicklung zeigt, dass wir einen neuen Impuls setzen müssen, um die Wende schaffen zu können“, sagte Heldt. „Unser Ziel bleibt klar: Wir wollen auch nächstes Jahr in der 1. Liga spielen.“
„Ich bin enttäuscht“
Hannovers Bilanz unter Breitenreiter und dem ebenfalls freigestellten Co-Trainer Volkan Bulut ist fatal: 19 Spiele, nur zwei Siege, Platz 17. „Normalerweise wäre der Trainer in Hannover schon lange entlassen“, hatte der nun freigestellte Coach am Samstag selbst gesagt. Am Sonntag bedankte er sich bei Kind und Heldt für die Zusammenarbeit. „Ich wünsche dem Verein und den Jungs für den weiteren Verlauf der Saison alles erdenklich Gute und drücke die Daumen, dass der Klassenerhalt realisiert wird“, wird Breitenreiter bei „bild.de“ zitiert.
Den Liga-Verbleib trauten die 96-Verantwortlichen Breitenreiter nicht mehr zu. Bereits nach dem desolaten Auftritt zum Rückrunden-Start gegen Werder Bremen (0:1) sollte es laut Medienberichten zu einer Trennung kommen. Die dementierten Heldt und Kind erst zaghaft einen Tag später. „Ich bin enttäuscht“, entgegnete Breitenreiter auf die ihm fehlende Rückendeckung.
Die atmosphärischen Störungen zwischen Breitenreiter und vor allem Präsident Kind traten zuletzt immer häufiger auf. Im Wintertrainingslager stritt er mit Kind öffentlich über die Verpflichtung neuer Spieler. Auch innerhalb der Mannschaft sorgte Breitenreiter für Verwunderung. Erst machte er teaminterne Probleme innerhalb des Kaders öffentlich und nahm dann auch noch die angedrohte Streichung des Weihnachtsurlaubs wieder zurück.
Dazu kam die sportlich prekäre Situation. Eine schlechtere Bilanz hatte der Club in seiner Liga-Historie nach 19 Spieltagen noch nie. Nach dem achten sieglosen Spiel reagierte der Verein. „Es verbleiben noch 15 Ligaspiele, um die Klasse zu halten. Die Entwicklung zeigt, dass wir einen neuen Impuls setzen müssen, um die Wende schaffen zu können“, erklärte Heldt. „Unser Ziel bleibt klar: Wir wollen auch nächstes Jahr in der 1. Liga spielen.“
Der 45 Jahre alte Breitenreiter hatte die Mannschaft im März 2017 in der 2. Liga von Daniel Stendel übernommen. Nach dem Aufstieg in die höchste deutsche Spielklasse und dem folgenden souveränen Klassenerhalt, wurde der Vertrag erst im vergangenen Sommer bis 2021 verlängert. „Sein Name wird immer mit dem Aufstieg 2017 und dem letztlich souveränen Klassenerhalt im vergangenen Jahr verknüpft sein“, betonte Heldt.